„Das wirkt inzwischen wie Rufmord“

Bauleitung am Gabionenhang wehrt sich gegen unzutreffende Kritik an ihrer Arbeit im Internet

Der Bauleiter der Firma Kluge am Gabionenhang, Marvin Westermann, an der unvollendeten Treppe. Hier stand weder die Qualität des vorbereitenden Unterbaus in Frage noch muss womöglich abgerissen werden. Ein Makel an den gelieferten Stufen ist für den Baustopp verantwortlich, die Treppe wird nach Neulieferung so weitergebaut wie angefangen.

Irgendwann langt es einmal. Marvin Westermann reichte es spätestens da, als er aus dem Bekanntenkreis Anrufe bekam, was er denn da in Bad Gandersheim an Blödsinn mache. Westermann ist Bauleiter der Firma Kluge und arbeitet mit seinen Mannen am Bauwerk Gabionenhang. Und die Anrufe bezogen sich auf Informationen über eben diesen Gabionenhang, die man überall im Internet lesen konnte. Verbreiter ist ein Blogger, der vor seiner Rente einmal als Journalist gearbeitet hat. Er, deutlich krasser aber noch ein ihm zuarbeitender Diplom-Ingenieur aus dem Gandersheimer Ortsteil Hachenhausen, lassen sich seit Wochen immer wieder über die LAGA-Baustelle Gabionenhang aus. „Wobei es mich nicht interessiert, wenn jemand seine Meinung postet“, macht Westermann seinen Ärger deutlicher: „Hier geht es darum, dass sich jemand daherstellt und uns als angeblicher ‘Experte’ unterstellt, wir würden hier nicht fachgerecht arbeiten und Mist bauen“. Das, so Westermann, sei dann keine Meinung mehr, sondern ganz klar rufschädigend und damit strafrelevant.

Bad Gandersheim. Der Blogger selbst war der Firma Kluge vor allem zuerst dadurch aufgefallen, dass er sich zu Zeiten der Baustelle an der Ampel unterhalb des Klosters Brunshausen nicht an die Absperrungen halten wollte und sogar nicht davor zurückschreckte, den Bauarbeitern durch das abgezogene Feinsplittbett zu fahren. Das sei nicht nur einmal passiert. Entsprechend deutliche Hinweise gab es an ihn, was zur Folge hatte, dass Arbeiten der Firma Kluge im Blog nun besonders kritisch, aber selten faktisch korrekt vorgeführt wurden.

Das alles eskalierte dann am Gabionenhang, weil der Blogger sich selbst nun aus der ersten Linie nahm und dafür die Aufgabe der ständigen kritischen Betrachtung der Baustelle an einen vermeintlichen Experten, Diplom-Ingenieur Wilhelm Kühne übertrug. Dieser hatte in den vergangenen Wochen jede Menge an der Arbeit und deren Ergebnissen auszusetzen. Wobei er dazu in der Regel eine „Begutachtung“ von außerhalb der Absperrungen – also auf erhebliche Distanz – vornahm.

Unter dem Anstrich der vermeintlichen Expertise sollte das ganze hochfachlichen Charakter haben. Unterstrichen durch Fachausdrücke und DIN-Normen, mit denen der frühere Controller des hiesigen Straßenbauamtes seine Kritiken dem Laien als Fakten zu verkaufen suchte.

Den tatsächlichen Fachleuten ging das schon lange auf den Keks, das Fass aber war endgültig voll, als es nun zu Rückmeldungen kam, die zeigten, dass man den Unsinn des Blogs – immerhin ja schnell weltweit googlebar – irgendwo glaubte. Statt mildem Lächeln nun also harte Kante: Fakten statt Unsinn und Anzeige, wenn die fortgesetzte Rufschädigung kein sofortiges Ende findet. Das sind die akuten Folgen der „Expertenkritik“.

„Sein großer Irrtum ist zuallererst, dass hier jemand glaubt, er könne als Straßenbauingenieur etwas im Bereich Garten- und Landschaftsbau beurteilen. Das geht eben mit den Maßstäben des Straßenbaus ganz und gar nicht“, macht Westermann klar. Soll heißen, Planung, aber erst Recht Ausführung im Garten- und Landschaftsbau folgen zum Teil gänzlich anderen Logiken und Abläufen. „Die kann ein Straßenbauer so gar nicht nachvollziehen, weil er nun mal nie so arbeitet“.

Genau das habe Kühne aber wohl angenommen und damit den Fehler begangen, seine Beobachtungen aus falscher Logik heraus in unsachgemäße Zusammenhänge und Schlussfolgerungen zu bringen. Ergebnis: schlichter Unsinn. Westermann belegt das an konkreten Beispielen, wie sie Kühne aus seiner „Expertenwarte“ vom Bauzaun aus beschrieben hatte.

