Große Resonanz beim FDP-Schlossempfang

Fraktion hat klare Position zur Schließung Silberborns / Grascha: GroKo in Hannover unterfordert sich

Redner zu einem spannenden Thema war der Intendant der Gandersheimer Domfestspiele, der sich dabei auch als „Mutmacher“ betätigte.

Brunshausen. Mit seiner sechsten Auflage darf der Liberale Schlossempfang der Kreistagsfraktion der Freien Demokraten im Brunshäuser Rosencafé wohl endgültig als „etabliert“ gelten. Die Zahl der Anmeldungen war in diesem Jahr so groß, dass die Zahl der Plätze gerade noch reichte. Fraktionsvorsitzender Irnfried Rabe gab sich trotz des großen Andrangs bescheiden und schob den Erfolg dem Gastredner dieses Empfanges zu: Domfestspiel-Intendant Achim Lenz.
Bevor dieser zum Thema „Kultur im ländlichen Raum“ zum Zuge kam, gab es nach der Begrüßung durch Irnfried Rabe zunächst einen Blick in die politische Lage, vorgenommen vom Landtagsabgeordneten der FDP und stellvertretenden Vorsitzenden der Kreistagsfraktion, Christian Grascha aus Einbeck.

Er nahm gleich Bezug auf den, auch von Rabe kurz angesprochenen Bürgerentscheid am 27. Januar. Grundsätzlich sei es toll, dass es dieses Instrument als Werkzeug gelebter Demokratie gebe, und daher wünsche er sich auch für den kommenden Sonntag eine hohe Wahlbeteiligung. In der Sache hat die FDP eine klare Position: für eine Schließung Silberborns. Dafür gebe es sehr gute Argumente. Allein das Defizit sei mit rund 300.000 Euro jährlich zweimal so hoch wie das gesamte Budget des Landkreises für Schulausstattungen pro Jahr. Das lege nahe, man könne das Geld ohne Zweifel für bessere Zwecke einsetzen, als einem Vergangenheitsgefühl nachzuhängen. Aus Sicht der FDP, die innerhalb der großen Kreistagsmehrheit mit für die Schließung gestimmt hatte, müsse daher nach aller Vernunft am Sonntag keine Weiteröffnung befürwortet werden. Doch das liege eben nun demokratisch in der Entscheidung jedes Einzelnen nach Abwägung der Argumente.

Für den Landkreis Northeim setzt sich die FDP nach Graschas Worten stark für eine Gründerkultur ein. Zum Thema wurde eine Veranstaltung initiiert und ist bereits ein Netzwerk gewachsen. Demnächst will die FDP einen Gründerpreis ins Leben rufen. Ziel sei, den Landkreis Northeim zum Gründerkreis zu machen.

Mit Blick auf die Landespolitik fiel Graschas Urteil – nicht unerwartet – hart aus: Nach eigener Bewertung der GroKo in Hannover habe man sich bescheinigt, erfolgreicher zu sein als die GroKo in Berlin. Das sei aber nun auch nicht wirklich schwer, unkte Grascha, man habe von der Landespolitik durchaus erwarten können, die eigene Messlatte etwas höher zu legen. In vielen Bereichen gebe es keine Fortschritte. Grascha nannte die Unterrichtsversorgung an Schulen, den Digitalisierungsprozess und den Schuldenabbau als Beispiele.

Grundlegend stehe seine Partei dafür ein, den Menschen die Dinge leichter zu machen, so der Landespolitiker weiter. Dazu gehöre ein Bürokratieabbau, den die FDP immer wieder fordere. Gute Beispiele seien die komplizierten Baugenehmigungsverfahren oder die Steuererklärung, für beide gäbe es durchaus alternative Modelle, die den Bürger von vielem entlasten könnten. So viel Beifall wie es für diese Forderung gab, so schwer wird vermutlich die Umsetzung werden, bislang sind die Fortschritte solcher Bemühungen eher klein geblieben.

Die zweite Hälfte des auf eine Stunde angesetzten „offiziellen“ Teils des Schlossempfangs gehörte dann dem Intendanten der Gandersheimer Domfestspiele, Achim Lenz. Dass ihm die Kultur im ländlichen Raum schon länger ein Anliegen ist, war bekannt, umso lieber nahm Lenz nun Gelegenheit, zu diesem Thema beim Schlossempfang neue Gedanken in eine große Runde zu geben.

Lenz leitete seine Ausführungen ein, indem er darauf hinwies, dass die Festspiele in einem so kleinen Ort nur durch starke Partner so groß sein und bleiben könnten. Dies sei ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Kultur in der Fläche.

Ihm persönlich sei es seit seinem Wirken in Bad Gandersheim immer ein großes Bedürfnis gewesen, die Infrastruktur zu verstehen und Netzwerke kennenzulernen. Neben dem, was er dabei als „Haben“ verbuchen konnte, gebe es Defizite, die auch den Festspielen Probleme bereiten. Zuvorderst nannte Lenz hier das Fehlen von Hotelerie, aber auch eine in ihrer Gesamtheit festspielgerechten Gastronomie.

Im Grunde, so hätten Gespräche mit Festspielbesuchern ergeben, begännen für diese die Probleme bereits bei der Anfahrt – wenn zum Beispiel Baumaßnahmen wie an der A 7 oder B 64 dazwischen kämen. Dann folge die Parkplatzsuche im Ort. Endlich angekommen, wolle man sich vielleicht noch ein wenig zu essen gönnen, was aber nach Wegbrechen von Strukturen in den letzten Jahren aufgrund einfach viel zu geringer Kapazitäten zunehmend zum Problem werde. Mit ein wenig Sarkasmus im Unterton könne man das Festspielerlebnis ob der vielen Unwägbarkeiten in der Summe auch als Abenteuer verkaufen, scherzte Lenz.

Andererseits biete Bad Gandersheim neben einer wunderbaren Landschaft eine hohe Wohnqualität und Alleinstellungsmerkmale. Ein Event wie die Festspiele steigerten dabei den Wert des Standortes. Man müsse sich vor Augen halten, dass mehr als die Hälfte der Deutschen auf dem Lande wohnt.
In einer sich ständig verändernden Gesellschaft könne das Theater auch Antworten auf gesellschaftlich relevante Fragen geben. Der Wandel als solcher werde oft als „Verlustgeschichte“ empfunden. Dabei stimme keineswegs die Phrase „Hier geht ja gar nichts mehr/ist ja nichts mehr los“. Eine solche Haltung sei die falsche, ihr sei der Blick auf die tatsächlich noch vorhandenen Ressourcen verstellt. Anwandlungen eines Schwarz-Weiß-Denkens müssten ständig in Frage gestellt und Fakten neu beleuchtet werden, betätigte sich der Intendant als Mutmacher.

Dem Theater komme dabei auch so etwas wie die Rolle des Fitnesstrainers für den Geist zu. Theater stelle Dinge in Frage und lässt die Menschen nach neuen, ungewohnten Lösungen suchen. Theaterkultur sei ein Netz, dass die Gesellschaft zusammenhalte, so Lenz abschließend.

Besorgt hatte sich der Intendant im Zuge seiner Ausführungen auch geäußert, was diese Kulturfreiheit betreffe, denn immerhin gebe es aus rechtsgerichteten Kreisen Strömungen, dem freien Theater die Mittel zu kürzen, um wieder zu einer „nationalen Kultur“ zurückzukommen. Eine solche Entwicklung wünschte der Schweizer dem deutschen Theater auf keinen Fall.rah