Altgandersheimern machen geplante Windkraftanlagen große Sorgen

Einwendungen gegen das Projekt können noch eine Woche lang bis nächsten Freitag erfolgen

Großes Interesse an der „Windkraft“-Bürgersprechstunde der SPD im Altgandersheimer Feuerwehrhaus: Im Zug des Abends wurden die großen Sorgen deutlich zum Ausdruck gebracht.

Bad Gandersheim. In Gehrenrode hatte der Widerstand erst vor Kurzem seinen Anfang genommen, in Altgandersheim nahm er am Dienstagabend deutlich an Fahrt auf: Rappelvoll das Feuerwehrhaus, als die SPD zu einer Bürgersprechstunde zum Thema der vier geplanten Windenergieanlagen in der sogenannten „Hohen Heide“ (die eigentlich eher eine Tallage ist) eingeladen hatte. Sitzgelegenheiten mussten nachgeholt werden, trotzdem musste der eine oder andere die Veranstaltung stehend durchhalten, so groß war das Interesse.

Das zunächst erst einmal mit entsprechender Information befriedigt wurde. Trude Poser, die als Landschaftsplanerin auch mit Genehmigungsverfahren vertraut ist, stellte den Stand und die Absichten nach Auslage der Genehmigungsanträge vor. Bekannt ist, dass vier rund 240 Meter hohe Windenergieanlagen (WEA) in die Lage zwischen Dankelsheim, Altgandersheim und Gehrenrode geplant werden. Sie haben Standort, die ungefähr in Höhe Altgandersheims beginnen und sich dann etwa nordwestlich in Richtung der bereits bestehenden WEA bei Eyershausen fortsetzen.

Alle Anlagen halten Abstände von mindestens 1.000 Metern zu den nächstliegenden Dorfrändern (ohne Einzelgehöfte) ein. Wie bereits nach der Gehrenröder Versammlung im GK ausgeführt werden laut Berechnungen der Gehemigunsgantragsunterlagen die Grenzwerte für die Schallbelastung eingehalten. Wohl aber kommt es zu Schattenwurfbelastungen, die vor allem im Bereich Altgandersheims Grenzwerte deutlich überschritten, weshalb hier auch mit einer Abschaltauflage für die Genehmigung zu rechnen ist.

Besonders gravierend falle aber der Punkt „Bedrängnis“ ins Gewicht, so Trude Poser zum Standort der nördlichsten der vier neuen WEA. Denn deren Mast stünde laut Antrag nur rund 100 Meter neben dem Skulpturenweg. Zum einen sorge dies angesichts der Mammuthöhe für eine beängstigende Wirkung, zum anderen liege der Skulpturenweg direkt im Bereich der winterlichen Eiswurfgefahr. Die technisch durchaus mögliche Beheizung, um diese Gefahr auszuschließen, ist laut Antrag für die Anlagen aber nicht vorgesehen.

Das Antragsverfahren steuert auf die Genehmigung durch den Landkreis Northeim zu. Noch aber bestehe die Möglichkeit, gegen die Planung als Bürger Einwendungen zu erheben, erläuterte Poser den aktuellen Verfahrensschritt. Die Einwendungsfrist endet allerdings am kommenden Freitag, 22. November. Bis spätestens zum Datum dieses Tages muss eine Einwendung entweder beim Landkreis Northeim oder beim Bauamt der Stadt Bad Gandersheim abgegeben (und am besten per Quittung bestätigt) worden sein, damit sie verfahrenswirksam wird. Nach dem 22. November ist dies nicht mehr möglich, danach bliebe Betroffenen erst nach einer möglichen Genehmigung der kostspielige und im Ergebnis unabsehbare Klageweg.

Soweit die Vorstellung der Absichten und des Verfahrenssachstands. Beides wurde anschließend von den Anwesenden zahlreich hinterfragt und diskutiert. Im Zentrum deutlich spürbarer Sorgen standen dabei die als zumutbar angesehenen Schallbelastungen und der Schattenwurf, nicht weniger aber Ängste von Skulpturenwegnutzern.

„Nervtötender Schallteppich“

Als zumutbare Schallimmission während der eher stillen Nachtzeit gelten laut Gesetz für die als „Mischgebiet“ klassifizierte Heberbörde 40 Dezibel. Das entspreche, wurde in der Versammlung verglichen, in etwa einem auf Zimmerlautstärke laufenden Radio.

Auf jeden Fall also einem durchaus gut wahrnehmbaren Geräusch – mit dem entscheidenden Unterschied zum Radio, das sich dort die Laute ständig verändern, während WEA ein eher monotones Dauer-Hintergrundgeräusch bieten. Und jeder, der schon mal von einem tropfenden Wasserhahn oder dem entfernten Gewummer von Bässen und Schlagzeug in der Musik genervt wurde, weiß, wie schnell solche wiederkehrenden Dauergeräuschpegel zur nervtötenden Belastung werden.

Zudem müsse man damit rechnen, dass der Lärmpegel je nach Windlage auch noch deutlich größer sein könne. Angesichts der Höhe der Anlagen würden diese sicher auch selten Standzeiten haben, es sei in der Summe also mit einer bedeutsamen neuen Belastung zu rechnen, die eine merkliche Einschränkung der Lebensqualität in den umliegenden Dorfen bewirken könne.

