Der jüdische Friedhof in Gandersheim

Lokaler Verein „Treibhaus“ hat Hinweisschild erstellen lassen: Ruhestätte wieder erkennbar machen

Marlene Brandt und Stefan Manzeck vom Verein „Treibhaus“ haben das neue Schild – angefertigt von Drechsler Pinne und am Friedhof bereits aufgestellt – in Auftrag gegeben.

Bad Gandersheim. Seit dem Jahre 1777 besteht dieser Friedhof in Bad Gandersheim. Zuerst wurde am 11. August ein Kind beigesetzt, dessen Vater Samuel Simon Bremer das Grundstück für die jüdische Gemeinde gekauft hatte.

Bis zum Jahre 1921 fanden auf dem Friedhof jüdische Begräbnisse statt. Zuletzt wurde Anna Ballin, Ehefrau des Bankiers und Ehrenbürgers der Stadt Louis Ballin, hier beigesetzt.

Die Nachkommen der Familien Bremer und Ballin, von denen sich einige weiterhin zum jüdischen Glauben bekannten, wurden unter dem nationalsozialistischen Regime in den Konzentrationslagern Litzmannstadt, Theresienstadt und Auschwitz umgebracht, sie sind auf „Osttransporten“ verschollen oder in den Selbstmord geflüchtet. 1939 wurde der Friedhof verwüstet.

1952 versuchte man ihn wieder instandzusetzen, stand aber vor den Problem, dass man nicht sicher über die Anordnung der Gräber Bescheid wusste. Anhand der Grabinschriften wählte man dann die chronologische Anordnung von links oben nach rechts unten, beziehungsweise eine familiengebundene Anordnung.
Alle Steine sind aufrecht gestaltet worden, allerdings veränderte sich sowohl die Form von einer eher schlichten Ausführung zu stilisierten Gesetzestafeln, in jüngerer Zeit wurden auch, in Annäherung an christliche Traditionen, Ornamente verwendet.

Die Inschriften wurden zunächst in Hebräisch, dann auf der Vorderseite hebräisch und auf der Rückseite deutsch und in der jüngsten Zeit nur noch in Deutsch eingemeißelt. Die hebräischen Inschriften folgen der Jahreszählung nach dem Talmud, der das Jahr 3760 vor Christi Geburt als Beginn der Welt ansetzt, so dass entsprechen der Beginn des Friedhofs nach jüdischer Rechnung auf das Jahr 5537 fällt und wir heute im Jahr 5782 leben.

Ein jüdischer Friedhof hat nach jüdischem Glauben ewigen Bestand, deshalb möchte der Verein „Treibhaus e.V.“ ihn mit der Anbringung des neuen Hinweisschildes, das der Gandersheimer Drechsler Wilhelm Pinne hergestellt – wieder sichtbarer machen und zugleich die Erinnerung an Spuren jüdischen Lebens und jüdischer Kultur in unsere Stadt lebendig halten. Die Beschilderung hat inzwischen ihren Platz gefunden.red