Fall 1: Die noch unvollendete Treppenanlage an der Hildesheimer Straße. Noch bevor die ersten Stufen gesetzt waren, hatte Kühne bereits die Vorarbeiten zerpflückt: (Zitat vom 3. Oktober) „Tatort: Bollwerk barrierefreie Rollstuhlrampen am Gabionenhang zwischen Ex-Kurhaus und Skulpturenpfad in Bad Gandersheim. Sowas hatte der Experte schon mal in Osteuropa gesehen, wo Materialknappheit herrschte und kein Verdichtungsgerät vorhanden war.

Ausmagerungen beziehungsweise Hohlräume, nicht verdichteter beziehungsweise gerüttelter Beton und nachträglich aufgefülltes Gemisch. Ob man den in einer Radlader Schaufel mit dem Sand-Kiesgemisch und Zugabe von Zement, an anderer Stelle beobachtet, überhaupt von DIN-Beton schreiben kann ist zweifelhaft. Ob Probewürfel davon erstellt werden, statische Bewehrung und ein frostsicherer Aufbau hergestellt wurden, konnte nicht beobachtet werden. Fachgerecht verdichteter Beton sieht auf jeden Fall anders aus“.

Dazu Marvin Westermann: „Was Herr Kühne, wie auch zahlreiche Laien, hier völlig falsch eingeordnet haben, ist nur die grundlegende Vorbereitung für den Bau einer Treppenanlage. Im Boden befindet sich ein großes L-förmiges Profil mit der Höhe der späteren Treppe. Dieses muss aufgefüllt werden, was an der höchsten Stelle bereits eine erhebliche Höhe erreicht. Damit nicht erst beim Einbau der Stufen Beton darunter gesetzt wird, was zu erheblichen Wartezeiten führen würde, bis das alles standfest ist, haben wir eine Art provisorischer Treppenstufen vorgebaut, die dann nach ausreichender Standzeit ein schnelles Verbauen der eigentlichen Stufen ermöglicht. Die unterschiedlichen Farben an Beton geben keinerlei Hinweise über dessen Standfestigkeit, sondern sind allein durch die Zumischung verschiedenfarbigen Kieses im Mischwerk zu erklären. Die aufgebrachten Treppenstufen werden zudem mit einem speziellen Kleber eingebettet und fixiert, da die Unterseite der Stufen glatt ist. Vorgehen und Ausführung der Arbeiten sind fachgerecht und üblich und standen auch keineswegs im Fokus einer Begehung mit einem Gutachter, mit dem wir immer zusammenarbeiten“.

Damit nahm Westermann Bezug auf eine Bewertung, die „Experte“ Kühne vorgenommen hatte, als er bei seinem täglichen Rundgang zufällig Zeuge der gutachterlichen Begehung wurde: (Zitat vom 27. Oktober): „Dieser angefangene Treppenbau (wir berichteten kritisch konstruktiv) war vor knapp zehn Tagen plötzlich angehalten worden. Heute waren die unvollendeten Stufen aufgrund offensichtlicher Mängel in der Ausführung Gegenstand auffälliger Debatten. Daran zeitweise gesten- und wortreich beteiligt sieben Persönlichkeiten vom Fach...“

Tatsächlich gab es einen Mangel an den Stufen – den man bei entsprechender Nachfrage auch erfahren hätte können, aber im Blog nicht zu ermitteln imstande war, obwohl man doch mit dem Ohr so dicht den fremden Gesprächen lauschte. Westermann: „Die Treppensteine haben einen in Grau abgesetzten Kantenstreifen zur besseren Erkennbarkeit. Dieser hat Toleranzen im Rahmen der DIN, und die war leider bei einem Teil der Lieferung nicht eingehalten. Sie wurde daher abgelehnt und musste nach gutachterlicher Feststellung der Korrektheit des Einwandes neu geordert werden. Das ist auch der Grund, warum der Treppenbau noch ruht. Er wird nach Lieferung der Ersatzstufen auf dem Untergrund, wie er da jetzt noch liegt, fortgesetzt“. Kein Baufehler also, sondern Fremdverschulden in diesem Fall die Ursache. Den wahren Grund sind „Experte“ wie Blogger im Übrigen bis heute schuldig geblieben.

Fall 2: Die angebliche Panne mit den Handläufen. „Experte“ Kühne meinte entdeckt zu haben, dass man die Handläufe vergessen hätte. Nun also nachträgliche Aktivitäten, zur Nachrüstung zu beobachten. Dazu musste im oberen Bereich bereits verlegtes Pflaster wieder aufgenommen, im unteren zum Teil in die Fundamente der Gabionenkörbe hin­ein Löcher gestemmt werden. Unnötige Arbeit, schlechte Planung, schlussfolgerte Kühne aus diesem Vorgehen.

