Das „Aus“ für die Rutschen? Planer verweisen auf Überschreitung des Zeitlimits

Baubeginn naht und Pläne können nicht mehr angepasst werden / Bei der Baddiskussion geht es längst ums Ganze

Bad Gandersheim. In den Tagen vor der heutigen außerordentlichen Ratssitzung hat die Diskussion rund um das Freibad – keineswegs nur um die „Hangrutsche“ – noch einmal erheblich an Intensität zugenommen. Nicht zuletzt dabei auch an Schärfe. Es geht ums Ganze, und dies nicht nur sprichwörtlich, sondern buchstäblich.
Das Aktuellste zuvorderst: Die Zeit ist abgelaufen! Am Dienstag ging im Rathaus eine Mail ein. Absender war die Badbereichs-Planungsfirma Polyplan-Kreikenbaum. Der mit der Planung vertraute und betraute Mitarbeiter Mirko Ohlzen teilte darin mit, dass „aufgrund des straffen Zeitplans und des fehlenden Feedbacks“ Planung und Umsetzung für die beiden großen Rutschenvarianten (Hang beziehungsweise Sprungturm) abgesagt werden müssen. „Eine Rutsche über den Neptunfilter (das ist das Biofilter zwischen Sprungbecken und Schwimmerbecken) oder eine Hangrutsche können wir demnach nicht mehr integrieren respektive vorbereiten“, heißt es weiter. Einzig für die kleine Variante einer Wellenrutsche wäre das noch möglich – sofern bis zum Wochenende dazu eine klare Aussage erfolge.

Ein auf Empörungsanstachelung spezialisiertes Forum im Internet charakterisierte das Schreiben sogleich als „E-Mail-Bombe“. Ratspolitiker wurden mit Aussagen zitiert, so könne der Rat nicht mit sich umgehen lassen.
Vielfach überlesen worden sein dürfte ein Kommentar, der sachlich auf die jüngste Vergangenheit hinwies: Da gab es eine Online-Ratssitzung, an der auch die Polyplan-Mitarbeiter teilnahmen. Nicht erst da, auch vorher schon, war ihrerseits immer wieder betont worden, dass eine Umsetzung – gleich welcher Variante – zur Landesgartenschau schon da ausgeschlossen werden konnte. Nichts Neues also, was das betrifft.

Neu ist mit der E-Mail allein, dass nun ein Datum überschritten worden ist, dass es den Planern unmöglich macht, in der Phase des unmittelbar bevorstehenden Baubeginns – er soll im Mai erfolgen – mal so eben noch Pläne umzuwerfen und neu an die Baufirmen herauszugeben. Die Planer hatten als letzte Frist auf eine Entscheidung im Rat am heutigen Donnerstag gesetzt. Die wird, wie mehrfach berichtet, aufgrund der Unfähigkeit von Verwaltung, Rat und Ausschüssen, eine zeitgerechte Vorbereitung bis heute hinzubekommen, nicht fallen können. Und bis zum 11. Mai, der nächsten Ratssitzung, ist es einfach unzumutbar, noch zu warten, wenn da schon längst die Bagger im Freibadgelände arbeiten.

Es wäre also offensichtlich eine falsche Verantwortungszuordnung, den Planern hier ein unschickliches oder falsches Verhalten vorzuwerfen. Die gesamte Diskussion im Vorfeld hat zu viel Zeit verschlungen, sich zäh wie Kaugummi gezogen und am Ende nun einfach das Zeitlimit überschritten. Für die Rutschen ist es simpel gesagt „fünf nach Zwölf“.

Es geht längst ums Ganze

Das Getöse um diesen Part überdeckt aber außerdem, dass es im Moment um viel mehr geht. Es wäre nicht übertrieben, davon zu sprechen: ums Ganze. Und dies gleich in vielfacher Hinsicht.

Zum einen um das Solebad als Gesamtheit. An sich separat und parallel laufend sind die Sanierungsarbeiten am Hallenbad politisch mit dem Rutschenthema verquickt worden, als Grünen-Ratsherr Oliver Brzink unter anderem als Finanzierungsvorschlag eine Rückstellung der Sanierung des Hallenbades ins Spiel gebracht hatte. Das wiederum wurde in der Deutung ausgeweitet bis hin zu Gedanken, das Hallenbad sei auch ganz verzichtbar.

Dem widersprach neben vielen anderen entschlossen Bürgermeisterin Franziska Schwarz. Es stehe für sie außer Frage, dass es immer ein Ganzjahresbad in Bad Gandersheim geben müsse. Dazu hat die Stadt ja auch ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass den Sanierungsbedarf genau beschreiben sollte. Anders wiederum als in einer vorauseilenden Internetveröffentlichung liegt aber zur Zeit noch kein Endergebnis vor und schon gar kein Fazit, das als „katastrophal“ bezeichnet werden könne.

