Emotionaler Aufschrei und eine Online-Petition

Gandersheimer wollen das alte Karussell auf dem Plangarten-Spielplatz in großer Mehrzahl erhalten wissen

Dreh- und Angelpunkt einer Diskussion, in der die Emotionen vielleicht eine größere Rolle spielen als Sachargumente: Das alte Karussell auf dem Spielplatz Plangarten. Nicht mehr das Original, aber für die große Mehrzahl der Gandersheimer offenbar doch erhaltenswert.

Bad Gandersheim. Die Leser hatten das Wort – und es wurde, zu unserer Überraschung, gerade per Mail ausgiebig davon Gebrauch gemacht, uns die Meinung zu sagen, ob Sie das Karussell auf dem Spielplatz Plangarten erhalten wissen möchten, oder ob es mit der geplanten Umgestaltung zur LAGA verschwinden sollte.

Eins vorweg: Wir hatten das neue GK-Format mit einem eigenen Pro und Contra eröffnet. Dabei steigen zwei Redaktionsmitglieder in den Ring und nehmen gegensätzliche Positionen. Vielmehr machen sie sich zum „Anwalt“ der jeweiligen Perspektive und vertreten diese. Wichtig dabei: Wer welche Position einnimmt, wird ausgelost. Die Leser sollten daher nicht dem Irrtum unterliegen, dass die vorgebrachte Auffassung sich zwangsläufig mit der persönlichen Meinung des Redakteurs deckt, der sie vertreten muss. Jemanden daher dafür anzugreifen, verbietet sich schon der Spielregel halber. Statt dessen sollte es nur um die Inhalte gehen. Das hatten wir in unserer ersten Runde vielleicht nicht deutlich genug gemacht.

Die Ausgangslage

Der Spielplatz im Plangarten wird in Anbindung an die Landesgartenschau grundlegend neu gestaltet. Dies rief zahlreiche Menschen auf den Plan, die vor allem das alte Karussell nahe des Eingangs zur alten Burg auch auf dem neuen Spielplatz erhalten wissen wollten. Dem gegenüber stand die Position, dass neu auch alles ganz neu bedeuten sollte. Dann wäre für das Karussell natürlich kein Platz mehr im Konzept.

Ein emotionales Thema, wie sich schnell herausstellte. Viele Stimmen fanden sich auf der Verfechterseite ein: Das Karussell solle unbedingt erhalten werden!

Die Reaktionen: Für Erhalt

„Warum immer alles neu? Solch ein historisches Karussell muss erhalten bleiben. Unsere Enkelkinder können sich dran erfreuen. Es muss nicht immer das neuste Highlight beziehungsweise Hightech sein. Ich, 58 Jahre, bin dort schon mit viel Spaß meine Runden mit Freunden aus Ohlenrode gefahren“, berichtet Anette Klages-Möhlmann.

Ebenfalls für den Erhalt sprach sich Dagmar Mallok aus: „Habe es selbst als Kind genutzt und jetzt fährt auch mein Sohn damit! Allerdings finde ich nicht ohne regelmäßige Überprüfung, ob es auch sicher für die Kinder ist, und es hätte mal wieder einen farbigen Anstrich nötig! Dieses gilt übrigens für alle Spielplätze der Stadt und Dörfer. Regelmäßige Überprüfung der Geräte und eventuelles Instandsetzen und mal wieder Farbe drüber wäre schön!“
Auch Familie Molo-Takenga will das Karussell behalten: „Meine Kindern sagen, das alte Karussell soll bleiben. Es funktioniert noch super und macht Spaß. Auf dem Schulhof ist kein Karussell. Wir haben nur dieses auf dem Spielplatz“.

Nostalgie schwingt bei Jörg Dörries mit: „Ich finde das alte Karussell soll erhalten bleiben. Dort haben meine Kinder schon gespielt und mein Großkind findet es auch ganz toll“.

Diplomatisch gibt sich Michael Prüsse: „Bevor sich Erwachsene darüber streiten, was besser ist – etwas Nostalgie oder was Neues – sollte man mal schauen, wie es immer noch bei den Kindern ankommt! Da zählt nicht das Baujahr, und so manch alte Spielgerät ist immer noch rüstiger als die neuen“.

