Toter Hund in Kalefeld: Hasskommentare eskalieren im Netz

Die Polizei ermittelt / Aufruf zu „Lynch-Justiz“ ist kein Kavaliersdelikt

Kalefeld. Die sogenannten „Social Media“, also die sozialen Medien, machen ihrem Namen wieder einmal nicht alle Ehre. Nachdem mehrere Lokalzeitungen die Nachricht über den toten Hund in Kalefeld auf Facebook gepostet hatten, scheint jetzt die Situation im Netz zu eskalieren.

„Blödes Arschloch“, „Man sollte dasselbe mit ihm tun“, das sind nur einige Kommentare, und auch noch die harmlosesten. Irgendwann wurde dann auch noch auf der Facebook-Seite der HNA ein Profil des mutmaßlichen Täters mit Namen und Adresse gepostet mit der Frage: „Ihr müsst doch wissen, wer das war, da bei euch im Dorf, geht dahin und richtet dieses Arschloch...“. Die HNA-Redaktion hat die Polizei darüber informiert und die Posts gelöscht.

Zur Vorgeschichte: In der Nacht zum Montag hat ein 44-jähriger Kalefelder wohl im betrunkenen Zustand seinen Hund mit einem Messer attackiert. Zunächst verkroch sich das Tier schwerverletzt im Hausflur. Später starb der Hund an seinen Verletzungen in der Tierklinik in Osterode. Die hinzugerufene Feuerwehr hatte das Tier dorthin gebracht. In einem Gespräch mit unserer Zeitung berichtet der Dienststellenleiter in Bad Gandersheim, Ralf Büsselmann, dass die Polizei die Ermittlungen aufgenommen habe.

Leider handele es sich bei Hunden laut Strafgesetzbuch immer noch um „Sachen“, weswegen der mutmaßliche Täter wahrscheinlich eine Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz erhalten werde. Anschließend ermittelt die Staatsanwalt. Ihm könne ein Bußgeld oder eine Auflage erwarten, dass er keine Tiere mehr halten dürfe.

Allein die „normalen“ Kommentare, in denen nicht zu einer Straftat aufgerufen werde, in denen es sich aber um Beschimpfungen handele, sei ein Bedrohungstatbestand, so Büsselmann. In diesem Fall müsse jedoch derjenige, der sich bedroht fühle, Anzeige erstatten.
Dennoch kann dem Aufrufer zur „Lynch-Justiz“ ein Strafprozess erwarten. Im Strafprozessrecht gilt der Grundsatz „in dubio pro reo“. Das bedeutet, dass ein Beschuldigter so lange als unschuldig zu gelten hat, bis seine Schuld bewiesen ist.

Aus diesem Grunde ist es unter anderem auch der Presse nur unter strengen Voraussetzungen gestattet, über Verdächtige einer Straftat zu berichten. Doch auch Privatpersonen dürfen im Zusammenhang mit einem laufenden Ermittlungsverfahren nicht beliebige Informationen über den Verdächtigen veröffentlichen. Denn auch Postings auf Facebook sind keine rein private Sache. Die Informationen können sich dort rasend schnell verbreiten und haben eine enorme Breitenwirkung. Die Veröffentlichung von persönlichen Daten des Verdächtigen, wie Name und Adresse oder ein Foto ist daher mit Rücksicht auf seine Persönlichkeitsrechte unzulässig. Der Betroffene hat daher in diesem Fall einen Unterlassungs- und gegebenenfalls sogar einen Schadensersatzanspruch.

Doch das Verhalten der Facebook-User ist auch strafrechtlich relevant. So können die Äußerungen je nach konkretem Inhalt strafbare Beleidigungen oder üble Nachrede darstellen. Noch härter bestraft werden die Äußerungen, in denen zur Tötung des Verdächtigen aufgerufen wird. Nach § 111 Abs. 1 Strafgesetzbuch wird derjenige, der öffentlich zu einer rechtswidrigen Tat auffordert, wie ein Anstifter behandelt.

Der Anstifter wiederum wird wie ein Täter bestraft. Das bedeutet in diesem Fall, dass dann, wenn zum Beispiel ein vermeintliche Mörder tatsächlich aufgrund einer solchen Äußerung getötet würde, der Aufrufende sich der Anstiftung zum Mord strafbar gemacht hätte.hn