Teil 3

Eine Apotheke zu Gandersheim

Bestens dokumentierte Geschichte aus der Roswithastadt am Beispiel der Ratsapotheke – Die Zeit von 1805 bis 1857

Bald auch nicht mehr existierende Spuren längst vergangener Apothekenzeiten – vergangene Woche auf dem Dachboden des Gebäudes an der Stiftsfreiheit aufgenommen. Ältere Gandersheimer werden vermutlich die typische Apothekenlaterne noch über dem Eingang hängend kennen.

Bad Gandersheim. Vieles in der Geschichte des Johann Georg Julius Höfer kommt uns bekannt vor. So lesen wir in der „Acta Gesuch des Apothekers Schröder um Anlegung einer Apotheke in Greene und das zu abschlägige Bescheidung, 1805“, dass der Apotheker Schröder in Greene eine Apotheke eröffnen will. Höfer, der seine Apotheke beeinträchtigt sieht, schreibt am 20. Juni 1805 an das herzogliche Obersanitätskollegium, dass die Eröffnung einer Apotheke in Greene seine Apotheke beeinträchtigen würde und dies in einer Zeit, in der es der Apotheke sowieso nicht gut geht. Des Weiteren sei eine Apotheke in Greene auch nicht sinnvoll, da es in Greene keinen Arzt gibt. Dieser Auffassung schließt sich das Amt Greene in seiner Stellungsnahme an, das herzoglichen Obersanitätskollegium folgt den Argumenten und erteilt keine Genehmigung für eine Apotheke in Greene.

Damit war die Apotheke in Greene noch nicht vom Tisch. Dieses Thema wird noch seinen Sohn Josua Gottlieb Friedrich Höfer beschäftigen, denn im Jahre 1824 steht die Frage, ob Greene eine Apotheke erhalten soll wieder zur Debatte. So lesen wir in der „Acta die Gesuche des Apotheker-Gehülfen Carl Friedrich Hordt um eine Prüfung sowie auch um Conzession zu Anlegung einer Apotheke in Greene, und dessen abschlägige Bescheidung betr. 1826“, dass Hordt im September 1824 einen entsprechenden Antrag gestellt hat, dem er die Zeugnisse seiner bisherigen Gehilfenzeit beilegt. Es folgen dann Berichte unter anderem des Amtes Greene, die der Frage, in wie weit eine Apotheke in Greene in Anbetracht zur relativen Nähe der Gandersheimer Apotheke und der Tatsache, dass Greene keinen Arzt besitzt, wirtschaftlich überlebensfähig ist, nachgehen. Auch der Apotheker Josua Gottlieb Friedrich Höfer weist nochmals daraufhin, dass er auf die Einnahmen aus dem Amt Greene angewiesen ist.

Dem Antrag Hordt wird schließlich 1826 vom Amt Greene und dem herzoglichen Obersanitätskollegium abschlägig beschieden. Die Einstellung des Amtes Greene bezüglich einer Apotheke änderte sich 1831 jedoch. Das Amt Greene erbittet vom Staatsministerium um die Erlaubnis in Greene eine Apotheke anzusiedeln. Der Gandersheimer Apotheker Höfer ist aus den schon oben erwähnten Gründen gegen eine solche Apotheke, regt aber stattdessen an, dass er eine Filialapotheke in Greene errichten könnte. Dies wäre zum Vorteil der Bewohner des Amtes Greene, würde seine Apotheke aber wirtschaftlich nicht schädigen. 1832 wird die Entscheidung gegen die Apothekenerrichtung getroffen. Weitere Ersuche um Errichtung einer Apotheke in Greene werden mit dem Hinweis, dass Greene keinen Arzt habe, abgelehnt.

Im Jahr 1836 steht das Thema Apotheke in Greene erneut zur Debatte. Der Apotheker Schiller aus Hildesheim stellt einen Antrag auf Errichtung einer Apotheke in Greene. Nachdem sich aber ein Arzt niedergelassen hat, wird auf das Angebot von Josua Gottlieb Friedrich Höfer eingegangen, in Greene eine Filialapotheke zu errichten. An Ostern 1836 erhält Höfer zur Anlegung einer Filialapotheke eine dreijährige Konzession.
Nach dem Tode, des Josua Höfers bittet die Witwe Höfers 1839 um Verlängerung der Concession zum Betrieb der Greener Filialapotheke. Dies wird für sechs Jahre gewährt, 1844 um weitere sechs Jahre verlängert. Bis 1856, dem Todesjahr des Friedrich Höfers, wird die Greener Apotheke als Filialapotheke der Gandersheimer betrieben, dann erhält der Pharmazeut Albert Druck die Concession einer Apotheke in Greene, die Höfersche Concession wird nicht mehr verlängert, der Pharmazeut Druck ist aber verpflichtet, die Höfersche Filial-Apotheke zu kaufen.

