Conrad Wilhelm Hase: Der Vater der neugotischen Backsteinkirchen

Experten würdigen den vor 200 Jahren geborenen Architekten / Ausstellung in Hannover

Auch das leider seit Jahren dem Verfall überlassene Schloss Oldershausen wurde 1853 bis 1856 nach Hase-Plänen errichtet.

Kalefeld/Oldershausen/Willershausen. Durch Backstein-Bauten prägte der Architekt Conrad Wilhelm Hase im 19. Jahrhundert eine ganze Epoche. Zum 200. Geburtstag Hases trafen sich jetzt Architektur-Experten zu einer Tagung, um Hases Bedeutung zur würdigen.

Wie soll eine moderne protestantische Kirche in Deutschland aussehen? Darüber berieten im Jahr 1861 führende Theologen und Bauräte in Eisenach – die von ihnen im „Eisenacher Regulativ“ getroffenen Vorschriften prägen bis heute das Aussehen vieler Kirchen. Man orientierte sich am mittelalterlichen Baustil. So sollte jede Kirche „nach alter Sitte orientiert“ werden, so dass ihr Altarraum gegen den Sonnenaufgang liegt.

Einer der Initiatoren des Regulativs war der Architekt Conrad Wilhelm Hase (1818-1902) aus Hannover, nach dessen Plänen in Norddeutschland mehr als 170 Backsteinkirchen im neugotischen Rundbogenstil errichtet oder restauriert wurden. Er gilt damit als einer der wichtigsten Kirchenbaumeister seiner Epoche und als „Vater“ der neugotischen Backsteinkirchen.

Anlässlich Hases 200. Geburtstags Anfang Oktober kamen zahlreiche Experten zusammen, um sich über Werk und Bedeutung des in Einbeck geborenen Baumeisters auszutauschen, der als Begründer der „Hannoverschen Architekturschule“ gilt.

„Vor allem in Niedersachsen finden sich Hases Backsteinkirchen, weil das dafür nötige Material hier verbreitet war“, weiß Thorsten Albrecht, Kunstreferent bei der hannoverschen Landeskirche.

Conrad W. Hase: „Putz ist Lüge“

„Putz ist Lüge“, pflegte Hase zu sagen, der königlich-hannoverscher Baurat war und ab 1863 auch Konsistorialbaumeister der evangelischen Kirche. Als Hochschullehrer prägte er eine ganze Generation von Architekten-Schülern.

Zu den bis heute am besten erhaltenen Hase-Sakralbauten gehören unter anderem die Kirchen in Eitzendorf bei Nienburg sowie in Lauenau und Hagenburg bei Stadthagen.

Die in Eitzendorf 1867 errichtete Kirche wurde 1893 als Modell auf der Weltausstellung in Chicago (USA) präsentiert.

Die Hase-Kirchen folgen den Regeln des „Eisenacher Regulativs“, das einen kreuzförmiger Grundriss mit ausgeprägtem Langhaus vorschrieb. Die Orgel sollte ihren Platz über dem Haupteingang auf, einer Empore gegenüber dem Westende der Kirche finden – so wie in der Liebfrauenkirche zu Kalefeld. Der Altarraum sollte etwas erhöht angelegt werden. Für die Kanzel wurde die Stelle festgelegt, wo Chor und Schiff zusammenstoßen.

Die kathedralengleich angelegte Christuskirche in Hannover mit ihrem 70 Meter hohen verzierten Turm gilt als neugotischer Musterbau Hases.

Eine Ausstellung zum Leben und Werk von Conrad Wilhelm Hase ist bis zum 2. November im Stadtarchiv Hannover zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags von 10 bis 18 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 10 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.red