Von Schiffsschaukeln und Zinkbadewannen

Buchautor Herbert Günther las zum Auftakt der Kinder- und Jugendbuchwoche in der Grundschule in Echte.

Herbert Günther, Schriftsteller, Übersetzer und Drehbuchautor, war zu Gast zu Lesungen in den Grundschulen in Düderode und Echte (Foto). Er konnte seine junge Zuhörerschaft besonders mit Geschichten der Kinder-Erlebnisse in der Nachkriegszeit in den Bann ziehen. Die Bitte des Autors an die Kinder: Lasst euch von den Großeltern Geschichten von früher erzählen.

Echte. „Wie alt bist du?“, „Wieviele Bücher hast du geschrieben?“, „Mit welchem Buch hast du am meisten verdient?“: Die Kinder der 3. und 4. Klassen der Grundschule Altes Amt in Echte fragten am Montag den Autor und Übersetzer Herbert Günther regelrechte Löcher in den Bauch.

Der Autor aus Friedland war im Rahmen der 6. Northeimer und 49. Göttinger Kinder- und Jugendbuchwoche der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft der Kreisverbände Göttingen und Northeim nach Echte gekommen, um aus seinem Buch „Wir Kinder von früher“ vorzulesen und auch Fragen der Schüler zu beantworten.

Um den Kindern erst einmal einem Einstieg zu vermitteln, fragte Günther die Kinder, was man denn überhaupt brauche, um ein Buch zu schreiben. Papier, Stifte, Ideen, Fantasie, waren die Antworten der Schüler. Wie es dann allerdings zu einem gedruckten Buch komme, sei manchmal gar nicht so leicht zu beantworten, so der Autor. „Ideen sind eigenwillig, manchmal kommen sie, wenn man gar nicht damit rechnet“, weswegen er auch unterwegs immer einige Zettel dabei habe. Diese kämen dann zuhause in eine Ideenkiste, bis sie wiederum in einer seiner Kladden sortiert würden. Erst beim endgültigen Schreiben würde er sehen, was in der Geschichte drinstecke, und da könne es auch schon mal vorkommen, dass es ihm gar nicht gefalle und er etwas umsonst geschrieben habe.

Herbert Günther berichtete den Kindern auch, dass er selbst in seiner Kindheit fast gar keinen Zugang zu Büchern gehabt hätte.

Im Alter von 27 Jahren habe er sein erstes Buch geschrieben. Inzwischen hat Günther 27 Kinder- und Jugendbücher sowie auch einige Drehbücher geschrieben (TV-Serie „Neues aus Uhlenbusch“).

In dem Buch „Wir Kinder von früher“ mit Illustrationen von Karl Heinz Mai beschreibt Günther mit unterhaltsamen Geschichten den ganz normalen Alltag der Kinder in der Nachkriegszeit. Er berichtete von „Sammel-Sophie“, einem kleinem Mädchen, das in den Trümmern nach brauchbaren Gegenständen und vor allem auch nach Holz zum Heizen gesucht hat. Da es zu der Zeit auch noch keine Freibäder gegeben habe, hätten sich die Kinder an heißen Sommertagen in Zinkbadewannen abgekühlt, während ein anderer von oben mit der Gießkanne geschüttet hätte.

Wertvolle Eigentümer gab es unter den Kindern nicht, und so sei es damals schon etwas Besonderes, wenn einem jemand eine, wenn auch kaputte, Taschenuhr bloß gezeigt habe.

Auch wenn es manchmal vielleicht ein bisschen unruhig in der kleinen Aula war, hörten die Kinder doch gebannt zu und lauschten den Geschichten. Manchmal ging sogar eine Raunen durch die Reihen, wenn der Buchautor Fotos aus dem Buch von waghalsigen Fahrten mit der Schiffsschaukel oder von dem beschriebenen Bad in der alten Zinkbadewanne auf die Leinwand warf.

Vielleicht wurde den Kindern auch ein kleines bisschen deutlich, dass es heute doch ein ganz anderes Leben ist, als es noch früher war.

Am Ende richtete Herbert Günther noch eine Bitte an die Kinder, nämlich so oft wie möglich zu den Großeltern zu gehen, die noch ganz viele wunderbare Geschichten von früher zu erzählen hätten. Zum krönenden Abschluss durften sich die Grundschüler noch ein Autogramm geben lassen.

Angeregt hatte die Autorenlesung mit dem aus Friedland stammenden Autor die Elternvertreterin Frauke Siegmüller. „Das ist eine ganz tolle Aktion“, so Schulleiterin Sandra Gareiß, „gerade für die Kinder ist es doch mal etwas anderes, den Autor live zu erleben, anstatt immer nur auf dem Buchcover zu sehen “.

Die Kinder- und Jugendbuchwoche findet noch die gesamte Woche in vielen Schulen im Kreis Northeim und Göttingen statt.

Ziel des Projektes der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist die Leseförderung und die Literaturvermittlung an Schulen und in den Kindergärten.

von Herma Niemannoh