Aus welchen Gründen genau die Apotheke zu Greene nicht mehr weiter als Filiale der Gandersheimer betrieben wurde, lässt sich aus den Akten nicht erschließen. Zur Filialapotheke in Greene sind im Besitz der Ratsapotheke einige Schriftstücke erhalten geblieben. So die Schreiben vom 27. Januar 1844 vom Physikus Dr. Stübner an den Gehilfen Schulze zu Greene und die Abschrift des Schreibens des Herrn Bode vom Obersanitätskollegium an den Physikus Stübners zu Greene vom 12. November 1843.
Aus beiden Schreiben geht hervor, das die Filialapotheke in Greene zu diesem Zeitpunkt in keinem guten Zustand war. Die Revision im September habe ergeben, das die Greener Filiale von ihrer Mutter-Apotheke stiefmütterlich behandelt würde. Der geringe Umsatz sei kein Grund für die schlechte Ausstattung, es fehle sogar am Notwendigsten. Deshalb werde nachgedacht die Apotheke zu Greene zu einer selbstständigen Apotheke zu machen. Dann folgte in diesem Schreiben die Auflistung der Mängel; der Giftschrank sei mangelhaft eingerichtet, die Tarierwaage nicht ordnungsgemäß, es fehle eine hölzerne Pillenmaschine und einige Substanzen und Medikamente wären nicht vorhanden, oder nicht in der notwendigen Menge da. Auch wenn sich die Wege 1856 getrennt haben, so ist die heutige Greener Apotheke ein Kind der Gandersheimer Rats-Apotheke.

Am 11. Dezember 1811 legt der 28-jährige Josua Gottlieb Friedrich Höfer die Prüfung vor dem Obersanitätskollegium ab und bittet um Erteilung des Apothekenprivilegs, da sein Vater Johann Georg Julius Höfer bereits alt und krank sei. Dieses wird ihm 1813 erteilt. Fünf Jahre später, 1818 wird das Privileg um weitere 15 Jahre verlängert. Für das Privileg hat er jährlich zu Michaelis (29. September) 20 Thaler an die fürstliche Amtskasse zu bezahlen.

Mit dem Privileg wird ihm des Weiteren eine Conzession zum Verkauf von Alkoholika erteilt, sofern der Apothekenbetrieb nicht darunter leidet. Für den Verkauf von gebranntem Wasser muss ein Gewerbeschein gelöst werden. Die Konzession zum Verkauf von Alkoholika wird 1836 wieder in Frage gestellt; das Obersanitätskollegium erlässt eine Verordnung, welche den Handel mit gebrannten Wasser in Apotheken untersagt. Da aber einige Apotheken, besonders in kleinen Städten, Flecken und Dörfern (aufgeführt werden zum Beispiel Gandersheim, Gittelde, Grünenplan, Bodenburg und Langelsheim) durch ihre Einnahmen, beziehungsweise Gewinne aus dem Handeln mit Arzneien alleine nicht überleben könnten, wird eine Regelung gefunden unter welchen Bedingungen der Handel mit gebrannten Wassern weiterhin erlaubt sein soll.

Der Handel wird unter anderem an das Apothekenprivileg gebunden. In diesem Zusammenhang sagt Höfer aus, dass die Apotheke ein Privileg darauf besäße, er aber seins in der westfälischen Zeit dem damaligen Maire Uhde habe abgeben müssen, und es von demjenigen nicht wiedererhalten habe. In den Akten des Obersanitätskollegium lässt sich dazu nichts finden, wohl aber die Privilegien seiner Vorgänger Seitz und Scheller.

In einem 1817 für das Obersanitätskollegium aufgestellten Verzeichnis der Ärzte, Wundärzte, Hebammen, Apothekern und Tierärzten des Stadtphysikus Dr. Spohrs können wir folgende Charakterisierung von Höfer nachlesen: „Der Apotheker ist ein geschickter und gewissenhafter Mann, der seine Offizin sehr gut eingerichtet hat.“

Ein Jahr später schreibt Spohr an das Obersanitätskollegium: „Er ist eingeschickter Apotheker von nicht gemeinen chemischen Kenntnissen; übrigens ein fleißiger und accurater Mann.“ Eine sehr positive Beschreibung, der er später auch hinzufügt: „Höfer ist in seinem Lebenswandel sehr musterhaft, auch wenn der Physikus und der Apotheker Höfer des weilen Konflikte miteinander haben.“

So notiert der Physikus 1818 in seinem Bericht, dass der Apotheker Arzneimittel zubereitet und verkauft, die nicht von approbierten oder bekannten Ärzten verordnet worden seien, was nach seiner Meinung nicht erlaubt sei. Ein Konflikt zwischen den Ärzten und Apothekern, der uns in der ganzen Geschichte der Apotheke immer wieder begleiten wird.

