Er hat für viele Hilfesuchende „das Leben sortiert“

Schuldnerberater und Mitarbeitervertreter Rolf Behn verabschiedet

Bad Gandersheim. Mehr als 23 Jahre war er Mitarbeiter bei der Schuldnerberatung Uslar und zusätzlich 20 Jahre als Mitarbeitervertreter in der MAV des Kirchenkreises Leine-Solling aktiv: Rolf Behn. Nun verabschiedet er sich mit 63 Jahren in den Ruhestand – auch aus gesundheitlichen Gründen. Und was er in den vielen Jahren erlebt hat, darüber ließe sich locker ein Buch schreiben. Bezogen auf die Schuldnerberatung sagt er: „Zu 90 Prozent war die Schuldnerberatung immer die letzte Hoffnung.“

Rolf Behn war in Uslar und Bad Gandersheim (Außensprechstunde) tätig, hat Beratungsgespräche geführt und im Laufe der Jahre viele Menschen begleitet. „Der Umgang mit den Klienten, eine Perspektive reinzukriegen, wo andere sagen: Ich weiß nicht mehr weiter – das hat mir immer am meisten Freude bereitet.“ Das Sortieren der Unterlagen haben die Klienten dabei selbst übernommen.

„Aber mit ihnen zusammen ihre Situation zu sortieren – das war immer wieder eine schöne Herausforderung für mich.“ Zuvor hätten die Klienten eben alles im Rahmen des Möglichen versucht und seien letztlich an ihren Problemen gescheitert. Die fachlich geschulten Schuldnerberater zeigen andere Möglichkeiten auf. Besonders geschätzt habe Rolf Behn an seiner Arbeit den Wechsel zwischen juristischem Denken und pädagogischem Handeln. „Geht das, was der Schuldner will? Wenn ja, wie kann ich das umsetzen?“, erklärt Behn und ergänzt: „Die Kunst ist, den Schuldner im Boot zu behalten und nicht über Bord gehen zu lassen – schließlich muss er das Ganze mittragen.“

Beispiele aus seiner Arbeit könnte er hunderte nennen. Aber einen Klienten hätte ihm mal der Hausarzt geschickt, weil er Medikamente nicht eingenommen habe – in der falschen Annahme, dass es doch wichtiger sei, seinen vorhandenen Kredit abzuzahlen, als sich Medikamente zu kaufen. Auch dafür wurde natürlich eine Lösung gefunden. „Alleine hätte ich es nicht geschafft“ oder „Sie sind das Beste was mir jemals passiert ist“ seien gern gehörte Rückmeldungen gewesen. Einmal gab es auch einen Fall, da stand Rolf Behn vor der Aufgabe, 1,3 Millionen mit 10.000 Euro zu entschulden – und auch das gelang ihm. „Da hat sogar Statistisches Bundesamt angerufen und gefragt, ob die Zahlen stimmen“, blickt der Uslarer lachend zurück. Superintendentin Stephanie von Lingen dankt Rolf Behn für seinen langjährigen Dienst:

„Er war ansprechbar, wenn Menschen die Schulden über den Kopf wachsen und keinen Weg mehr sehen. Manche kamen mit einem Stapel ungeöffneter Briefe zu ihm, verzweifelt, überfordert, im Wissen, dass dies doch wieder eine weitere Mahnung ist – und Herr Behn sortierte nicht nur die Unterlagen, sondern auch ein klein bisschen das Leben. Er half, wenn Menschen überschuldet waren. Er gab Tipps und Anregungen zur Haushalts- und Budgetplanung. Er prüfte, ob alle Forderungen rechtmäßig waren. Er gab Informationen und Hilfe bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und informierte über Pfändungsschutz."
 Zudem engagierte sich Rolf Behn als Mitarbeitervertreter im Kirchenkreis. „Zusammen mit Günter Stöfer – wir waren wirklich ein tolles Team“, blickt Rolf Behn auch hier zurück. In der großen Bandbreite zwischen den Mitarbeitenden in den Kindertagesstätten bis hin zu den Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden: Aktives Gestalten und aktive Mitbestimmung sowie fachliches Know-how standen auf der Tagesordnung.

„Für den Kirchenkreis und den Verband hat sich Rolf Behn als ein verlässliches Gegenüber und Sprachrohr der Mitarbeitenden bewährt. Gemeinsam ist viel erreicht worden. Dies möge auch in Zukunft so bleiben“, sagte Stephanie von Lingen bei der Verabschiedung in Mitarbeitervertretung. Als Beispiele seien hier die Gesundheitsvorsorge, der Arbeitsschutz, eine neue, gemeinsame Mitarbeitervertretung für Verband und Kirchenkreis, die Einführung der gemeinsamen Feier des Dienstjubiläums und die Wahl der Schwerbehindertenbeauftragten zu nennen.

Dabei stand ein offenes Ohr für die Mitarbeitenden, Mitbestimmung und Mitverantwortung im Vordergrund. „Wir hatten viel zu tun bei 600 Leuten und einem der größten Arbeitgeber in der Region. Aber wir waren wirklich eine sehr gute MAV“, sagt Rolf Behn und fügt hinzu: „Ich hatte wirklich ein spannendes Berufsleben und es war sehr erfüllend, so unterschiedliche Dinge zu machen.“red