Ratssitzung für alle im Internet?

Unabhängige haben Antrag auf Streaming und entsprechende Änderung der Hauptsatzung gestellt

Bad Gandersheim. Er ist noch nicht im Rat behandelt worden, obwohl die Unabhängigen im Rat – Torge Gipp, Gerry Klein und Florian Porde – ihren Antrag schon vor der vorletzten Ratssitzung eingereicht hatten. Es geht ihnen um die Änderung der Hauptsatzung, um ein digitales Angebot aus den Sitzungen des Rates machen zu können. Zum Zeitpunkt der Einreichung galt bundesweit die epidemische Lage noch, die auch Grundlagen für Online-Sitzungen mit rechtfertigte.

Inzwischen ist nach Auslaufen der epidemischen Lage auf Bundesebene die Rechtslage offen, in Niedersachsen (GK berichtete bereits) gab es bis Mitte dieser Woche keine Absicherung durch das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG), sie soll aber wegen der anhaltenden Corona-Pandemie baldmöglichst geschaffen werden, was kurzfristig zu erwarten stand.

Das ist auch für den Antrag der Unabhängigen bedeutsam, denn die Verbreitung von Video- und Tonmaterial aus einer Ratssitzung unterliegt strengen Regeln. Bislang wird zu Beginn jeder Sitzung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass beides verboten ist. Allein Fotos darf die Presse anfertigen, aber keine Videos oder Tonaufnahmen. So regelt es die Hauptsatzung.

Die Unabhängigen möchten dies nun ändern. Wobei sie laut Ankündigung aus der konstituierenden Sitzung Anfang November dabei nicht primär die Pandemie-Situation im Blick hatten, sondern einen neuen Weg eröffnen möchten, Ratsarbeit insgesamt bürgernäher und transparenter werden zu lassen. Ein Weg dorthin wäre die Möglichkeit, zum Beispiel per Streaming die Sitzung ins Internet zu übertragen, wo sie jeder Teilnahmewillige verfolgen könnte.
Die Erfahrungen aus den Online-Sitzungen während des Lockdowns im Frühjahr hätten schon gezeigt, dass diese von dreimal so vielen Menschen verfolgt worden seien, wie gewöhnlich einer Präsenzsitzung beiwohnen. Und mit einer später zugreifbaren Aufzeichnung auf der Stadtseite könne der Kreis sicher noch einmal deutlich ausgeweitet werden.

Klingt an sich alles nachvollziehbar und ganz einfach, ist aber schnell technisch wie praktisch kompliziert, weil Rahmenbedingungen des Datenschutzes und persönlicher Rechte Grenzen setzen. So dürfen in den Videobildern zum Beispiel die Unterlagen der Ratsmitglieder nicht erkennbar sein, müssten Zuschauer, die zu sehen sind, vorher ihre Zustimmung erteilt haben. Oder eben gar nicht erst zu sehen sein.

Selbst, wenn die Möglichkeit zu solchen Video- und Tonaufzeichnungen in die Hauptsatzung aufgenommen würde, müsste dies der Ratsvorsitzende vor jeder Sitzung zur Kenntnis geben. Trotzdem stünde jedem Ratsmitglied das Recht zu, bei einem eigenen Wortbeitrag die Unterbrechung der Aufzeichnung zu verlangen. Dies stellt in Frage, ob damit das angestrebte Ziel tatsächlich erreicht werden kann, wenn so Redebeiträge, die zwar vom Publikum einer Präsenzsitzung vernommen werden können, in einem Streamingbeitrag ausgespart werden müssten.

Einwilligungen müssten im Übrigen auch die Mitglieder der Verwaltung oder andere Beteiligte einer Ratssitzung, wie zugeladene Gäste, geben. Sind diese Umstände erfüllt, könnte die Sitzung als Live­stream oder Aufzeichnung zum späteren Anschauen im Internet gezeigt werden.

Immerhin sind auch heute bereits durch den Paragraphen 64 des NKomVG Film- und Tonaufnahmen von Sitzungen erlaubt, wenn die Hauptsatzung dies auch gestattet. Ziel des Antrag der Unabhängigen ist nun, die Verwaltung zu beauftragen, die technischen Vor­aussetzungen zu prüfen und dem Verwaltungsausschuss vorzustellen, die einem solchen Ansinnen auf künftige Übertragungen aus Ratssitzungen entsprechen. Auch die Hauptsatzung muss dann noch wie beantragt geändert werden.

Zwischenzeitlich beschloss der Landtag am Dienstag, die epidemische Notlage für Niedersachsen zu erklären und schuf damit wieder eine sofortige Grundlage, Ratssitzungen (und auch die der Fachausschüsse) ab sofort wieder in Online-Meetings durchzuführen. Das entspricht zwar noch nicht dem, was die Unabhängigen sich mit ihrem Antrag als grundsätzliche Möglichkeit vorgestellt und angestrebt haben, eröffnet aber bereits zur Ratssitzung am kommenden Montag wieder allen Interessierten eine Teilnahme im Internet, da die Sitzung via GoToMeeting vorgenommen werden soll. Voraussetzung sind die Zugangsdaten, die Anfang nächster Woche bekannt gegeben werden.

Auch das wäre beim Antrag der Unabhängigen anders, dort gäbe es keine besonderen Zugangsvoraussetzungen – jeder kann teilnehmen und später schauen, wenn er will.rah