Das Gutachten habe die bekannten Probleme eine weichen Auenuntergrundes bestätigt, lasse aber Fragen offen, die vor einer abschließenden Beurteilung mit weiteren Untersuchungen erst noch Antworten finden müssen. Die liegen noch nicht vor. Geprüft werden müsse noch, was und wie es saniert werden müsse. In der Frage der Betonsanierungen hat es keine besonderen Unterschiede zu den Erkenntnissen gegeben, die schon 2019 gewonnen worden sind. Danach wären rund 1,1 Millionen Euro an Sanierungskosten zu erwarten.

„Sanierungsverschiebung kann kein Thema sein“

Die Bürgermeisterin warnte in einer Nachfrage des GK zum Thema davor, die bereits weitgehend geplanten Sanierungsmaßnahmen jetzt durch Verschiebungsgedanken aufs Spiel zu setzen. Die Finanzierung dieser Maßnahmen steht. Fördermittel in Höhe von rund einer Million Euro sind zugesagt, wenn die energetische Sanierung zur CO2-Einsparung erfolgt. Was nur mit Freibad und Hallenbad zusammen geht. Abruf der Mittel und Ausführung der Arbeiten müssen bis Juni 2022 erfolgt sein! Die Uhr tickt auch hier gewaltig schnell herunter. Flöge die Stadt aus der Förderung, ist komplett ungewiss, ob und wann man wieder eine solche Zusage erlangen kann.

Hohe Unzufriedenheit bei der Betriebsgenossenschaft

Und dann ist in der gesamten Gemengelage ja auch noch eine Betriebsgenossenschaft (mit zahlreichen Ehrenamtlichen) beteiligt, die mit dem gesamten Konstrukt zurecht kommen muss. In der Frage Hallenbad gibt es da keine Probleme, sehr wohl aber mit dem Freibad. Per Handskizze musste Vorstandsmitglied Hardy Ehrhardt in der Online-Stadtentwicklungsausschusssitzung verdeutlichen, was die (von der Bürgermeisterin als berechtigt gekennzeichnete) Forderung nach dem Bau eines Sanitäts- und Sanitärgebäudes neben dem Freibadbecken bedeute und warum es für die Genossenschaft unverzichtbarer Bestandteil ist.
Inzwischen hat Polyplan das Gebäude mit in den zuletzt im Verwaltungsausschuss vor zwei Wochen aktualisiert vorgestellten Plan aufgenommen. Die Finanzierung in Höhe von geschätzten 60.000 Euro ist in der Ausführungsplanung aber weiterhin noch nicht gedeckt.

Auf eine Containerlösung, die zunächst angedacht war, wollte sich die Betriebsgenossenschaft keinesfalls einlassen. Für sie spielt dieses Gebäude auch in der weiteren Betreibungs-Planung eine bedeutsame Rolle, weil davor die geplanten (zur LAGA aber vermutlich noch beschaffbaren) Fass-Saunen Aufstellung finden sollen. Und für diese braucht es eine feste Einrichtung mit Toiletten, Duschen sowie beheizbarem Ruheraum.

Wie wichtig der Genossenschaft ist, dass dies jetzt im Ausführungsschritt gleich mit erledigt wird, macht die klare Aussage des Vorstandes deutlich, eine Betreibung des Freibades ohne Erfüllung dieser Voraussetzungen werden ansonsten ab 2023 nicht durch die Betriebsgenossenschaft erfolgen. Einbezogen wurde in die Forderungen dabei auch die zweite Brückenanbindung, wobei Genossenschaftsvorstandsmitglieder Unverständnis zeigten, dass diese mit einem Schätzpreis von 180.000 Euro angegeben werde, wo der Genossenschaft Angebote für deutlich weniger als die Hälfte bekannt seien.

Welchen Seiteneffekt dies alles für die aktuelle Arbeit der Betriebsgenossenschaft hat, machte Hardy Ehrhardt gegenüber dem GK deutlich: „Wir stellen in der Geno und vor allem unter den Ehrenamtlichen gerade ein hohes Maß an Verdruss und Demotivation fest. Das ist tödlich für unsere Arbeit, die wir elf Jahre lang hier haben erfolgreich bewältigen können. Diskussionen und Entscheidungslosigkeit lähmen. Darum erwarten wir von der Politik ein geschlossenes Signal in die richtige Richtung. Wenn nicht jetzt, wann sonst jemals?“rah

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