In vier Wochen soll in Bad Gandersheim die Ganztags-Grundschule starten

Beginn zunächst als „offene Ganztagsschule“ / SPD-Wahlabsicht zu gebundenem Ganztag verstimmt Eltern

In vier Wochen soll endlich die offene Ganztagsschule an der Roswithastraße starten

Bad Gandersheim. Die ersten zwei Wochen der Sommerferien sind herum. Und die folgenden vier werden vermutlich wie immer „im Fluge“ vergehen, dann ist es schon da, das neue Schuljahr. Für die Grundschule in Bad Gandersheim hält es eine bedeutsame Neuerung bereit: Endlich soll im September mit Schulbeginn auch die lange geplante Ganztagsbeschulung an der Roswithastraße starten.

Mit dem Thema haben sich Stadt, Rat und Grundschule bereits seit vielen Jahren beschäftigt. Zweimal sah es schon fast so aus, als werde es losgehen, doch jedesmal gab es zunächst unüberwindliche Hindernisse. Nun liegt die offizielle Genehmigung vor, sind alle Bedingungen erfüllt und startet das Angebot mit dem neuen Schuljahr.

Das zunächst als sogenannte „offene Ganztagsschule“. Daneben gibt es noch die teilgebundene und die gebundene Ganztagsschule. Die drei Modelle unterscheiden sich im Verpflichtungsgrad der Eltern und Kinder gegenüber dem Schulangebot. Am „weichsten“ ist die „offene Ganztagsschule“. Hier wird ein Ganztagsangebot durch die Schule unterbreitet, das von den Eltern für ihre Kinder angenommen werden kann, aber keineswegs muss. Das andere Extrem ist die gebundene Ganztagsschule, die für alle Schüler dann verpflichtend wäre. Die teilgebundene Ganztagsbeschulung stellt ein Mittelding zwischen beiden dar.
Von Beginn an war es für die Grundschule ein Problem, herauszufinden, welches Modell sie anstreben sollte. Es waren alle im Gespräch, die Entscheidung lag aber letztendlich in Händen der Eltern, die mehrfach in Umfragen gebeten wurden, ihre Präferenzen zu benennen. Dabei stellte sich heraus, dass die geringste Zahl sich für ein Pflichtangebot Ganztagsschule (gebunden) begeistern konnte – zumeist aus Gründen, wie alternativen Nachmittagsangeboten in Sportvereinen, Musik und Kultur, aber auch, um den Kindern noch nachmittägliche Zeit zum Spielen oder Hausaufgabenbegleitung durch die Eltern zu geben. So Teile der noch weitreichenderen Begründungspalette.

Das führte letztendlich dazu, dass als Startmodell zunächst das offene Ganztagsangebot gewählt wurde, um wenigstens erst einmal zu beginnen. Durchaus aber auch mit dem Hintergedanken, dass daraus in ein paar Jahren, wenn man erst einmal Erfahrungen und Routine gesammelt habe, auch einmal ein teilgebundenes oder gebundenes Ganztagsangebot werden kann.

Letzteres hat nun die SPD in ihr Wahlprogramm als Ziel für die neue Wahlzeit geschrieben – und damit erneut zum Teil heftige Diskussionen ausgelöst, bevor die Ganztagsbeschulung an der Roswithastraße gestartet ist. Für die SPD liegen in der verpflichtenden Variante viele Vorteile: Zum Beispiel, für berufstätige Eltern, im Erlernen sozialer Kontakte, der individuellen Förderung bei Lernschwächen, sowie, dass durch Kooperation mit Vereinen, auch sozial benachteiligte Kinder ein vollwertiges Freizeitangebot nutzen könnten.

Anna Feg vom SPD-Ortsverein führte erklärend aus: „Die Bundesregierung hat beschlossen, dass ab 2026 ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagesbetreuung eingeführt werden soll – nicht bindend.