Einen Schritt weiter ging im Internet im Facebook-Auftritt des GK Alina Jungesblut: Sie startete sogar eine Online-Petition für den Erhalt. „Ich finde es toll, dass der Spielplatz neugestaltet wird. Er ist zentral gelegen und wohl der schönste in Gandersheim meiner Meinung nach. Er kann ein Update vertragen, auch wenn der ‘Tunnel’ und einige andere Geräte erst um die zehn Jahre alt sind. Da geht noch mehr! Dennoch bin ich der Meinung, das Karussell zu erhalten. Auch wenn dieses nur der Nachfolger eines noch viel schönerem aus Holz ist. Ob man es restauriert oder zurückbaut zu der 1950er-Version oder vielleicht ganz ersetzt durch ein neues im gleichen Stil quasi als Andenken, das überlasse ich den Profis. Aufgrund dessen, habe ich eine Petition gestartet. Alleine aus dem Grund da online Diskussionen in dubiosen sozialen Medien nicht zu den richtigen Leuten gelangen. Da kann viel diskutiert werden und die letztendlichen Entscheider und Planer wissen davon nichts“.

Richtig ins Zeug gelegt hat sich sogar Claus Schrader, den das Thema zu einer ausgearbeiteten Lesermeinung motivierte: „‘On a carousel’ – wie hat der junge Herr Weseloh doch recht mit seiner Einstellung zu unserem alten Karussell! Wie hat der ältere Herr Hillebrecht mich doch verblüfft mit seiner Sicht auf die Vergangenheit!

Was spricht nun wirklich dagegen, dieses – man kann fast sagen ‘Wahrzeichen’ unserer Stadt – zu pflegen und damit zu erhalten? Nichts, möchte ich sagen. Ganz im Gegenteil, es ist Teil unserer Identität und somit Aufgabe, die Relikte vergangener Zeiten zu bewahren

Außerdem: Was schult und entwickelt die kindliche Motorik und Reaktionsfähigkeit und damit die Freude an Bewegung besser als diese ‘altmodischen’ Sachen wie Schaukel, Karussell und auch der bereits verschwundene ‘Drehpilz’?

Ins Museum mit dem Ding? Nein, erst recht nicht auf den Schrottplatz! Vergangenheit (Präteritum) muss lebendig bleiben, um Zukunft meistern zu können, das Besinnen auf wirklich notwendige Sachen darf nicht ad acta gelegt werden. Sonst können wir ja auch die (Heimat)Museen schließen, oder wozu einen Clus­turm wieder aufbauen, Rathäuser renovieren.

Schon der gestrige Tag ist Geschichte, es ist keine ‘nostalgische Verklärung’ wenn an eine Kindheit erinnert wird, die vorwärts gewandt, optimistisch und auch ‘robust’ gewesen ist, Mut zur ‘Selbstverstümmelung’ in Form von ramponierten Knien oder sogar einer Beule vorhanden war.

Heute ist natürlich vieles anders, sicherlich müsste der ‘Apparat’ auf technische Zuverlässigkeit geprüft und ‘aufgehübscht’ werden. Diese Aufgabe obläge wohl der Stadtverwaltung, was aber im Rahmen der LAGA-Aktivitäten ein eher geringes Problem sein sollte“.

Und seine Frau Liane Schrader fügte an: „Wer hier aufgewachsen ist, hat bestimmt so manche Runde auf dem Karusell gedreht und viel Spaß dabei gehabt, war es doch für uns Kinder der einzige Spielplatz in der Stadt mit Geräten, eine Alternative zum Spiel in der freien Natur, von der wir natürlich auch reichlich Gebrauch machten.

Das Karusell ist zwar nicht mehr im Originalzustand, es wurde den heutigen Sicherheitsbestimmungen angepasst, aber es ist doch immer noch eine Besonderheit, die nicht überall auf Spielplätzen zu finden ist.

Nach Gesprächen mit den Vertretern der vier Nachbarschaften erklärten diese sich bereit für den Verbleib des Karusells zu plädieren, wenn es weiterhin einer technischen Überprüfung standhält und somit die Sicherheit gewährleistet ist“.

Gab es Gegenstimmen?

Und die Gegenseite? Gab es auch Widerspruch zur massiven Front der Erhalts-Verfechter? Ja, aber nur so gering, dass in einem demokratischen Verfahren von einem klaren Sieg der Erhaltsseite gesprochen werden müsste.

Für Ralf Büsselmann war klar: „Als wenn es in dieser Stadt nichts Dringlicheres (marode Straßen, Leerstände, und so weiter) geben würde als dieser Haufen Metallschrott im Plangarten... Ich frage mich, warum die Bauaufsicht dieses Gerät nicht schon längst aus dem Verkehr gezogen hat. Das jetzige ‘Modell’ ist bereits ein Nachfolger des damaligen Holzkarussels, welches eine Holzfigur mittig in der Höhe aufwies. Dieses Modell wäre sicherlich erhaltenswert gewesen – beim jetzigen kann nur noch Firma Hossfeld weiterhelfen“. Und Peter Nützmann merkte bei Facebook an: „Viel zu gefährlich“.rah