Kleine Bimmelbahn fährt weiter

Carsten Bayer sammelt und baut Modelle der Kreisbahn von Osterode nach Kreiensen

Carsten Bayer zeigt seinen Nachbau des Bahnhofs Förste und Wagen der Kleinbahn.

Förste. Bei Carsten Bayer aus Förste fährt die Kreisbahn Osterode-Kreiensen noch ­– als Modell. Der 59-Jährige möchte die Erinnerung an die Verbindung wachhalten. Er widmet einen großen Teil der Freizeit dieser 1967 stillgelegten Strecke und generell dem Thema Eisenbahn.

Das Interesse daran war früh geweckt bei ihm. „Als ich vier Jahre alt war, stand eine Eisenbahn unter dem Weihnachtsbaum“, erzählt der gelernte Elektromaschinenentwickler, der seine Ausbildung bei einer Firma auf dem Gelände der früheren Kreisbahn in Osterode absolviert hatte. Sein Vater sei „sehr eisenbahnverrückt“ gewesen. Alles, was es an neuen Modellloks gegeben habe, musste gekauft werden, berichtet Bayer und erzählt: „Ab 13, 14 Jahren war es nicht mehr schick als junger Mann mit der Modelleisenbahn zu spielen, das ging bei mir erst mit Mitte 20 wieder los.“

Auslöser war eine Zeitungsanzeige, mit der ein Sammler aus Osterhagen seine Eisenbahn verkaufen wollte. Ein ganzes Auto voll Fleischmann-Eisenbahnen habe er erworben, berichtet Bayer und ergänzt: „Dann fing meine Sammelleidenschaft mit Eisenbahnen an“. Sein Domizil bei den Eltern sei mit den Modellen aus allen Nähten geplatzt, vor mehr als 30 Jahren habe er als Junggeselle sein heutiges Wohnhaus in Förste gekauft.

Das Sammlerinteresse an Exponaten rund um die Kleinbahn sei vor 15 Jahren durch den Organisator der dortigen Gewerbeausstellung geweckt worden. Er habe angefragt, ob Bayer etwas zur Kreisbahn beisteuern könne. Daraufhin habe er Modelle gebaut. Dann besorgte er sich Fahrzeuge, die es bereits auf dem Markt gab. Vieles ist seit dem ersten Impuls entstanden. Er habe Modelle und unter anderem auch den Bahnhof Förste gebaut. Ein Liebling von Bayer ist der 1954 zur Kreisbahn gekommene T2, den kein Hersteller anbot. Er habe sich zwei 3-D-Druck-Modelle anfertigen lassen, nur das Gehäuse. „Von der Firma Weinert habe ich mir den Bausatz gekauft, den Aufbau wieder bei eBay verkauft und mein 3-D-Druck-Modell auf das Fachwerk von Firma Weinert gesetzt.“  Ein großer Wunsch von Bayer ist ein „vernünftiges Modell als Dampflok“.

Seine Sammlung umfasst außer jeder Menge Literatur rund um die Strecke unter anderem Laternen von den Fahrzeugen, Handlampen vom Personal, Gleisnägel, Dienstausweise, Lehrverträge, Berichtshefte, Bahnhofszeichnungen, Baupläne und Lebensläufe. „Ich sitze auch im Kreisarchiv und fotografiere Sachen ab“, so Bayer, der sich über das Bereitstellen weiterer Exponate rund um die Kreisbahn sehr freuen würde. „Wenn ich auf der Strecke gehe, habe ich immer ein Gehstock und kloppe mal hier und kloppe mal da, irgendetwas findet sich immer.“ Er habe schon Schwellen ausgegraben, die über 100 Jahre in der Erde lagen. Nach Stilllegung seien viele Schwellen als Zaunpfosten genommen worden. Auch viele Fotos gehören zur Sammlung. Hoch gehandelt würden Postkarten. Sie erzielten teilweise Preise bis zu 25 Euro pro Stück.

Sein Wissen gibt der Eisenbahnfreund gerne bei Wanderungen entlang der Strecke und bei Vorträgen weiter. Die Zuhörer erfahren dann auch, dass die Strecke gebaut wurde, um der Bevölkerung einen Anschluss an den Bahnhof Kreiensen und der Wirtschaft die Möglichkeit zu bieten, ihre Produkte per Bahn transportieren zu können. Als Beispiel nennt er das im Volksmund als „Ruhrgebiet des Harzes“ bezeichnete Willershausen, wo im Umfeld des Bahnhofs unter anderem eine Tonmöbelfabrik, Leiterhersteller und Sägewerke angesiedelt waren.

Ein anderer wichtiger Nutzer sei in Echte eine der modernsten Erzgruben Deutschlands gewesen. Für den Abtransport des Erzes sei bis Kreiensen ein Dreischienengleis verlegt worden, sodass auch Regelspurbahnen die Strecke nutzen konnten. Als Folge der Erweiterung auf das Dreischienengleis entstand in Kalefeld ein neuer Bahnhof. Über die Strecke wurde unter anderem auch Sand und Kies für den Autobahnbau im Bereich Echte angeliefert, nennt der Sammler weitere Fakten.    

Bayer hat auch viele Anekdoten parat. So berichtet er, dass in Sebexen der Wasserkran von den Nutzern des benachbarten Sportplatzes zum Duschen verwendet worden sei. Die Bahnhöfe hatten alle zu Beginn gleichen Zuschnitt und seien bewirtschaftet worden. An der Endstation in Kreiensen mussten die Reisenden erst eine Brücke überqueren, um zum Bahnhof der Bundesbahn zu kommen.

Bekannt ist die Strecke auch  durch Erich Storz und seinen Hit „Die kleine Bimmelbahn“. Der Sänger und Musikverleger aus Osterode hatte die Idee, nach Streckenstilllegung einen Teil für eine Museumsbahn zu nutzen. Durch seine Kontakte nach Amerika sei der Plan entstanden, dass Walt Disney einen Vergnügungspark im Umfeld der Museumsbahn errichtet, was der Landkreis Osterode aber abgelehnt habe. Mit der Bahn ist Bayer nie  gefahren, dennoch verbinden ihn viele Erinnerungen damit. „Wir haben oft auf dem Gelände gespielt“, schildert der Sammler und kommt auf einen Plattenwagen zu sprechen, die für Bahnunterhaltungsarbeiter in Förste gestanden habe.

Die haben wir als Kinder hochgeschoben bis vor den Wald und sind dann runtergefahren bis in den Bahnhof. Bayer, der regelmäßig zur Spielwarenmesse nach Nürnberg fährt, denkt auch an sonntägliche Spaziergänge mit seinen Eltern zu einem Viadukt oder zum Tunnel im Westerhöfer Wald.art