Helios: Von Not- und Spezialfällen

Patienten missverstehen oftmals den Begriff der „Grundversorgung“ / Gandersheimer Haus steht stabil da

Die Helios-Klinik in Bad Gandersheim geht stabil und mit klaren Schwerpunkten in das Jahr 2018. Trotz dreier Spezialgebiete ist die Notfall-Grundversorgung auch weiter Arbeitsbasis.

Bad Gandersheim. Ein Gerücht, oder auch nur eine Mutmaßung, sind schnell im Umlauf. Das betrifft auch und gerade immer wieder das Gandersheimer Krankenhaus, die Helios-Klinik. Es reicht, dass ein Patient nicht in sein „Heimatkrankenhaus“, sondern zum Beispiel nach Northeim gebracht wird, um Vermutungen aufkommen zu lassen, das sei der Anfang eines irgendwann eintretenden Endes.

Grund genug für das Gandersheimer Kreisblatt, bei Helios nachzufragen, wie der Stand der Dinge zum Beginn des Jahres 2018 ist. Rede und Antwort standen dazu der für die Kliniken in Bad Gandersheim und Northeim zuständige Geschäftsführer Marko Schwartz, Regionalleiterin Christine Trowitzsch, der ärztliche Direktor des Hauses, Michael Marks, und Pflegedirektor Frank Schulze.

Ihre wichtigste Nachricht: Ein Eindruck, Bad Gandersheims Rang innerhalb der Helios-Gruppe werde geschwächt, sei grundlegend falsch: „Es gibt keinerlei Anlass anzunehmen, dass Northeim schwerer gewichtet würde und Bad Gandersheim etwas dadurch verloren geht“, machte Marko Schwartz deutlich.
Das Problem liege eher auf einem anderen Feld: Die allgemeine Vorstellung davon, was ein Krankenhaus mit Grundversorgung leiste, deckt sich nicht mehr mit dem, was von der heutigen Kliniklandschaft durch die Gesundheitspolitik und die Gesundheitskassen erwartet wird.

„Nehmen Sie einen Herzinfarkt als Beispiel“, führt Michael Marks an. Solche Patienten seien ohne Zweifel früher zuerst in ihr „Heimatkrankenhaus“ gebracht worden. Heute kommt ein Herzinfarkt-Patient aus Bad Gandersheim aber eben nicht in die hiesige Helios-Klinik, sondern würde direkt nach Northeim gebracht. „Der Grund ist einfach: Dort verfügt man über ein Herzkatheter-Labor, wie es heute zur Behandlung eines Herzinfarktes erforderlich ist. Bad Gandersheim hat kein solches.“

Nicht viel anders ist es bei Schlaganfällen, die nur in Häuser mit sogenannten Stroke Units behandelt werden. Im nächstliegenden Fall in Seesen.

„Die Medizin hat sich in den vergangenen 20 bis 30 Jahren enorm verändert. Früher wurde in Häusern der Grundversorgung fast alles, was möglich war, gemacht. Auch Operationen zum Beispiel, die vielleicht nur ein paar Mal im Jahr vorkamen. Das ist heute undenkbar. Wir haben eine starke Spezialisierung erlebt, ohne die Häuser der Größe Bad Gandersheims andersherum aber auch gar nicht mehr überlebensfähig wären“, erläutert Michael Marks.

Dazu gebracht hat die Gesundheitsversorgung auch die Politik. Und sorgt mit Mindestmengenfestlegungen dafür, dass diese Spezialisierung noch weiter vorangetrieben werden muss. „An sich ja nichts Schlechtes, denn der Patient würde im Falle der Wahlmöglichkeit sicher lieber einen Operateur haben, der das täglich macht, als einen, bei dem das vielleicht nur einmal im Monat vorkommt. Aber andererseits bedeutet das eben auch, dass nicht alles an jedem Krankenhaus mehr möglich ist.

Und diese Grenze, bis zu der eben die Grundversorgung bei Notfällen auch weiterhin vor Ort erfolgt, hat sich deutlich verschoben. „Wenn jemand hier ins Krankenhaus kommt, mit einem Notfall in die Notfallaufnahme zum Beispiel, dann kümmern wir uns selbstverständlich um jeden. Niemand wird weggeschickt“, macht Marko Schwartz klar.

Was dann aber weiter geschieht, sei von der medizinschen Begutachtung in der Notaufnahme abhängig. Das könne von Aufnahme in eine Station bis wieder nach Hause schicken reichen. „Wir haben nicht wenige Fälle, vor allem außerhalb der normalen Dienstzeiten, in denen Menschen mit einem Problem um Hilfe bitten, dass entweder keine Dringlichkeit hat, also kein ‘Notfall’ im eigentlichen Sinne ist, oder nicht in den Aufgabenbereich eines Krankenhauses fällt, sondern den niedergelassener Hausärzte zum Beispiel. Dann kommt eine stationäre Aufnahme eben nicht in Betracht, sie würde auch keiner Kostenprüfung der Kassen standhalten“, erläutert der Geschäftsführer.

Die Klage darüber, dass auch mit eher als Bagatellen zu betrachtenden Fällen schneller ins Krankenhaus gefahren werde, als zum Hausarzt, führen auch die kassenärztlichen Vereinigungen. Bequemlichkeit, aber eben auch falsche Vorstellungen über das, wofür Notdienste in den Kliniken an sich zuständig und da sind, dürften dahinter stehen.

Vielen könnte dabei sogar schon durch das ebenfalls in der Helios-Klinik angesiedelte Medizinische Versorgungs-Zentrum (MVZ) geholfen werden, dessen Bedeutung und Arbeit aber wieder vielen Patienten offensichtlich noch nicht ausreichend klar ist. Aufklärung tut offensichtlich Not.

Wer mit einer Verletzung, einem gebrochenen Arm, unerklärlichen Krankheitssymptomen und anderem mehr das Gandersheimer Krankenhaus aufsucht, darf wie bisher auf Hilfe hoffen. „Die ist rund um die Uhr garantiert“, versichert Michael Marks.

Zugleich sichert aber die eingangs erwähnte Spezialisierung der Gandersheimer Helios-Klinik das Überleben. Drei Bereiche sind es, in denen das Haus in der Roswithastadt stark ist: Geriatrie, Orthopädie und die Schmerzklinik, die vor allem den Bereich nutzt, der einst die Geburtsstation beherbergte. „In diesen drei Spezialbereichen gibt es zwischen Northeim und Bad Gandersheim eine enge Zusammenarbeit, die auch dazu führt, das Northeimer Patienten nach Bad Gandersheim überwiesen werden, wenn ihre nötige Behandlung dort speziell durchgeführt werden kann. Es geht also auch umgekehrt“, macht Marko Schwartz die enge Vernetzung deutlich.

Die wird gepflegt und ausgebaut. Im Rahmen der an die sich stetig wandelnden Vorgaben entstehenden Notwendigkeiten. Aber nie mit dem Ziel, das Gandersheimer Haus zu schwächen. Darauf legten alle Gesprächsteilnehmer großen Wert.rah