Die Auswirkungen durch Schlagschatten – vor allem „fliegende Schatten“ – sind zwar allein aufgrund des Zeitfaktors und der Wahrscheinlichkeit, dass zu einem Sonnenauf- oder -untergang auch gerade klarer Himmel ist, bedeutend geringer, aber nach den theoretischen Berechnungen für weite Teile des westlichen Altgandersheim über den Grenzwerten.

Dass sie dennoch eine gravierende Gefahr darstellen könnten, machte ein in der Versammlung anwesender Arzt mit Erfahrung im neurologischen Bereich deutlich: Geflacker durch Windrotoren oder fliegende Schatten könnten bei entsprechender Veranlagung bis hin zu generalisierenden Krampfanfällen führen. Betroffen seien auch stark Menschen, die zum Beispiel Blutdruckmedikamente nehmen müssten. Und schließlich seien derlei Einwirkungen für die Entwicklung kindlicher Gehirne schädlich.

Immerhin war in den Antragsunterlagen selbst auch schon darauf hingewiesen worden, dass eine Genehmigung der Anlagen nur erfolgen könne, wenn entsprechende Betriebslogs und Abschaltvorrichtungen garantierten, dass die Grenzwerte eingehalten würden.

WEA am Skulpturenweg bedrängt

Ebenso großer Unmut machte sich durch den Umstand der Bedrängnis in der Versammlung Luft. Der wird natürlich ganz besonders am Skulpturenweg gesehen. Auch wenn dieser im Raumordnungsprogramm des Landkreises eben leider nicht als Bereich mit besondere Erholungswert ausgewiesen ist (was per se schon ein Grund gewesen wäre, an dem vermutlich die Genehmigung aller Anlagen gescheitert wäre), stelle der Weg zwischen Bad Gandersheim und Lamspringe doch eine überregional bedeutsame Verbindung dar, die einen besonderen Schutz genießen müsste.

Dem aber werde mit einer Platzierung einer Anlage in nur 100 Meter Abstand zum Windrad überhaupt nicht Rechnung getragen. Im schlechtesten Fall liefen Nutzer des Weges im Winter bei Eiswetterlagen das Risiko, den Weg nahe der WEA nur noch auf eigene Gefahr oder womöglich gar nicht mehr nutzen zu können. Das dürfe nicht eintreten, lautete die Forderung aus der Versammlung.

Die Bedrängnis wird aber in etwas größerer Entfernung gesehen. So machte ein Gehrenröder geltend, dass er hohe Summen in ein Projekt im Ortsteil investiert habe, die auf eine Klientel abzielen, der die Unversehrtheit der Landschaft und deren Ruhe besonders wichtig sei. Das Geschäftsmodell sei durch das Vorhaben akut gefährdet, das Investment möglicherweise hinfällig.

Einwendungen: „Betroffenheit“

Dies ist Beispiel für die typische „Betroffenheit“, die Einwendungen zugrunde liegenden können. Betroffen sind außerdem alle, die Anwohner oder Grundstückbesitzer im Bereich um die Anlagen sind und von Lärm, Schatten oder den die Landschaft gewiss nicht bereichernden Anblick direkte Auswirkungen erleiden. Betroffenheit können aber auch alle anderen Einwohner der Stadt geltend machen, zum Beispiel als Nutzer des Skulpturenweges, dessen Wert unter Umständen stark gemindert oder für die Nutzer mit Einschränkungen versehen würde.

All das können Betroffene gegenüber der Plangenehmigungsbehörde Landkreis Northeim im Rahmen des laufenden Verfahrens noch bis nächsten Freitag schriftlich (möglichst nicht per E-Mail wegen fehlenden Eingangsnachweises) geltend machen und werden damit zum einen im Genehmigungsverfahren mit bewertet und beim öffentlichen Erörterungstermin im Dezember mit einbezogen.

Für eine solche Einwendung gelten ein paar Grundregeln, damit sie wirksam werden kann: Sie sollte auf Papier eingereicht werden, muss klar lesbar Namen und Anschrift des Einwenders ausweisen. Die Betroffenheit sollte deutlich gemacht werden. Einwendungsgründe können zum Beispiel die Schall- und Schattenwurfsauswirkungen sein, die Minderung von Grundstücks- und Hauswerten durch die Nähe der Anlagen, gesundheitliche Probleme, Ängste und Einschränkungen zum Beispiel in der Nutzung des Skulpturenweges oder der Feldmark in der Heberbörde sowie anderes mehr.

Hilfen angeboten

In der Versammlung in Altgandersheim wurde deutlich, dass viele Anwesende gern Einwendungen verfassen möchten. Dabei war Hilfe gefragt. Die boten Trude Poser und Anja Görlach an, beide können über die unten stehenden Mailadressen kontaktiert werden. Wichtig ist, dass es schnell gehen muss, denn letzte Annahme zum Beispiel im Bauamt der Stadt Bad Gandersheim in der Wilhelmsburg ist zu den öffentlichen Amtszeiten bis Mittag des nächsten Freitag, 22. November.rah