Ein offener Ganztag ist im Prinzip der gewohnte Halbtagsunterricht mit anschließender Betreuung, die schulisch organisiert wird. Ein gebundener oder teilgebundener Ganztag wiederum bietet die Chance, den traditionellen Schulrhythmus mit 45 Minuten-Stunden aufzubrechen und beweglicher zu machen. Damit kann auch mehr Rücksicht auf die Wechsel von Lern- und Erholungsaktivitäten genommen werden. Nicht zuletzt werden Bildungsnachteile ausgeglichen.
Nicht alle Kinder und Familien benötigen diese Art der Beschulung. Es gibt aber Kinder, denen es helfen würde. Und es gibt auch Eltern, die eine Betreuung nach 12 Uhr benötigen.

Gebunden bedeutet dabei nicht, dass der Ganztag an fünf Tagen in der Woche stattfinden muss – auch das entscheidet jede Schule individuell.
Mit unserer Aussage im Wahlprogramm möchten wir deutlich machen, dass wir als SPD hinter den pädagogischen Empfehlungen stehen. Dabei werden wir weiterhin den Elternwillen berücksichtigen – in der Vergangenheit sind damit alle gut gefahren. Und die SPD fühlt sich weiterhin solchen Befragungen gegenüber gebunden. Es ist derzeit nicht abzusehen, welche Auswirkungen der Rechtsanspruch ab 2026 haben wird und ob er in einem offenen Ganztag umzusetzen ist.“

Dennoch gab es gegen die Wahlaussage Widerspruch bis hin zu der Ankündigung, Kinder im Falle einer gebundenen Ganztagsbeschulung in der Gandersheimer Grundschule anderorts beschulen zu lassen.

Dergleichen Gedanken sind aber zum September weder angebracht noch nötig. Das nun startende offene Ganztagsangebot ist ein freiwilliges. Die Grundschule hat im Vorwege die Eltern der kommenden Klassen eins bis vier abgefragt, wer es in Anspruch nehmen möchte und richtet nun während der Sommerferien das tatsächliche Angebot darauf aus. Rektorin Katharina Fischer machte in der Vorstellung des bald beginnenden Modells aber auch keinen Hehl daraus, dass es sich als schwierig erweist, zum Beispiel Vereine und externe Kräfte für Nachmittagsangebote zu gewinnen – letztlich sicher ein bedeutsamer Punkt, mit dem das Ganztagsangebot qualitativ steht oder fällt.

So sieht der „offene Ganztag“ ab September aus

Für das neue Schuljahr haben Eltern, die das Ganztagsangebot nutzen wollen, folgende Rahmenbedingungen und Möglichkeiten: Angeboten wird Ganztagsbetreuung von Montag bis Donnerstag. Freitag gibt es kein Nachmittagsangebot. In den Klassen eins und zwei folgt auf den normalen Vormittagsunterricht Betreuung und dann ein Mittagessen in der neuen Schulmensa, danach Arbeitsgemeinschaftenangebote. Die Klassen drei und vier haben bis 12.40 Uhr normalen Unterricht. Daran schließt sich eine Übungszeit an, dann Mittagessen und am Nachmittag AG-Angebote in 45-Minuten Takten. Betreuungsende für alle ist um 15.20 Uhr. Eventuellen weiteren Betreuungsbedarf kann – mindestens erst einmal für noch ein Jahr – der Hort abdecken.

Die genaue Bildung der Gruppen (und Bestellung der erforderlichen Mittagessen) erfolgt erst im Laufe dieser Sommerferienwochen nach Anmeldungseingang der Eltern. Und es gibt noch eine große Unsicherheit, die zur Zeit niemand aus dem Weg räumen oder einschätzen kann: Sollten sich die Corona-Inzidenzen wieder so bis September verschlechtert haben, dass die Schule nicht im normalen Präsenzunterricht begonnen werden kann, sondern wieder das Szenario B (Wechselunterricht) greifen müsste, gäbe es auch keinen Ganztagsbeschulungs-Start! Für diesen Fall müssten Eltern, die unbedingt eine Nachmittagsbetreuung in Anspruch nehmen müssen, ihre Kinder dann doch wieder im Hort anmelden.rah