KLARO No14: Initiativgruppe kämpft um Erhalt

Nachbarschaftszentrum bleiben nur noch rund zwölf Wochen / Verschiedene Modelle in Überlegung

Frühstück im Nachbarschaftszentrum: Solche wie andere Angebote fanden in den vergangenen drei Jahren guten Zulauf. Sollte das alles mit Ende März zuende sein?

Bad Gandersheim. Die Zeit ist knapp: Bis zum Auslaufen der Projektförderung – und damit dem Ende des Nachbarschaftszentrums KLARO No14 im ehemaligen Haus der Diakonie neben dem Bürgerbüro sind es vielleicht nur noch knappe zwölf Wochen. Ende März endet die auf drei Jahren angelegte Förderung. Das ist nicht neu und war von Beginn an bekannt. Alle Beteiligten und zahlreichen Ehrenamtlichen waren aber in das Projekt eingestiegen mit der Hoffnung, dass es zeitig gelingen werde, eine Verlängerung für das Projekt zu erwirken. Diese Hoffnung hat sich bis heute leider nicht erfüllt.

Schlimmer noch: Das gesamte Projekt droht auch seines Hauses verlustig zu gehen. Das ehemalige Haus der Diakonie – ein Haus mit längerer Kirchengeschichte, weil hier vorher auch schon einmal das Pfarrhaus des Kirchenbezirkes Bad Gandersheim Süd beheimatet war – steht schon lange nach der Verlagerung der Außenstelle der Diakonie ins Haus des Stiftskirchenbüros auf der Liste der Objekte, die die Landeskirche gern veräußern möchte.

Dass dies noch nicht geschehen ist, war 2015 zuerst dem Flüchtlingsstrom zu verdanken, denn die Bewältigung der damit verbundenen Aufgaben fand in diesem Gebäude mit den in der Integrationsarbeit Tätigen Unterbringung. Dann kam auch das Projekt des Nachbarschaftszentrums dazu und damit ab 2017 eben dieser Förderzeitraum, der nun mit dem März dieses Jahres endet.

Für die Landeskirche das Signal, ihr Gebäude im Barfüßerkloster erneut zum Verkauf auszuschreiben. Das sollte ab 1. Januar der Fall sein, so erfuhren die Ehrenamtlichen des Nachbarschaftszentrums aus Presseveröffentlichungen. Die Preisgabe der Absicht verschreckte bereits offenbar einen ernsthaften Interessenten.

Ob das Gebäude nun seit Jahresbeginn tatsächlich auf dem Markt ist, war am Dienstag nicht in Kenntnis zu bringen. Das Landeskirchenamt Wolfenbüttel geht mit den Immobilien, die es veräußern möchte, nicht offensiv über bekannte Internetplattformen an den Markt, sondern verweist auf der eigenen Internetseite darauf, dass man auf Anfrage erfahren können, wo welche Immobilien zurzeit angeboten werden.

Auf jeden Fall, so Stefan Manzeck und Rolf Ninke im Gespräch mit dem Gandersheimer Kreisblatt am Anfang dieser Woche, sei für die Gruppe Ehrenamtlicher, die sich für den Erhalt des Konzeptes Nachbarschaftszentrum einsetzt – und dies am besten in der derzeit genutzten Immobilie – aus dieser Konstellation ein erheblicher Zeitdruck erwachsen.

Die Turbulenzen machten es zudem schwer, sich ganz darauf zu fokussieren, ein zukunftsfähiges Konzept zu erstellen, weil sich die Gruppe immer wieder mit Randeinflüssen befassen müsse. Es herrsche daher schon gelegentlich so etwas wie eine „Endzeitstimmung“. Zurzeit bemüht sich die Initiativgruppe zuvorderst darum, zu klären, wer alles hinter dem Projekt stehe und sich damit auch für dessen Fortsetzung einsetzen werde. 20 Namen stehen bereits auf der Liste.

Bad Gandersheim brauche eine solche Einrichtung ohne Frage, macht ein weiterer Teilnehmer an der Gesprächsrunde deutlich, der nicht namentlich genannt werden wollte. Das Nachbarschaftszentrum habe es in den vergangenen Jahren geschafft, einen Platz im Leben der Stadt zu bekommen, an dem viel Gutes passiert sei. Und das tue letztendlich der ganzen Stadt gut.

