Die kritische Marke knapp geschrammt
Bad Gandersheim kommt nach dem Dreitageregen mit einem blauen Auge davon / Gute Vorsorgearbeit
Bad Gandersheim. Nun also doch. Am Dienstagnachmittag sah es zunächst so aus, als gehe der ganz nasse Kelch diesmal an Bad Gandersheim vorüber. Während in anderen Bereichen schon erste oder zweite Meldestufen für Hochwasserpegel erreicht waren, hielt sich die Gande verhältnismäßig gut im bereits eineinhalb Tage andauernden Regen.
Auf diese Zeit kamen aber nochmals 24 Stunden ununterbrochener Niederschläge drauf, und das war dann auch für die Gande zuviel. Am Mittwochvormittag hatte sie die zweite Meldestufe erreicht und mit einem Pegel im Maximum gegen 11.30 Uhr von rund 2,57 Metern auch einen Stand, der dieses Hochwasser zum dritthöchsten nach den beiden Jahrhunderthochwassern von 1998 macht. Abgelöst wurde das Jahr 2003 als bislang dritthöchstes mit 2,49 Metern. Das bedeutete natürlich, dass es auch zu Überschwemmungen kam. Dies vor allem im Oberlauf zwischen Brunshausen und Hildesheimer Straße. Bei Brunshausen staute sich das Wasser im ehemaligen Mühlenbereich in der Wiese. Rund um das Quellenhäuschen der Roswitha- Quelle hatte sich eine Senke mit den braunen Fluten gefüllt.
Im Bereich der Dr.-Heinrich- Jasper-Straße erfolgte im Laufe des Vormittages durch die Stadt eine vorsorgliche Straßensperrung. Über die Straße kam das Wasser aber nicht, überflutete links der Gande aber Teile des neuen Kinderspielplatzes auf dem alten Minigolfgelände. Dahinter im Wasser auch wieder das Ros witha-Trinkhäuschen – die Quellpumpe war bereits rechtzeitig stillgelegt worden. Betroffen außerdem leider auch der neue Barfußpfad, der sicher nach dem Hochwasser einer Reinigung oder Überarbeitung bedarf, wie gleichermaßen das völlig im Dreck verschwundene Kneipp-Tretbecken.
Die Brücke zum Kurpark war natürlich unpassierbar wie ebenso weitere Bereiche des Kurparks, bis hin zum Freibad, die selbst unter Wasser standen. Vor der Paracelsus-Klinik im Kurpark leistete der Damm gute Arbeit, hätte aber auch nicht viel kleiner sein dürfen. Mit Sandsäcken waren zusätzliche Absicherungen vorgenommen worden.
Das Freibad selbst hatte bereits am Dienstag wegen des Hochwassers schließen müssen. Nicht etwa, weil wie vor fast genau einem Jahr die technischen Anlagen in Gefahr waren, sondern weil das Wasser den tiefsten Punkt, den Übergang über die Gandebrücke zu überfluten drohte.
Am Mittwoch war an Badebetrieb noch weniger zu denken. Das Wasser schnitt tatsächlich zeitweilig die Brücke vom Weg ab, Teile des Kinderspielbereiches standen unter Wasser, ebenso Teile der Liegewiese, die selbst nur mit Gummistiefel zu durchwaten war. Zudem waren durch die Durchweichung des Bodens drei Bäume am Rand der Liegewiese in den Freibadbereich umgestürzt, einer hebelte dabei auch noch den Zaun am Bahndamm aus. Bedrohlich sah der Zusammenfluss von Eterna und Gande aus.
Enorme Wassermassen schienen sich hier zu vereinigen und strömten reißend Richtung Innenstadt. Kurz vor 11 Uhr kam es vor dem Tanzcafé Gino, das ja einer baldigen Wiederöffnung entgegenstrebt, zum ersten Überlaufen. An der Fußgängerbrücke ließ der Rückstau Wasser in die Straße strömen, das glücklicherweise aber noch durch die freie Kanalisation ablaufen konnte. Zu einer kompletten Füllung des Straßenbereiches kam es aber nicht mehr. Das Tanzcafé selbst war bereits geschützt worden.
