Festakt: „Wunder der Freiheit und Einheit“

30. Jahrestag der Deutschen Einheit: Redner erinnerten an historisches Ereignis und thematisierten aktuelle Herausforderungen

Mit einem Fahnenein- und auszug begann im Glaubenszentrum Bad Gandersheim der Festgottesdienst zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit.

Bad Gandersheim. Vor 30 Jahren feierten Bürger in Ost und West die Wiedervereinigung Deutschlands. Mit einem Festakt wurde im Glaubenszentrum Bad Gandersheim am Sonnabend, dem Tag der Deutschen Einheit, an das historische Ereignis erinnert. Redner kamen auch auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu sprechen.
Nachdem junge Menschen mit den Fahnen der Bundesländer eingezogen waren, begrüßte der Leiter der Bibelschule, Helmut Kühn, die Teilnehmer des Festgottesdienstes. Er sprach vom Jubiläum eines „Wunders, das vor Augen der ganzen Menschheit geschehen ist, ohne Blutvergießen, ohne Krieg, durch viele und jahrelange Gebete zu Gott und endlos viele Kerzen“.

Kinder brachten das auf einzelnen kleinen Tafeln nachlesbare Motto des Festgottesdienstes in den Raum: Wunder der Freiheit und Einheit. Im Anschluss an den Gesang der dritten Strophe der Deutschlandhymne und einem musikalischen Lobpreis folgten mehrere Grußworte.

Mit der Wiedervereinigung sei „eine große Verantwortung für uns alle und für die kommenden Generationen verbunden“, sagte Bürgermeisterin Franziska Schwarz. Freiheit und Demokratie, die Garantie der Menschenrechte im Grundgesetz würden nur erhalten bleiben, „wenn wir dafür immer wieder aktiv eintreten, wenn wir uns denen entgegenstellen, die diese Rechte in Frage stellen, missbrauchen und mit Füßen treten“, so Schwarz, die an die Entwicklungen vor rund 30 Jahren erinnerte. Es gelte dort zu widersprechen, wo Hass und Gewalt in den Internetforen oder im realen Leben verbreitet werden. Wichtig sei es, Schwächeren zu helfen und auf die Stärke des Rechts zu setzen anstatt auf das vermeintliche Recht des Stärkeren.

Es habe Politiker gegeben, die die historischen Chancen auf internationale Vereinbarungen erkannten und die deutsche Einheit in den internationalen Einigungsprozess einbezogen. Die friedliche Wiedervereinigung sei ein „historisches Glück, ein Wunder“, aber zur Wahrheit gehöre auch, dass nicht alles perfekt gelaufen sei.

Noch immer habe in Ostdeutschland die Demokratie in manchen Teilen keine allzu festen Wurzeln geschlagen, wie an den rechtsnationalen Tendenzen und

Wahlerfolgen von Parteien und Gruppierungen zu erkennen sei, „die offen antidemokratisch und rassistisch sind und auch antisemitisch“, so die Bürgermeisterin. Leider gebe es diese Tendenzen inzwischen in ganz Deutschland. Aber die große Mehrheit der Menschen stehe zur Demokratie, „zu dem Geschenk der Freiheit, dass uns mit der deutschen Wiedervereinigung gemacht wurde“. Die Bürgermeisterin schloss mit einem Zitat des Theologen Dietrich Bonhoeffer: „Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern auf ihn verlassen.

„Diese Einheit ist ein Wunder“, griff der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Schwarz das Motto des Festaktes auf. Den Frieden in Europa, in dem sich vor 70 Jahren heutige Freunde als Feinde gegenübergestanden hätten, bezeichnete er als „unfassbares Wunder“. Er finde es „fahrlässig“, wie derzeit mit der Einheit Europas umgegangen werde. „Lassen Sie es nicht zu, dass populistische und dass radikale Kräfte den Frieden in Europa wieder kaputt machen“, lautete sein Appell.
Er gehöre zu einer Generation, die keinen Krieg erleben musste. „Ich wünsche Ihnen, dass Sie dafür arbeiten, dass Ihnen das gleiche Schicksal und das gleiche Glück wiederfährt“, sagte der Landtagsabgeordnete an die Zuhörer gewandt. Frieden sei ebenso wie Freiheit keine Selbstverständlichkeit.

Zusammenwachsen bedeute nicht nur gemeinsame Ampeln, gemeinsame Regeln in der Straßenverkehrsordnung zu befolgen. Es heiße auch „miteinander etwas zu glauben, für ein gemeinsames Deutschland zu stehen“, erklärte der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne. Osten und Westen seien für ihn nur Himmelsrichtungen, mehr nicht. Kühne bezeichnete es als Aufgabe der Politik, gleiche Bedingungen zu schaffen. Als Stichworte nannte er Rente, Lohn, soziale Bedingungen, Infrastruktur und Investitionen. „Die Mauer muss im Kopf verschwinden und das muss bei uns Politikern anfangen“, so der Bundestagsabgeordnete.

Den Festvortrag hielt der Vorstandsvorsitzende der Evangelischen Nachrichtenagentur idea, Helmut Matthies. Weitere Berichterstattung dazu folgt.art