1822 gelangt dieser Konflikt gar vor das Kreisgericht, welches den Apotheker Höfer zu den Anschuldigungen des Physikus anhört. Höfer erklärt sein Handeln und legt seine Auffassung dar, dass sein Handlungsweise von der Medizinalordnung gedeckt sei. Diese Meinungsverschiedenheit zwischen dem Physikus Spohr und dem Apotheker Höfer hat anscheinend ihr Verhältnis nicht weiter belastet. So sind alle Revisionsberichte des Physikus Spohr sehr sachlich und positiv gehalten.

Bei der Revision am 6. September 1813 durch den Physikus wird der Zustand der Apotheke als gut befunden. Die Apotheke hatte zur dieser Zeit nur drei Lehrlinge, dessen Unterricht verstärkt werden sollte und zu größerem Fleiß angehalten werden. Kleine Mängel lagen zwar vor, diese waren nach nochmaliger Überprüfung im Dezember aber abgestellt. Auch die Revisionen ab 1820 zeigen die Apotheke in einem guten Licht. Nach der Revision 1824 bittet das Obersanitätskollegium den Physikus dem Apotheker Höfer mitzuteilen, dass das Kollegium mit dem Zustand der Apotheke sehr zufrieden sei. Auch bei den späteren Revisionen werden ähnliche Aussagen getroffen.

Bis 1834 befindet sich die Apotheke in dem von Beller 1722 erworbenen Haus am Markt Nr. 6. Dann verlegt Josua Gottlieb Friedrich Höfer die Apotheke auf das von ihm 1833 erworbene Haus auf der Stiftsfreiheit, Nr.-Ass. 269, in welcher die Apotheke sich bis zu ihrer Schließung 2019 befinden sollte. Dieses Grundstück war zusammen mit der Nr.-Ass. 268 zuvor ein Lehen der Abtei Gandersheim an die Grafen von der Schulenburg. 1830 stellten die Schulenburg den Antrag, dass das ihnen gehörende Lehen auf der Stiftsfreiheit allodifiziert werden möge. Nachdem die Allodifikation genehmigt wird, wurde die Ablösung der Lasten, die aus dem Allodifikationszins zu 12 ggr. jährlich bestand, beantragt.

Am 24. Juli 1835 erfolgt durch Höfer die Ablösung der Lasten durch die Bezahlung von 12 Rth., 14 ggr., 6 d. an die herzogliche Haupt-Finanz-Casse. Die betroffenen Grundstücke Ass. 268 und 269 haben eine Fläche von 1 Morgen 19 Ruthen 14 Qfuß.

Im Jahr 1833 wird die Concession für Josua Höfer um 15 Jahre verlängert (50 Neu 2 Gand Nr. 202), am 9. April 1836 verstirbt er. Seine Witwe Sophie bittet deshalb das Obersanitätskollegium darum, die Gehilfen Leube und Reubert zur Prüfung zuzulassen, damit diese als Provisor und Administrator die Apotheke in Gandersheim und die Filialapotheke in Greene führen können. Die Prüfungen finden im Juni statt, im Juli 1836 wird Wilhelm Leube Administrator der Höferschen Apotheke. In einer anderen Akte lesen wir aber, dass Leube seine Prüfungen schon am 31. Oktober 1832 mit „sehr gut“ abgelegt hatte. Unter Leube befindet sich die Apotheke in einem guten Zustand. So werden bei den Revisionen 1839, 1843 und 1846 nur kleine Mängel festgestellt, ansonsten wird der Apotheke einen guten Zustand bescheinigt.

Aus den Jahren 1839 bis 1844 ist uns noch der Briefwechsel zwischen dem Stadtphysikus (Dr. Spohr, später Dr. Wagner, für Greene Dr. Stübner) und dem Administrator Leube erhalten. Während zwischen Spohr und Leube ein entspanntes Verhältnis herrschte, war das Verhältnis zwischen Stadtphysikus Wagner, dem Schwiegersohn der Sophie Höfer und Leube, dem Administrator der Höferschen Apotheke, sehr angespannt.

