Gottesdienste entfallen – Stiftskirche aber für Gebet geöffnet

Änderungen im täglichen Leben greifen tief in die Gewohnheiten und Feste der Kirche ein

Die Stiftskirche bleibt auch weiterhin für das Gebet täglich geöffnet. Gottesdienste fallen aus.

Bad Gandersheim. Es ist ein sehr weitreichender Schritt der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig: Seit letzter Woche werden alle Gottesdienste, Konzerte und kirchlichen Veranstaltungen bis einschließlich 19. April ausgesetzt. Auch die Stiftskirchengemeinde Bad Gandersheim folgt den Empfehlungen. „Das ist eine verantwortungsbewusste Entscheidung, die sich sicherlich niemand leicht gemacht hat“, betont Thomas Ehgart, Pfarrer der Stiftskirchengemeinde. „Aber wir können angesichts der Corona-Krise nicht einfach so tun, als wären Menschen immun, sobald sie eine Kirche betreten.“

Die aktuelle Situation bedeute für alle Menschen eine Veränderung ihres Alltags, ist sich Ehgart bewusst. „Für die Lebendigkeit unseres Glaubens ist die Feier von Gottesdiensten und das Erleben von Gemeinschaft ein ganz elementarer Teil. Karfreitag und Ostern – die Auferstehung Christi – nicht gemeinsam in der Kirche zu feiern, das ist für uns ein extremer Schritt. Aber es ist eben auch ein Zeichen von Mitverantwortung und Fürsorge, damit sich das Virus nicht noch schneller ausbreiten kann“, so Pfarrer Ehgart.

Nicht nur Gottesdienste, sondern auch Konfirmandenarbeit, Kinderkirche, Jugendfreizeiten, Seniorenarbeit und Chorproben entfallen bis auf weiteres; auch das kirchliche Jugendzentrum „Phoenix“ bleibt geschlossen.

„Beerdigungen finden weiterhin statt, wenn auch unter veränderten Bedingungen“, betont Pfarrerin Meike Bräuer-Ehgart. Weitere Kasualien wie Taufen und Hochzeiten werden im Einzelfall geprüft, erklärt die Pfarrerin und bittet die Menschen, sich in diesen Fällen telefonisch zu melden.

Für die Konfirmation wird derzeit noch nach einer Lösung gesucht, zu gegebener Zeit werden die einzelnen Familien schriftlich informiert. Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Die Stiftskirche in Bad Gandersheim bleibt vorerst dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet, wenn auch unter Auflagen. Wer zum Beten kommen möchte, ist herzlich eingeladen. Während des Besuches ist es jedoch erforderlich, zu den Menschen am Empfang und zu allen anderen Besucherinnen und Besuchern mindestens zwei Meter Abstand zu halten. Die Offene Kirche bittet hierbei um große Achtsamkeit und Sorgfalt.

Wie lange das Kirchenleben „geschlossen“ bleibt, lässt sich aktuell nicht vorhersehen. „Die Situation verändert sich laufend und wir werden unser Verhalten jeweils anpassen“, so Pröpstin Elfriede Knotte. Bis dahin können die Gläubigen die Fernseh- und Rundfunkgottesdienste wahrnehmen. Außerdem bieten die Evangelischen Kirchen verschiedene weitere digitale Angebote an, wie zum Beispiel die „AndachtsApp“ der Evangelischen Kirche in Deutschland.

„Viele Pfarrerinnen und Pfarrer versuchen überdies, ihre Gottesdienste und Andachten ins Internet zu verlagern. Oft entstehen daraus ganz neue, kreative Formate. Auch wir werden zusammen mit unserem Kantor Andrej Naumovich zu den Oster-Feiertagen etwas produzieren“, stellt das Pfarrteam der Stiftskirche in Aussicht.

In diesen Tagen steht Solidarität an erster Stelle, da sind sich alle einig. „Und dazu gehört, dass ich anfange, mein Verhalten zu verändern, anstatt Witze über ausverkauftes Toilettenpapier zu machen oder Menschen zu belächeln, die vorsichtig sind“, so Pfarrer Ehgart. „Es geht darum, ob ich oder meine Kinder jemanden anstecken, für den das Virus im Extremfall tödlich sein kann. Wir haben eine Pandemie und es dauert offensichtlich länger, bis das in unseren Köpfen ankommt“.

Auch mögliche Quarantänemaßnahmen können sich problematisch auswirken – und zwar für das ganze Gemeinwesen. Wenn plötzlich wegen einer Infektion bestimmte Berufsgruppen das Haus nicht mehr verlassen dürfen, entstehen völlig neue Probleme. „Das können Männer und Frauen in der Pflege oder in den Apotheken, aber auch in den Bestattungsinstituten oder in den Feuerwehren sein, die dann 14 Tage nicht mehr zur Verfügung stehen“, betont das Team der Stiftskirchengemeinde.

So wird es vielleicht notwendig, für Menschen ohne familiäres Netzwerk einkaufen zu gehen, wenn diese zu Hause unter Quarantäne gestellt werden. Deshalb sei es in den kommenden Tagen und Wochen besonders wichtig, aufeinander achtzugeben. „Wenn jeder mithilft, steigen die Chancen dafür, dass sich das Virus langsamer verbreitet und sich die Lage nicht zuspitzt. Wir bitten Sie deshalb alle, Ihren Teil dazu beizutragen!“, so der gemeinsame Appell.red