Mit diesem Fazit aber sei er genau in die Falle getappt, als Straßenbauer Garten- und Landschaftsbau verstehen zu wollen: „Für mich ist die Arbeit im Landschaftsbau oftmals eine Abwägung des günstigsten Weges, so auch hier“, erläutert Westermann, warum so herum vorgegangen worden sei. Für das Geländer werden Hülsen in den Boden eingesetzt. Sie im Vorwege schon anzulegen, sei in den allermeisten Fällen gar nicht möglich gewesen, weil dazu ein viel zu großer Aufwand nötig gewesen wäre: „Ich hätte zum Teil große Höhen überwinden müssen, um auf den tiefen Fundamentteilen aufsetzen zu können. Das hätte extra Einschalung und großen Materialeinsatz bedeutet, auch bei den Röhren, die dann zum Teil sehr lang einbetoniert hätten werden müssen. Die Abwägung hat ganz klar ergeben, dass der nachträgliche Einbau die deutlich kostengünstigere Variante war, selbst, wenn dann noch einmal hier und dort ein Loch aufgenommen oder in den Beton gestemmt werden muss. Das geht schneller und billiger als anders herum. Und meine Aufgabe als Bauleiter ist es auch, eine Kostenexplosion zu vermeiden“. Das als Nachlässigkeit zu brandmarken, liege also völlig neben der Spur.

Jüngster Fall eigener Kompetenzüberschätzung war die Einordnung war die „Expertise“ zur Randbegrenzung eines Wegebaus am Fuß des Hanges: (Zitat vom 4. November): „Doch dann löst der Umstand, dass die Kantensteine plötzlich höher stehen als die Pflasterung, Verwunderung aus. Der barrierefreie Weg bekommt hier rechts und links eine Stolperkante, ohne erkennbare fachliche Notwendigkeit. Die Vermutung liegt nahe, dass der Kurhausparkplatz mal einen neuen Oberbau erhalten sollte, Ratsherr Henrik Geske hat sich schon einmal danach in einer Veröffentlichung erkundigt. Als die Parkplatzerneuerung gestrichen wurde, wurden schnell noch die letzten zwei Meter der Kantensteine auf das alte Kurhaus-Parkplatz-Niveau abgesenkt“.

Nein, auch hier irrt Herr Kühne, weil er es eben fachlich nicht korrekt beurteilen kann. Dazu der Garten- und Landschaftsbauer Westermann: „Uns war beim Bau längste bekannt, dass der Kurhausparkplatz keine neue Decke bekommt, es gibt also keine ‘nachträgliche Absenkung’ aus diesem Grund. Die Kantensteine sind so hoch gesetzt worden, weil sich daneben Boden mit Rasen befindet, unter dem sich nur wenige Zentimeter tiefer die Wurzeln eines Flachwurzlers (eine Kiefer) befinden. Bei angepasster Kante hätten wir den Boden und damit die Wurzeln abschürfen müssen. Das wäre dem Baum schlecht bekommen und ist nicht gewollt. Also folgt die Kante dem Bodenprofil, wo sie zudem keine Stolpergefahr darstellt, weil es weder rechts noch links Anlass gibt, über sie zu laufen“.

Ohne im Detail darauf einzugehen, irrte Kühne unter gleicher (Un)Logik auch in anderen Bewertungen. Im Übrigen ist fraglos das beste Mittel zur Vermeidung solcher Situationen sicher die Kommunikation. Die aber schlug der „Experte“ seinerseits ganz klar aus. LAGA-Öffentlichkeitsarbeiter Frank Terhorst traf ihn im Oktober während einer „Begutachtung“ des Hangbaus auf dem Skulpturenweg und bot Kühne spontan an, ihn zu einem Gespräch mit Bauleiter Westermann zusammenzuführen. Das schlug Kühne allerdings mit den Worten aus, er brauche das nicht, er könne ja von dort oben alles sehen, was er wissen müsse. Andere direkte Kontakte auf Baustellen hat es ebenso wenig bisher gegeben.

Vorgeworfen wird dem „Experten“ Dipl.-Ing. außerdem von mehreren Bauleitungen, LAGA-Baustellen bereits mehrfach ohne Genehmigung, zum Teil auch außerhalb der Betriebszeiten betreten zu haben. Davon zeugen unzweifelhaft die dabei selbst angefertigten und im Blog veröffentlichten Fotos, und die Spitze der Dreistigkeit stellt dar, sich auch noch dafür rühmen zu lassen, dass man illegal in die Koppelwiese eingedrungen ist, indem man auf Steinen über den Gandefluss balanciert sei, wie im Blog kurz vor dem letzten Wochenende preisgegeben.

Hausrecht hat auf allen Baustellen zurzeit noch die Stadt Bad Gandersheim, die dieses erst am 14. April für die sechs Monate der Gartenschau auf die Durchführungsgesellschaft überträgt. Die Stadt setzt sich nun akut damit auseinander, den fortgesetzten Hausfriedensbruch zu ahnden.rah

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