Die 61. Festspiele sind offiziell eröffnet

Mehrere Festredner sehen in der Kultur ein wichtiges Gegengewicht zum rechten Nationalismus

Stehender Applaus nach einer tollen Premiere: Das Publikum war begeistert von „Spatz und Engel“.

Bad Gandersheim. Nun sind sie also offiziell gestartet, die 61. Gandersheimer Domfestspiele. Traditionell ist dies mit der ersten Abendpremiere der Fall gewesen, am vergangenen Freitag war dies das Theaterstück „Spatz und Engel“ über Edith Piaf und Marlene Dietrich. Die Betrachtung der künstlerischen Leistungen findet sich als Rezension ebenfalls in dieser Ausgabe.

Ebenso gehört zum Auftakt aber auch der Festakt in der Stiftskirche. Die war in diesem Jahr lockerer besetzt als manches Jahr zuvor, vor allem so mancher Ehrengast hatte es nicht rechtzeitig geschafft, was der Aufsichtsratsvorsitzende der Domfestspiel gGmbH, MdL Uwe Schwarz, gut nachvollziehen konnte, hatte er doch selbst es bei dem Verkehrschaos auf der A7 gerade noch rechtzeitig Bad Gandersheim erreicht.

Trotzdem konnte Schwarz viele Ehrengäste begrüßen, die der ersten Premiere am Abend beiwohnen wollten. Seit zehn Jahren nun stehen die Festspiele auf einer anderen Basis, deren unverzichtbare Säule das Kultursponsoring sei. Dass es den Gandersheimer Domfestspielen immer wieder und immer besser gelinge, in diesem Fuß zu fassen, habe unzweifelhaft etwas mit dem hohen Wert der Festspiele zu tun. Sie zu unterstützen sei für die Sponsoren ein lohnender Schritt, so Schwarz.

Zu den vielen Veränderungen bei den Festspielen gehöre auch die nun fast vollendet Schaffung eines eigenen Probenzentrums, das bekanntlich ebenfalls in einem groß angelegten Sponsoring in der Neuen Straße entsteht. Das, worauf die Festspiele ab dem kommenden Jahr dann ganz Zugriff haben, sei in der Deutschen Freilichttheaterszene wohl einmalig.

Woran es trotz verbesserter Kontakte auch bis nach Berlin noch fehle, sei eine zuverlässige und vor allem längerfristige Förderzusage. In Zeiten, wo der Rechtsruck sogar die kulturelle Freiheit schon wieder zu bedrohen beginne, sei es höchste Zeit, freiwillige Kulturförderung als Pflichtaufgabe zu verstehen, um ein Gegengewicht gegen nationalistische Tendenzen zu bilden, sagte Schwarz weiter.

Die Gandersheimer Domfestspiele sind ein solches, und erfolgreich obendrein, denn zu Beginn der Abendproduktionen sind bereits 40.000 Karten abgesetzt, rund 3700 mehr als zu Beginn im vergangenen Jahr.

Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer erinnerte in seinem Grußwort daran, dass Kirche und Theater dereinst sehr eng miteinander verwoben gewesen sind. Erst ab dem 12. Jahrhundert sei die Theaterbühne unter Loslösung aus der Liturgie aus der Kirche mehr in die Öffentlichkeit verlagert worden. Noch heute gelte aber: Religion brauche die Kultur, und umgekehrt genauso.

Bürgermeisterin Franziska Schwarz hatte das Kinderstück dieses Jahres vor Augen, als sie sagte: Drei Dinge brauche das Land – Herz, Mut und Verstand. Mit der Kunst müsse sich die Gesellschaft dagegen wehren, dass Hass, Gier und Gewalt die Oberhand gewännen.

Festspiel-Intendant Achim Lenz betrachtete die künstlerische Seite: Die ganze Arbeit des Theaters laufe auf diesen einen Moment hin: den Applaus. Das Motto „Zeig mir mehr“ gehe dabei in beide Richtungen; nicht nur auf die Bühne, auf der Vieles mehr gezeigt werde, sondern auch ins Publikum, wo es ein Mehr an Applaus, Respekt und Achtung der künstlerischen Leistung sei, von denen es gern mehr geben dürfe.

Für die Schauspieler sei es etwas ganz Besonderes, hier in Bad Gandersheim zu spielen. Kein „Abliefern“, sondern gelebte Kunst, in einem fast familiären Verband von Ensemble und Publikum. Er kenne kein einziges Theater, in dem dies nochmal so sei, so Lenz.

Dessen müsse man sich bewusst sein, das gelte es zu schützen und zu bewahren. Die Festspiele seien hier, weil es ihnen in Bad Gandersheim gefalle, sagte Lenz unter anhaltendem Applaus.

Als Gast der Landesregierung hatte der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Björn Thümler, der zuvor schon im Rathaus zum Eintrag ins Goldene Buch empfangen worden war, hatte seinen Besuch als „Abgesandter“ der Landesregierung bereits im letzten Jahr festgemacht. Er wies in Abweichung vom eigentlichen Manuskript an vorangegangene Bemerkungen anknüpfend darauf hin, das „Zeig mir mehr“ könne auch für Courage gelten.

Es bedürfe eines Bekenntnisses zu den Grundlagen unseres freiheitlich-demokratischen Systems, und dies immer wieder. Wenn es die Gesellschaft nicht schaffe, sich gegen den aufkeimenden Nationalismus zu wehren, werde sich wiederholen, was wir als leidvolle Erfahrung eigentlich hinter uns gelassen zu haben glaubten.

Kultur, so Thümler weiter, sei eine Pflichtaufgabe, weil sie zur Gegenwehr beitrage Diese Nachricht müsse und sollte gerade aus Bad Gandersheim ins Land hinausschallen. Die Domfestspiele bezeichnete Thümler als die kulturelle Identität Bad Gandersheims, aber auch weit darüber hinaus. Umrahmt wurde der Festakt zur Eröffnung wie immer durch Akteure der Festspiele mit Musik und Gesang.

Wenig später stürmte Intendant Achim Lenz auf die Bühne vor das Premierenpublikum und gab die Spiele frei. Es folgte die umjubelte Premiere der Geschichte einer Freundschaft zwischen zwei so gegensätzlichen Weltstars, an die sich eine ausgelassene und schöne Premierenfeier zwischen Kulturhof und Tribüne anschloss. Und über all dem spannte sich ein blauer Himmel an dem auffällige weiße Wolken selbst zu spätester Stunde ein besonderes Zeichnen hinabsandte; aber das war dann schon wieder eine andere Geschichte.rah

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