„Dichterschlacht“ mit vier Poetinnen begeistert das Publikum

80 Besucher beim Roswitha-Poetry-Slam im Rosencafé / Warnke und Farnbacher gewinnen

Das Publikum war gegeistert: Jubelnder Beifall für die Akteure der hören- und sehenswerten Veranstaltung im alten Gemäuer auf dem Klosterhügel.

Brunshausen. Die Siegerinnen der Herzen heißen Leonie Warnke und Tabea Farnbacher: Sie haben am Freitagabend beim ersten „Roswitha-Poetry- Slam" im Rosencafé Brunshausen die größte Zustimmung des Publikums erhalten. Vier Dichterinnen hatten sich vor rund 80 Zuhörern einem Worte- und Themen-Mehrkampf gestellt.

„Poetry Slam ist nichts anderes als die moderne Form eine klassischen Dichterschlacht", erläuterte Hennig Chadde den Zuhörern. Gemeinsam mit Moderator Bernard Hoffmeister hat er vor vierzehn Jahren das Netzwerk „Macht.Worte" in Hannover ins Leben gerufen, das unter anderem Poetry-Slam-Konzepte entwickelt.

„Roswitha von Gandersheim war die erste deutsche Frau von literarischem Rang, das wollten wir als Aufhänger nehmen um zu zeigen, wie heutzutage moderne Dichtund Erzählkunst aussieht", beschrieb er, warum die beiden Kulturmanager gerne in die Domstadt gekommen sind. Die Autorinnen und Poetinnen traten zunächst in einer Pflichtrunde auf. Darin befassten sie sich in selbst verfassten Texten nachdenklich bis pointiert mit dem heutigen Frauenbild, in der Kür-Runde gab es keine inhaltlichen Vorgaben. Sechs Zuschauer, die sich spontan gemeldet hatten, bewerteten die maximal siebenminütigen Beiträge auf einer Notenskala von null bis zehn. Die beiden Erstplatzierten kamen ins Finale, in der die Stärke des Beifalls entscheiden sollte. Den Auftakt machte Julia Szymik aus Marburg, die in einem Musik-Label arbeitet. Eine Fernsehserie über Juristen und ihre Sekretärinnen lieferte die Vorlage für den Einstieg in ihren ersten Text. Wortstark und mit abwechselnder Mimik kam sie auf Rollenbilder und Klischees zu sprechen.

Mucksmäuschenstill war es, als sie im zweiten Teil einen Brief an ihre Schwester in den Mittelpunkt des Beitrags stellte. „Nachdenken und dann passiert etwas", beschrieb die 23- Jährige am Rande des Auftritts, wie ihre Texte entstehen. Teresa Reichl machte in Form eines Raps deutlich, dass Frauen genauso Gangster sein können wie Männer. Mit einer Portion Selbstironie sprach die 22-jährige Lehramtsstudentin für Deutsch und Englisch an Gymnasien in Prosaform über ihren Wunsch aus, älter sein zu wollen. sein. „Man darf hier alles, das ist das Coole", lobte die Regensburgerin das Konzept des Poetry-Slams.

„Geschichten aus dem Alltag", erzählte die freie Schriftstellerin Leonie Warnke aus Berlin. „Schubladendenken" nahm sie in ihrem ersten Beitrag aufs Korn, während die 26-Jährige in der nächsten Runde deutlich machte, dass sie im Ruhrgebiet aufgewachsen ist. Unter dem Titel „Bourgeoisie" berichtete sie vom Alltag in der Wohngemeinschaft mit einer Münchnerin.

„In Gelsenkirchen ist man Bourgeoisie, wenn die Becher aus Glas und nicht aus Plastik sind", sagte Warnke unter lautem Gelächter und setzte noch einen drauf. Die Einwohner hielten Espresso für eine Zeitschrift und Versace für eine Stadt in Tirol. Stiller und poetischer waren die Beiträge der Psychologiestudentin Tabea Farnbacher.

