Kirchenöffnung: Erste Gottesdienstfeiern sind im Mai wieder möglich

Kirchliches Leben kann langsam wieder starten / Nötige Hygienemaßmahmen müssen eingehalten werden

Freuen sich schon bald wieder auf gemeinsame Gottesdienste: Pfarrerin Meike Bräuer-Ehgart und Pfarrer Thomas Ehgart.

Bad Gandersheim. Seit Wochen sind die Türen der Kirchen in der Propstei weitestgehend geschlossen, auch in der Stiftskirche in Bad Gandersheim darf seit Mitte März kein Gottesdienst mehr gefeiert werden. Taufen, Konfirmationen und Hochzeiten werden verschoben, Trauerfeiern dürfen nur im kleinsten Kreis stattfinden. Auch über Ostern mussten die Gläubigen sich mit Online-Gottesdiensten, Zeitungsandachten und Grußbotschaften behelfen.

Doch nachdem im Bereich von Handel und Schulen in der vergangenen Woche erste Lockerungen vorgenommen wurden, kann nun auch das kirchliche Leben langsam und in kleinen Schritten wieder starten – so Pfarrerin Meike Bräuer-Ehgart von der Stiftskirchengemeinde Bad Gandersheim: „Wir sind froh, dass wir im Mai wieder Gottesdienste feiern können. Natürlich müssen dabei auch in der Kirche die nötigen Hygienemaßnahmen eingehalten werden.“ Unerlässlich: Maskenpflicht und Mindestabstände Unerlässlich seien beispielsweise Auflagen wie Mindestabstände oder eine Begrenzung der Besucherzahl; aber auch eine Maskenpflicht, der Verzicht auf das Singen und gegebenenfalls eine namentliche Erfassung der Teilnehmer.

Einzellösungen hält Pfarrerin Bräuer-Ehgart allerdings für keine gute Idee: „Wir wollen keinen Flickenteppich, sondern eine möglichst einheitliche Regelung, auch in der Fläche.“ In welchen Kirchen bald wieder Gottesdienste gefeiert werden, wird auch von der Größe der Gebäude abhängen – es muss gewährleistet sein, dass die Abstandsregeln eingehalten werden können. Als ersten möglichen Termin für einen Gottesdienst nennt Pfarrerin Bräuer-Ehgart Sonntag, 10. Mai 2020.

Die tägliche Öffnung der Stiftskirche wäre ab dem 12. Mai denkbar, auch die musikalischen Vespern seien für die aktuelle Situation ein geeignetes Format. „Wir sind erleichtert, dass wir wieder öffnen können. Wobei an erster Stelle immer die Verpflichtung steht, verantwortlich und mit Augenmaß zu handeln“, betont Pfarrer Thomas Ehgart.

Die letzten Wochen waren für die Gemeindemitglieder, aber auch für Pfarrerinnen, Pfarrer, Kirchenmitarbeitende und Ehrenamtliche nicht leicht. „Ich erlebe aktuell, dass die Stimmung angespannter wird, je länger die Situation andauert. Das ist eine echte Geduldsprobe, die Nerven liegen oft blank. Viele Menschen haben finanzielle Sorgen, sie haben Angst um ihre Unternehmen, sind in Kurzarbeit oder müssen Homeoffice und Kinderbetreuung unter einen Hut bekommen. Das ist eine große Herausforderung“, betont Bräuer-Ehgart.

Viele Menschen litten zudem unter der Kontaktsperre, fühlten sich einsam und isoliert. Auch für Kinder und Jugendliche sei die Situation schwierig. Es fehle an Tagesstruktur, an Treffen und Austausch mit anderen. Auch sie selbst und ihr Mann, Pfarrer Thomas Ehgart, versuchen derzeit, Arbeit und die Betreuung ihrer drei Kinder zu Hause zu managen: „Bei den meisten werden die Nerven dünner, da nehme ich mich gar nicht aus“, so Bräuer- Ehgart. Auch der Bedarf an Seelsorge wachse, erlebt die Pfarrerin. „Wir wollen an den Menschen dran bleiben, so gut es eben geht. Unser Kantor hat beispielsweise unseren vielen Chören eine musikalische Botschaft geschickt, mit unseren Konfirmandinnen und Konfirmanden sind wir über WhatsApp in Kontakt. Aber Gemeinschaftserlebnisse sind natürlich nur bedingt auszugleichen.“

Die Stiftskirchengemeinde hat einiges auf die Beine gestellt, um die Menschen zu erreichen. Mit der Aktion „Luft & Liebe“ wurden Blumengrüße ausgeliefert, zu Ostern hat die Gemeinde zwei selbstgedrehte Video-Grußbotschaften versendet, dazu kamen Zeitungsandachten. „In der aktuellen Situation ist es wichtig, die Hoffnung am Leben zu halten, Mut zu machen, die Leute zu berühren und aus dem Leben zu sprechen. Wir wollen dem, was die Menschen bewegt, eine Stimme geben“, erklärt Bräuer- Ehgart. Jeder habe sein eigenes Päckchen zu tragen in der derzeitigen Krisen-Situation. „Die Perspektive ist unklar, das verunsichert. Wann machen die Kindergärten wieder auf? Wann kann ich wieder normal arbeiten? Wann darf mein Unternehmen öffnen? Diese Fragen bedrücken die Menschen und sorgen für innere Unsicherheit. Viele schlafen schlecht, sind erschöpft“, so ihre Erfahrung. Auch im Alltag mache sich das bemerkbar. „Jedes Gespräch dauert viel länger als sonst, auch ganz einfache Terminabsprachen. Jeder hat einen großen Gesprächsbedarf, möchte sich mit anderen austauschen, von seinen Erlebnissen erzählen. Nun wartet die Stiftskirchengemeinde zusammen mit den anderen Gemeinden in der Region auf die genauen Vorgaben der Landeskirche und der Propstei. „Wir werden uns in den kommenden Tagen auch auf Propsteiebene intensiv damit auseinandersetzen, wie wir die Hygienekonzepte in unseren Kirchen umsetzen können, um gelingende Formen kirchlichen Lebens unter den gegenwärtigen Umständen zu ermöglichen. Aber wir müssen dabei mit Augenmaß vorgehen und gucken, was machbar und verantwortbar ist, auch mit Blick auf die Festgottesdienste an Himmelfahrt und Pfingsten!“, betont Meike Bräuer-Ehgart. Konfirmationen unter Vorbehalt auf September verschoben Für die ausgefallenen Konfirmationen gibt es bereits einen Nachholtermin: Sie wurden – unter Vorbehalt – auf den September verschoben. Mindestens so lange müssen sich auch die Mitglieder der Kirchenchöre gedulden: Chorund Ensembleproben sind bis auf weiteres untersagt.red