150 Jahre waren sie verschwunden: Wilde Wölfe

Weidetierhalter fordern weiterhin eine „Obergrenze“ / Der NABU heißt den Wolf willkommen

Das Pro und Contra um die Rückkehr des Wolfes in Niedersachsen dauert an.

Kalefeld/Altes Amt. Rund 150 Jahre lang waren sie aus Deutschland verschwunden, seit etwa 17 Jahren gibt es sie wieder: Wilde Wölfe. Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz leben zurzeit rund 70 Rudel und Paare sowie mehrere Einzeltiere in freier Wildbahn. Wurde die Rückkehr der Raubtiere anfangs meist begrüßt, mehren sich inzwischen die skeptischen Stimmen. In Niedersachsen haben Wölfe bislang mehrere Hundert Schafe, Ziegen und Rinder gerissen.
Aufgebrachte Weidetierhalter legten bei Demonstrationen vor dem Landtag gerissene Schafe und Damhirsche ab, protestierten mit „Mahnfeuern“, auch in Düderode, Kalefeld, Sebexen und Wiershausen. Die Wiedetierhalter fordern eine „Obergrenze“ für die bislang streng geschützten Wölfe, ihre Aufnahme ins Jagdrecht und den Abschuss von auffälligen Tieren. Umwelt- und Naturschützer sind strikt dagegen.

Was spricht für, was gegen eine Begrenzung der Wolfspopulation Weil sich die Tierhalter mit den negativen Folgen einer rasanten Ausbreitung des Wolfes weitgehend alleingelassen fühlen, verlangen sie von der Landesregierung Niedersachsen drastische Maßnahmen: Es sollen wolfsfreie Regionen geschaffen werden, fordert Martin Holm vom Bundesverband Deutscher Fleischrinderzüchter und -halter. Außerdem müsse das Gesetz so geändert werden, dass auf Wölfe, die Probleme machen, geschossen werden dürfe. „Wir fordern ganz klar, dass Wölfe, die Herdenschutzzäune überwinden, entnommen werden“, so der Vorsitzende der Schafzuchtverbände Niedersachsen, Joachim Rehse.

Jörg Ehlers, Vize-Vorsitzender des Niedersächsischen Landvolks verweist auf schleppende und zu geringe Entschädigungszahlungen durch das Land. Dies trage dazu bei, dass die Geduld der Wiedetierhalter erschöpft sei. Ehlers, verweist auf das Ausland: In der Schweiz, Österreich, Schweden oder Finnland werden nicht nur auffällige Einzeltiere, sondern ganze Rudel, getötet. Eine Regulierung des Bestandes sei auch in Deutschland dringend nötig. Eine Vertreibung der Raubtiere etwa durch Gummischrot bringe nichts. Auch Zäune seien nicht immer eine Lösung: „Der Wolf springt aus dem Stand zwei Meter hoch“.

Auch die derzeitigen Oppositionsparteien im Niedersachsen-Landtag sind für eine Begrenzung der Wolfszahlen. „Wir haben so viele Wölfe in Niedersachsen, dass wir eingreifen müssen“, fordert der FDP-Abgeordnete Gero Hocker.

Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, CDU-MdB Gitta Connemann (Papenburg) fordert eine Abschussfreigabe: „Wir dürfen nicht abwarten, bis ein Mensch zu Schaden kommt.“

„Der NABU heißt den Wolf seit Wiederauftreten in Deutschland willkommen“, betont der Landeschef der Naturschutzorganisation, Holger Buschmann. Wölfe spielten eine sehr wichtige Rolle im Naturhaushalt, indem sie etwa schwache und kranke Rehe fräßen und so die Wildbestände gesund hielten. Der Nabu geht davon aus, dass die Population in Deutschland erst bei einem Bestand von mehreren tausend Tieren stabil ist. Dass Wölfe bisweilen auch Nutztiere rissen, sei „von Anfang an klar gewesen“.

Statt einer Obergrenze wirbt der NABU für aktiven Herdenschutz. Als „Erfolgsmodell“ preist der Wolfsexperte der Organisation, Markus Bathen, Herdenschutzhunde an: „Wölfe riskieren in den seltensten Fällen einen Kampf mit den mindestens ebenbürtigen Hunden und ziehen weiter.“

Wölfe seien für Menschen nicht gefährlich, positioniert sich der International Fund for Animal Welfare (IFAW). Es bestehe keine Gefahr von einem gesunden Wolf angegriffen zu werden, solange man ihn nicht bedrängt.

In den vergangenen 50 Jahren habe es bei einem Bestand von 10.000 bis 20.000 Wölfen in Europa nur neun tödlichen Angriffe auf Menschen gegeben, fünf davon seien auf das Konto von tollwütigen Wölfen gegangen.red