„Der EcoBus ist für den ÖPNV mehr Bedrohung denn Chance“

Taxiunternehmer und ihr Gesamtverband lassen rechtliche Umstände der Konzessionierung prüfen

Haben an sich wenig Grund zur Freude: Das aufwändig subventionierte Projekt EcoBus hat dem Taxigewerbe in der Region Schaden zugefügt. Von links Ralf Schulze (CityCar), Jürgen Hartmann (GVN) und Dimitrios Konstantianos (Taxi Konstantin).

Bad Gandersheim. Die EcoBus-Wochen sind vorüber, die für die erste Pilotphase auf dem Parkplatz des Campingplatzes stationierte Busflotte wieder abgezogen und mittlerweile in der zweiten Pilotphase im gesamtem Oberharz unterwegs. Trotz aller Versuche des GK wie der beteiligten Kommunen liegen bis heute seitens der Projektgruppe am MPI keine Bilanzzahlen vor, wie die erste Testphase gelaufen ist. Nachfragen bei der Pressekonferenz zum zweiten Pilotabschnitt in Clausthal wurden „aus formalen Gründen“ nicht beantwortet. Wann dies geschehen soll, blieb bis heute offen.

Eine andere Gruppierung hingegen hat die Auswirkungen des Projektes bilanziert – und kommt zu einem klaren Fazit: „Die erste Pilotphase des EcoBus-Projektes hat dem selbständigen Personenbeförderungsgewerbe klaren Schaden zugefügt“, sagt der Bezirksvorsitzende des Gesamtverbandes Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN), Jürgen Hartmann aus Braunschweig im Gespräch mit dem Gandersheimer Kreisblatt.

Konkret beschreiben können diesen Schaden die beiden örtlichen Taxiunternehmer Ralf Schulze und Dimtrios Konstantianos. Letzterer als Inhaber des Gandersheimer Unternehmens „Taxi Rosenthal“ spürte die Testphase besonders heftig: „Wir hatten enorme Rückgänge in dieser Zeit an Taxibuchungen, so stark, dass ich darauf reagieren und sogar Personal freisetzen musste“, sagt Konstantianos.

Schulze kennt eine weitere Auswirkung: „Nicht alles hat beim EcoBus geklappt. In einigen Fällen erschien er nicht, dann wurden wir gerufen und waren auch sofort da. Allerdings bekamen wir dann den Ärger der Fahrgäste ab, die anstelle der vielleicht 1,70 Euro für eine Stadtfahrt mit dem EcoBus nun zehn Euro für das Taxi bezahlen mussten. Gerecht und fair ist so etwas natürlich nicht.“

Unfair finden die Taxiunternehmer vor allem, dass hier ein direktes Konkurrenzgeschäft zu ihrem Gewerbe aufgebaut wurde, dass die an den ÖPNV-Busverkehr angelehnten Fahrpreise nur bieten konnte, weil es mit rund zwei Millionen Euro EU-Fördermitteln subventioniert wird. Nur darüber habe man dem Projekt auch überhaupt eine Erfolgsaussicht schaffen können.

Es bleibe aber die Frage, zu welchem Ergebnis das alles führen solle. Ziel des Projektes sollte schließlich sein, eine Mobilitätsalternative für den ländlichen Bereich im öffentlichen Personennahverkehr zu schaffen. Es sei aber kaum vorstellbar, dass aus dem Projekt ein Dauerläufer werden könne, denn der müsse dann ja ebenso stark subventioniert werden.

Was letztlich dann zu Lasten der selbständigen Beförderungsunternehmer gehen müsse. Hilfe – wie man sie den Bauern nach der Dürre nun zugesagt hat – ist für die geschädigten Taxiunternehmer nicht in Sicht, und Dimitrios Konstantianos sieht für die jetzt von der zweiten Pilotphase im Oberharz betroffenen Kollegen schwarz: „Mich würde es nicht wundern, wenn mindestens einer wegen des EcoBusses dicht machen wird“, sagte er gegenüber dem GK. Zumal die zweite Phase sich anstelle sechs Wochen diesmal über ein halbes Jahr erstreckt. Und danach sei der EcoBus wieder weg – vielleicht seinetwegen aber auch ein Taxiunternehmen weniger für die Bürger der Region da.

Jürgen Hartmann als Verbandsvorsitzender im Bezirk beklagt vor allem, dass die Kooperation der Projektmacher in Göttingen mit dem örtlichen Beförderungsgewerbe sehr zu wünschen übrig gelassen habe. Wünsche und Vorstellungen habe es seitens des MPI-Projektteams viele gegeben, eine echte Kooperation sei aber mit den Taxiunternehmen nie gesucht worden. Dies sei zwar in der zweiten Pilotphase etwas besser gelaufen, aber wohl auch, weil man in Göttingen wisse, dass der Verband inzwischen Juristen prüfen lasse, warum zum Beispiel die Konzession für das Projekt in Braunschweig und nicht den zuständigen Verkehrsbehörden vor Ort erteilt worden sei. Braunschweig habe auf Nachfrage barsch jede Auskunft verweigert. Nun forscht ein Rechtsanwalt im Auftrag des GVN weiter nach.

Dimitrios Konstantianos wies darauf hin, dass der Landkreis Northeim durchaus Bedenken gegen das Projekt geltend gemacht habe. Seitens des GVN hatte dessen Geschäftsführer Harald Gast sogar Ablehnung bescheinigt. Trotzdem sei alles – teilweise sehr kurzfristig und manchmal fast planlos wirkend – „durchgeboxt“ worden; mit „Hilfe von oben“, wie man Taxigewerbe mutmaßt. Irgendjemand in höheren Verwaltungsebenen habe offenbar ein gesteigertes Interesse am Stattfinden dieses Projektes.

Hartmann kritisierte weiter, dass der EcoBus als „Ergänzung“ zu den bestehenden Beförderungssystemen beworben werde. Das sei er keinesfalls, sondern ein klarer Eingriff. Hier werde eine Konkurrenz aufgebaut, wobei den Fahrgästen in der Regel kaum bewusst sei, dass die EcoBus-Fahrpreise nur aufgrund der massiven Subventionierung aus Steuermitteln darstellbar seien. Das bekomme das Taxigewerbe nun andererseits vorgehalten und müsse sich für die eigenen Beförderungspreise ständig erklären.

Des Weiteren bezweifelte Hartmann, dass die Aussage, man wolle Bürger durch den EcoBus dazu bewegen, das eigene Auto stehen zu lassen und statt dessen den ÖPNV zu benutzen, auch nur annähernd eingetroffen sei. Die Inanspruchnahme des EcoBusses sei zum zweifellos allergrößten Teil aus der typischen Kundschaft von Taxi und Bus gekommen.rah