In ihrer Lyrik machte der Gast aus Hannover am Beispiel einer Ehe nach 35 Jahren deutlich, wie Menschen in verschiedenen Welten leben können, obwohl sie in der gleichen Realität sind. „Das spielt aber keine so große Rolle, wenn man sich liebt", betonte die 21-Jährige. Ihren ersten Beitrag bezeichnete sie als lyrisches Fotoalbum über das Aufwachsen als Frau, es folgte ein Liebesmärchen über die Seelenverwandtschaft mit dem Titel „Maskenball".

Farnbacher lehnte sich dabei rhetorisch an eine Legende aus der griechischen Mythologie an. Demnach seien die Menschen eigentlich als Kugeln geschaffen worden mit einer Seele, zwei Gesichtern, vier Armen und vier Beinen. Von den Göttern wurden sie in zwei gespalten wurden und mussten ihr Leben einen „knackigen Partner" suchen. Das letzte Wort im Rosencafe hatten die Besucher: Per Beifall bestimmten sie das Endergebnis, nachdem Farnbacher und Warnke ihren dritten Text vorgetragen hatten. Chadde und Hoffmeister hörten keinen Unterschied bei der Stärke des Applauses für die beiden Finalistinnen. Sie erklärten daraufhin beide zu Siegerinnen.

Für die Stadt Bad Gandersheim als Initiator und Veranstalter, die vom lokalen Aktionsplan „Demokratie leben!" sowie der Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises Northeim unterstützt wurde, überreichte Manfred Kielhorn den beiden Gewinnerinnen jeweils eine Flasche Roswitha- Sekt und ein Buch über Roswitha von Gandersheim. Dieses Buch übergab der Geschäftsbereichsleiter Kultur auch den beiden anderen Poetinnen. „Wir hatten alle seit ewig nicht mehr so viel Spaß bei einem Slam", lobte Warnke im Namen aller Teilnehmer das Publikum. Dem Publikum machte die „Dichterschlacht" offenkundig viel Freude. „Mir gefällt die Vielfalt der Themen", sagte Brunhild Manzeck (Hachenhausen).

Sie findet es wichtig, dass die Stadt Bad Gandersheim aufgrund ihrer Geschichte so eine Veranstaltung ausrichtet. „Das sollte die Stadt ruhig öfter machen", meinte die 54-Jährige. „Es hat mich erstaunt und beeindruckt wie unterschiedlich die Interpretinnen das machen", erklärte die 55-jährige Andrea Schade aus Goslar und fügte hinzu: „Das finde ich unheimlich spannend." „Interessant und abwechslungsreich", lautete der Kommentar von Annette Meyer aus Seesen. Der 54-Jährigen gefiel es es, dass die Zuschauer mitwerten konnten. „Das setzt Energie frei", berichtete sie. „Hochsprachlicher Genuss“ Auch bei den Männern im Publikum kamen die Auftritte sehr gut an.

„Ich finde es total super", erklärte Matthias Rojahn, der zum ersten Mal einen Poetry-Slam besuchte. Es sei sehr viel „hochsprachlicher Genuss" dabei, der Witz müsse gar nicht im Vordergrund stehen. Die jungen Frauen würden unheimlich viel Mut zeigen. Dies sei „bewundernswert", meinte der 53-Jährige aus Bad Gandersheim, der die poetischeren Beiträge favorisierte. Alle Beiträge hätten etwas Persönliches, Ansprechendes, sie seien ehrlich, die Autoren seien authentisch und würden sich nicht verstellen, meinte Stefan Winzinger (Bad Gandersheim).

Die Moderation hätte allerdings etwas dezenter sein können, sagte der 59- jährige. Viele Besucher wünschten sich, dass es nach der geglückten Premiere eine Neuauflage des „Roswitha-Poetry- Slam" gibt.aa

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