Feuchttücher bereiten Entsorgern große Probleme

Astrid Schelle informiert Mitglieder des Stadtwerke-Ausschusses / Thematik spiegelt sich in neuer Abwassersatzung wider

Die stellvertretende Vorsitzende des Stadtwerke-Ausschusses Gunda Sälzer und die Leiterin des Eigenbetriebs Stadtwerke, Astrid Schelle, zeigen Verpackungen von Feuchttüchern (von links).

Bad Gandersheim. In die Toilette geworfene Feuchttücher sind für das Entsorgungswesen ein großes Problem. Weil ein Mitglied des Stadtwerke-Ausschusses in der vergangenen Sitzung danach gefragt hatte, informierte die Leiterin des städtischen Eigenbetriebs, Astrid Schelle, während der jüngsten Zusammenkunft des Gremiums über die Thematik.

„Wir können nicht behaupten, dass es in Bad Gandersheim gar kein Problem ist“, sagte Schelle und verwies darauf, dass der Aspekt in die neue Abwassersatzung der Stadt eingearbeitet worden ist. Grundlage ihrer Ausführungen war eine Untersuchung an der Montanuniversität Leoben in der Steiermark. Initiiert hatten sie die Stadtwerke, die als Entsorger tätig sind. Ziel war es einen eindeutigen Beweis zur Problematik von Feuchttüchern zu erhalten und Aussagen zu deren problematischer Konsistenz. Die Höhe der „End-of-Life-Kosten“, die vom Werfen in die Toilette bis zur tatsächlichen Entsorgung entstehen, spielten ebenso eine Rolle wie die Empfehlung von Maßnahmen zur Problembehandlung.

Aus der Praxis wüssten die Entsorger, „dass die Feuchttücher unsere Pumpen in den Abwasserhebeanlagen verstopfen. Sie verstopfen auch Pumpen in Kläranlagen. Dort treten dann vermehrte Wartungstätigkeiten auf, das zieht natürlich auch Personalkosten mit sich“, so Schelle. Nicht zuletzt würden sie auch Teile der Einrichtung in Faultürmen verstopfen, allerdings nicht in Bad Gandersheim.

Die Studenten teilten die Feuchttücher in drei Kategorien ein: leicht zerreißbare, die aus Zellulose beziehungsweise Viskosefasern zusammengesetzt sind, mittelschwer zerreißbare, die aus einer Mischung aus Natur- und Kunstfaserfeuchttüchern bestehen und schwer zerreißbare aus Polyester-Kunstfaser. Sie ermittelten, dass 125 Kunstfaser-Feuchttücher zu einer Verstopfung führen können. Tücher mit entsprechendem Materialanteil hätten die Tendenz zur Zopfbildung. Drohe eine Pumpe zu verstopfen, benötige sie mehr Strom. Schließlich könne es zum Stillstand kommen. Werden Kunstfasertücher zerfetzt, landen Mikroplasten im Wasser, damit in der Gande und letztendlich im Trinkwasser.

Basierend auf Probenahmen und der Sortierung des ungepressten Rechenguts in drei Kläranlagen ergibt sich, dass in einer Stadt mit der Größenordnung von Bad Gandersheim jeder Einwohner im Jahr 65 Feuchttücher verbraucht, wovon 23 Kunstfaserfeuchttücher sind. „Ich gehe davon aus, dass jeder Einwohner hier 20 Kunstfaserfeuchttücher verbraucht“, reduzierte Schelle die Zahl etwas. Die Studenten stellten fest, dass auf den meisten Verpackungen keine Angaben zur Abbaubarkeit stehen, verwies sie noch auf ein anderes Problem.

„Wer Feuchttücher benutzt, sollte sie immer in die Mülltonne werfen“, erklärte die Leiterin des Eigenbetriebs Stadtwerke. „Sie als Verbraucher haben es in der Hand, ob die Gebühren an dieser Stelle steigen oder nicht.“ Ein Kunstfaserfeuchttuch koste zusätzlich 259 Prozent des Verkaufspreises in der Entsorgung.

Deutlich war der Appell von Schelle: „Benutzen Sie bitte keine Feuchttücher, denn damit können wir die Umwelt schonen und auch das Gebührensäckel.“ 30.000 Euro würden in Bad Gandersheim in die Gebührenkalkulation eingehen wegen der Feuchttücher, „wenn wir dieser Untersuchung folgen“. Schelle: „Wir schätzen, dass es nicht so hoch ist, ich vermute es liegt bei 10.000 bis 15.000 Euro, aber die Problematik ist da.“ Es gebe zwei „Hotspots“ im Bereich der Stadt Bad Gandersheim, in denen vermehrt Kunstfaserfeuchttücher verwandt werden, berichtete sie abschließend.art