Ideen und Konzepte, wie es weitergehen könnte, sind vorhanden. So kann die Initiativgruppe schon jetzt auf einen umfänglichen Konzeptentwurf verweisen, in dem alles bis ins Detail durchgeplant ist. Vor allem der Aspekt eines Mehrgenerationenhauses ist dabei immer wieder wichtig. Solche sind dereinst von Ursula von der Leyen als Familienministerin gefordert und gefördert worden, mittlerweile bestehen davon bundesweit über 500, unter anderem in Seesen.

Während in Bad Gandersheim derzeitiger Träger des Nachbarschaftszentrums die Diakonie Braunschweig ist, werden die Mehrgenerationenhäuser in der Regel durch Vereine vor Ort getragen. Möglicherweise müsse man auch in der Roswithastadt diesen Weg gehen und einen Verein gründen, so Stefan Manzeck, denn die Diakonie werde offenbar das Projekt Nachbarschaftszentrum nicht weiter tragen wollen.

Bei der Diakonie wird die Aufgabe der Migrantenhilfe bleiben, die könne sie aber auch aus einem Büro im Elisabeth-Haus neben der Stiftskirche leisten. Die Flüchtlingsarbeit, so Manzeck dazu, sei ein wichtiger Teil im Haus am Barfüßerkloster gewesen, bevor das Nachbarschaftszentrum hinzu kam. Und was im Bereich der Integration in Bad Gandersheim geleistet worden sei, könne als beispiellos gelungen bezeichnet werden.

Viele Migranten nutzen auch heute noch die Angebote des Nachbarschaftszentrums. Und kommen dabei und darüber mit Einheimischen in Kontakt. Die Gandersheimer Nutzer des Nachbarschaftszentrums schätzen den ungezwungenen Kontakt zu Menschen, denen sie sonst vielleicht nie begegnet wären. Aus dem Kennenlernen ist nicht selten mehr geworden. Im Nachbarschaftszentrum auf jeden Fall die gemeinsamen Aktivitäten.

Die Bestrebungen zu einem Erhalt gehen in mehrere Richtungen, so die Gruppe. Prinzipiell möchten alle die Einrichtung am liebsten natürlich im Haus Nr. 14 an der Stiftsfreiheit am Eingang zum Barfüßerkloster behalten: „Es gibt aus unserer Kenntnis keinen anderen Ort, an dem die Einrichtung besser aufgehoben wäre. Sie hat genug Platz in diesem Haus, das sich das Nachbarschaftszentrum selbst so eingerichtet hat. Die Lage ist geschützt, Eltern können die Kinder vor der Tür spielen lassen, ohne Angst vor Verkehrsgefahren haben zu müssen und noch andere Vorteile mehr“, sagt Stefan Manzeck. Das böten alternative Räumlichkeiten, so man solche im Gespräch gehabt habe, nicht.

Dennoch ist die Gruppe realistisch genug, auch für den Fall zu planen, dass die Beheimatung im alten Diakoniehaus mit dem 1. April endet. Es gebe sogar mehrere Alternativüberlegungen, primär versuche die Initiativgruppe aber natürlich, das Projekt am jetzigen Standort zu halten und weiterzubetreiben – auch eventuell unter einem neuen Hausbesitzer und als Mieter in der Immobilie, sollte es bei der Landeskirche keine neue Entwicklung mehr geben.

Es fällt den Beteiligten der Initiativgruppe zur Rettung des Nachbarschaftszentrums weiterhin schwer, zu verstehen, warum gerade zwei Einrichtungen wie Landeskirche und Diakonie sich nicht offensiver hinter den Erhalt des Projektes stellen. Pröpstin Elfriede Knotte habe noch im Dezember auf Landeskirchenebene versucht, Einstellungen zu erfragen oder im Sinne des Projektes zu verändern. Konkrete Inhalte sind noch nicht bekannt geworden, auch das GK hatte noch keine Gelegenheit, sie in Erfahrung zu bringen. Wohl aber wurde bekannt, dass man seitens der Landeskirche eher distanziert mit der Angelegenheit umgehe.

Die Arbeit geht zügig weiter. Anfang nächster Woche ist das nächste Treffen der Gruppe angesetzt, und danach findet ein Gespräch mit Citymanager Alexander Rudnick statt. Wer weiß, welche neuen Perspektiven sich daraus ergeben.rah