2020: Das andere Ostern

Keine Gottesdienste / Keine Osterfeuer / Kein gemeinsames Osterfestmahl – und doch ein lebendiges Fest

Ausschnitt aus dem Ostervideo der Stiftskirchengemeinde, das sowohl auf dem Youtube-Kanal der Stiftskirchengemeinde zu sehen war als auch vielen Gemeindegliedern zum Beispiel über Whatsapp-Gruppen zugeleitet wurde. Zahlreiche Ostergrüße von Kirchenmitgliedern waren auch enthalten.

Bad Gandersheim. Ostern 2020, das wird eines Tages im Rückblick auf unsere Geschichte in der Erinnerung einen besonderen Stellenwert einnehmen. Als das Jahr, in dem ein Virus verhinderte, dass die Menschen zu einem der wichtigsten Feste des Kirchenjahres nicht in ihre Kirchen gehen konnten. Mindestens in Bad Gandersheim zum Beispiel, wo selbst die Kirchenöffnung nur zum Gebet aus Sicherheitsgründen nicht genutzt werden konnte.

Ein Einschnitt, den die Gläubigen selbst zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges auch nur zeitweilig ertragen mussten und danach nie wieder – bis heute. Aber hier ist es keine äußere Gewalt, sondern die unsichtbare Gefahr eines Virus’, das unser normales Leben aus den Angeln gehoben und schlicht weitestgehend ausgesetzt hat.
Doch Ostern ist deshalb nicht ausgefallen. Es wurde als Fest des Lebens gefeiert, daheim. Und die Kirche, in die man nicht zu den Gottesdiensten gehen konnte, die kam nach Hause zu den Gläubigen. Bewirkt haben das viele Kreative, die in den Tagen vor Karfreitag damit begonnen haben, Osterbotschaften per Video aufzunehmen. Pastor Thomas Ehgart, seine Frau Meike, Kantor Andrej Naumovich und andere mehr wirkten daran mit. Zwei berührende Videobotschaften kamen dabei zustande: die eine zum Karfreitag, die andere zum Osterfest selbst.

Zusammen über elf Minuten tröstende, aufbauende, Hoffnung spendende Worte, untermalt von Bildern und zum Osterfest auch mit zahlreichen Osterwünschen, die Gemeindeglieder nach Aufruf an das Videoteam geschickt hatte. Die ganz andere Osterbotschaft an einem ganz anderen Osterfest, wie es keiner von uns bislang erlebt hat.

Zu sehen waren (und sind sie natürlich noch immer) die Videos bei Youtube im Videokanal der Stiftskirchengemeinde. Sie kamen vielen Gemeindemitgliedern aber auch auf anderen Wegen wie durch Whats­app-Gruppen zu. Kirchenarbeit im 21. Jahrhundert und im Zeichen einer modernen Pandemie.

Doch der Verzicht zu diesem Fest war natürlich noch weitreichender als nur auf die kirchlichen Bräuche bezogen. Auch die volktsümlichen wie die traditionellen Osterfeuer mussten komplett ausfallen. Trotzdem lag an Ostersonnbend wie Ostersonntag immer wieder ein Geruch von Holzbrand in der Luft. Viele Menschen hatten kurzerhand die Osterfeuer ins Private, ihren Garten geholt und ein kleines Lichtzeichen im Feuerkorb oder einer Feuerschale im Freien zu Ostern entzündet.

Verzichten mussten alle auch auf große Osterausflüge. Selbst Tagestourismus war unerwünscht. Was angesichts des tollen Frühlingswetters von Gründonnerstag bis Ostersonntag viele Menschen aber nicht daran hinderte, wenigstens in die unmittelbar uns umgebende Natur hinaus zu gehen. Waldspaziergänge oder Wanderungen ersetzten so den Ausflug in den Harz oder gar Osterurlaub, der vielleicht ebenfalls ausgefallen ist.
Gut zu beobachten war der – gut nachvollziehbare Drang – der Menschen ins Freien unter anderem an den Osterbergseen und vor allem auf dem Skulpturenweg. Letzterer erlebte an allen Tagen einen regelrechten Andrang. Nicht nur von Spaziergängern, sondern auch Radfahrern und Walkern sowie Läufern. Nicht immer entstand dabei der Eindruck, dass die soziale Distanz wie gewünscht eingehalten wurde, wenn größere Gruppen Gleichaltriger unterwegs gesichtet wurden.

Was krisenbedingt fehlte, waren die typischen Einkehrziele. Keine Gastronomie, keine Eisdiele, die man als Ziel einer Wanderung hätte ansteuern können. Immerhin gab es in Bad Gandersheim zum Beispiel am Plangarten bei Dal Cin oder bei Mucilli an der Füllekuhle die Möglichkeit, Eis nach Vorbestellung abzuholen, was mindestens für ein bisschen Umsatz in der Branche sorgte. Gleiches galt für viele Restaurationen der Region, die sich damit auch das Überleben sichern müssen. Ein wahrer Ersatz für unsere gewohnte Geselligkeit kann das alles natürlich nicht sein, bei zudem ersten echten „Biergartenwetter“ dieses Jahres.

Natürlich waren während der Feiertage auch die Ordnungsbehörden und die Polizei unterwegs, um die Einhaltung der Regelungen zu überwachen. Aus dem Bad Gandersheimer Revier war auf Nachfrage nur die allgemeine Einschätzung zu erfahren, dass es insgesamt recht geordnet und ruhig zugegangen sei. Eine Gesamtlage soll erst am Dienstag herausgegeben werden. rah