Einblick in die Evolution des Lebens

Tag des Offenen Denkmals und Tag des Geotops in der Tongrube Willershausen/Heimatverein sucht Ehrenamtliche zur Unterstützung

Rundgang mit Prof. Dr. Joachim Reitner (Mitte) von der Georg-August-Universität Göttingen.

Willershausen. Einen Blick zurück in die Erdgeschichte und die Evolution des Lebens bietet der Besuch des Naturdenkmals Tongrube in Willershausen, das am Sonntag zum Tag des Offenen Denkmals beziehungsweise zum Tag des Geotops eingeladen hatte. Mit stündlichen Führungen durch diese Fundstelle fossiler Sedimentablagerungen konnten sich die Besucher selbst einen Eindruck über die Lagerstätte machen.

Eine der Führungen wurde an dem Tag auch von dem Geologen Prof. Dr. Joachim Reitner von der Ernst-August-Universität Göttingen geleitet. An der Stelle der Tongrube Willershausen befand sich vor der Eiszeit, vor etwa drei Millionen Jahren, ein kleiner, tiefer See, in den ein Bach mündete.

Da der Boden des Sees ständig tiefer sank, weil im Untergrund Salz der Zechstein-Formation durch das Grundwasser gelöst wurde, lagerten sich Sedimente ab. Rund 300 Jahre lang gelangte salzreiches Grundwasser in den See. In dieser Zeit wurde das Sediment durch Calcium-Magnesium-Carbonat zu einem harten Gestein verkittet. So entstand die berühmte Fossilschicht, aus der über 50.000 Versteinerungen von 500 Arten geborgen wurden.

Eichen, Buchen, Linden und der Eisenbaum hätten dort vor drei Millionen gestanden, erklärte Reitner. Auch habe man Zapfen des Mammutbaums gefunden. „Bemerkenswert ist die einmalige Erhaltung“, so Reitner, denn nicht nur Blätter sind mit allen Zellen erhalten, auch Mäuse mit Haut und Haaren und sogar ein Frosch.

In dem See lebten Fische, Wasserschildkröten, Riesensalamander, Frösche, Krebse, Schnecken und Wasserinsekten. 90 Prozent der Funde seien jedoch Pflanzenfunde, unter anderem auch Blätter der Comptonia, das als Symbol der Tongrube und inzwischen auch als eine Art Markenzeichen von Willershausen fungiert. „Die Fossilien zeigen einen ziemlich guten Eindruck, was alles zu der Zeit hier gelebt hat“, so Reitner, und vor allem auch, was die Tiere gefressen haben, denn man habe auch die Mägen untersuchen können.

Eine Sensation sei der jetzt bekannt gewordene Fund eines komplett erhaltenen Vogels gewesen. Dabei handele es sich wahrscheinlich um eine Sperling-Art. Eine Station war auch einer der großen Aufschlüsse der Tongrube, die Teile von Ufersand aufweisen. Leider seien hierin jedoch keine Fossilien gefunden worden. An einer anderen Station konnten die Teilnehmer eine Geruchsprobe machen. Purpurbakterien sind dafür verantwortlich, dass in einem teil des Tümpels das Wasser nach „Faulen Eiern“ riecht.

Diese Bakterien würden auch eine Art Photosynthese betreiben, erklärte Reitner. Sie seien in der Lage, den Schwefelwasserstoff zu verstoffwechseln. Diese Bakterien seien eine über drei Millionen Jahre alte Lebensform. In den verschiedenen Tümpeln der Tongrube habe man dieselben Verhältnisse wie vor drei Millionen Jahren. Damals habe im Übrigen die Temperatur rund fünf Grad über unserer heutigen gelegen.

Am Mühlenteich war für Interessierte das Fossilienzimmer geöffnet. Von dort starteten auch die Führungen. Für Essen und Getränke sorgte der Heimatverein Willershausen mit einem reichlichen Angebot. Mit dabei waren auch Uwe Gäckle aus Sebexen, der als „Tongruben-Imker“ frischen „Tongruben-Honig“ anbot und Frauke Scheiber aus Willershausen mit ihren „NaehVision(en)“.

Der Heimatverein Willershausen kann dringend Verstärkung gebrauchen. Für das Projekt Naturdenkmal Tongrube Willershausen werden ehrenamtliche Gästeführer gesucht. Wer Interesse hat, kann sich beim Vorsitzenden Heiko Jäckel unter der Telefonnummer 05553/4963 melden.hn