Im Bereich der Füllekühle stand die Gande bordvoll, lief aber nicht weit in die Füllekühle hinein. Allein Tennisplatz Nummer 5 – er liegt tiefer als die vier anderen – stand wieder einige Zentimeter unter Wasser. Unter der Brücke an der Hildesheimer Straße fanden die braunen Fluten noch ausreichend Durchlass.
Gegen 10.20 Uhr gab es Mittwochmorgen dann Sirenenalarm. Feuerwehrkräfte wurden zu einer kritischen Lage hinzugezogen. Zum einen wurden sie an der Brücke an der Hildesheimer Straße zur Beobachtung der Lage postiert, um bei Gefahr des Übertritts und Einlaufens von Fluten in die tiefer liegende Innenstadt handeln zu können. Zum anderen hatte dieser Einsatz mit dem Rückhaltebecken Seboldshausen zu tun, das nun doch inzwischen so viel Wasser eingestaut hatte, um eine kritische Marke zu erreichen, nach der unkontrolliertes Überlaufen erfolgen würde. Um das zu verhindern, wurde entschieden, die Ablassmenge zu erhöhen. Sie stieg bis auf fünf Kubikmeter pro Sekunde, so Bürgermeisterin Schwarz am Vormittag gegenüber dem GK. Das hatte natürlich für die Unterlieger in Seboldshausen Konsequenzen, ein Übertreten der bis dahin knapp bordvoll gehaltenen Eterna war nicht auszuschließen. Ebenso musste befürchtet werden, dass beim Zusammenfluss mit der Gande an der Lohmühle ein Pegelanstieg hingenommen werden müsste. Beides ließ sich aber offenbar so managen, dass keine neuen Gefahren heraufbeschworen wurden.
Im Zuge der seit Dienstagnachmittag erreichten zweiten Meldestufe für die Gande war außer der Warnung, Fahrzeuge außer tiefer gelegenen Gebieten zu entfernen, am Mittwochmorgen auch fast die gesamte Innenstadt für den Verkehr gesperrt worden: Steinweg ab St. Georgskirche, Moritzstraße, Burgstraße, Neustadt, Plangarten und Hagen waren dichtgemacht worden – was lange Zeit die meisten Verkehrsteilnehmer schlicht ignorierten. Die Hildesheimer Straße war am Lohmühlenweg gesperrt worden, der Lohmühlenweg selbst aber auch ebenso wie der Kurhausparkplatz. Später mussten auch noch die Dr. Heinrich-Jasper- Straße und die Zuwegung zum Hotel am See gesperrt werden.
Wasserübertritte gab es indes während des Vormittags nur in einem dieser Bereiche. Deutlich entspannter sah die Lage in allen anderen Regionen des Stadtgebietes aus. Altgandersheim hatte keine bedeutsamen Uferübertritte zu verzeichnen. Die Gande strömte in Dorfmitte noch unter der Brücke hindurch, aufmerksam beobachtet durch Kameraden der Ortswehr. Zwischen Altgandersheim und Brunshausen konnte sie sich teilweise in Wiesen und Äcker Verbreitungsraum suchen. In Harrhiehausen stand in der Dorfmitte am Gasthaus Kulp wieder einmal die Senke im Wasser. Größere Probleme gab es damit nach Angaben aus dem Ort aber nicht. Der weitere Lauf der Gande ab Hildesheimer Straße blieb ungefährdet.
Die Wehröffnung – übrigens entgegen manch anderer Meldung bereits Montag in der Nacht auf Dienstag schon erfolgt – ließ die Wassermassen so breit und gut ablaufen, dass entlang des Stadions nie wirklich Überlaufgefahr bestand. Und seit etwa 11 Uhr am Mittwoch war dann endlich auch der Dauerregen zuende.rah