Dies ist zum Beispiel dem Briefwechsel, der sich aus der Prüfung des Kandidaten der Pharmazie Höring ergab, zu entnehmen. So erteilt Wagner Leube im Schreiben vom 2. August 1843 die Anweisung, den in der Apotheke als Gehilfen beschäftigte Höring zu entlassen, da dieser in seiner Prüfung am 19. Juli so wenig Kenntnisse gezeigt hätte, dass er als Gehilfe nicht beschäftigt werden darf. Auch bei anderen Gehilfen der Apotheke mischte er sich ein. Er zeigt Leube an – dieser habe den Kandidaten der Pharmazie Wilhelm Plander aus Verden ohne Prüfung als Gehilfen beschäftigt – und erteilt ihm in einem Brief die ernste Weisung, in Zukunft nur noch Gehilfen zu beschäftigen, die die entsprechenden Prüfungen abgelegt hätten und vereidigt worden seien.

Wagner setzte mit seinem Vorgehen den Apotheker Leube dermaßen unter Druck, dass die Aufsicht über die Filialapotheke in Greene, wie wir zuvor schon gelesen haben, darunter litt. Im Herbst 1845 verlässt der Verwalter der Greener Filialapotheke, Schulze, die Apotheke. Friedrich Höfer bittet deshalb um einen baldigen Termin, um die Prüfungen abzulegen. Er erwähnt dabei, dass er aber nicht mehrere Tage weg sein könnte, da der Administrator Leube auf ihn nicht verzichten kann. Höfer legt 1846 die Prüfungen ab, wird Administrator in Gandersheim, Leube übernimmt die Verwaltung der Filiale in Greene bis er 1854 die Konzession für die Apotheke in Gittelde erhält.

Nachdem das Privileg der Apotheke, das im Moment noch auf seine Mutter läuft, 1848 ausläuft, ersucht Friedrich Höfer um ein Privileg auf seinen Namen. Dies wird ihm auch gewährt, nebst einer Konzession für 15 Jahre. Am 22. November 1856 stirbt Höfer, der keine Nachkommen hat. Die Apotheke soll der Gehilfe Eggert solange weiterführen, bis der Schwager von Friedrich Höfer, der Stadtphysikus Wagner seine Pharmazieprüfung abgelegt hat. Dazu kommt es aber nicht mehr. Wagner führt die Apotheke zwar noch kommissarisch, aber die Konzession wird neu ausgeschrieben.
Um die Konzession in Gandersheim bemühen sich sechs Personen.

1. Kubel, Apotheker in Eschershausen, 53 Jahre alt.

2. Werner, Apotheker in Lehre, 43 Jahre alt.

3. Tiemanm, Apotheker in Braunschweig, „sehr alt“.

4. Wilhelm Leube, seit 1854 Apotheker in Gittelde, zuvor Verwalter der höferschen Filialapotheke in Greene, Administrator in Gandersheim.

5. Moritz, Apotheker in Harzburg, 36 Jahre alt.

6. Theodor Bosse, Assistent am Collegii Carolini, 33 Jahre alt, arbeitet zu der Zeit an einer schriftlichen Ausarbeitung über das Thema „Avetum concentratum und Kalium jodatum nach der Preussischen Pharmacopoe“.

Als siebter Bewerber kommt später noch Schneider, 36 Jahre alt, Apotheker in Vechelde hinzu. Das Obersanitätskollegium spricht sich nach Prüfung der Bewerber für Theodor Bosse aus. Dass der Apotheker Bosse und nicht Leube die Konzession in Gandersheim bekam, lag wohl an den guten Beziehungen, die Theodor Bosse besaß. Denn Wilhelm Leube galt als fähiger Apotheker, der in Jena Medizin, Chemie und Botanik studiert hatte und lange Zeit erfolgreich die Höfersche Apotheke als Administrator verwaltet hatte. Des Weiteren galt er als guter Kaufmann, der durch die Herstellung von Fruchtsäften aus Waldbeeren, die er bis nach Übersee exportierte, die wirtschaftliche Grundlage seiner Gittelder Apotheke sicherte.

Theodor Bosse legt am 4. Februar 1857 seine Prüfung zur Führung einer Apotheke ab; mit dem Prüfungstermin wird ihm auch mitgeteilt, dass er die Konzession zur Führung der Gandersheimer Apotheke erhält. Dafür hat er jährlich zu Michaelis ein Recognitonsgeld von 20 Thl., 13 ggr., 4d. zu zahlen; dies wird ab dem 1. Januar 1865 abgeschafft. Der Stadtmagistrat wird informiert, dass Bosse die Konzession für 15 Jahre von Ostern 1857 bis 1872 erhalten hat. Die Kreisdirektion Gandersheim bekommt ebenfalls ein Schreiben gleichen Inhalts.rah