„Kunst bringt Freude, ist ideeller Gewinn“

Im Portrait: Karl Brunnarius / Vorsitzender des Verbandes der Kunst- und Antiquitätenhändler Niedersachsen lebt in Gandersheim

Karl Brunnarius spricht im GK-Interview über Veränderungen in der Kunst- und Antiquitätenszene.

Bad Gandersheim. „Kunst sollte man nicht als Anlage betrachten. Kunst bringt Freude, ist ein ideeller Gewinn“, sagt Karl Brunnarius. Er zählt zu den Männern vom Fach. Der 58-Jährige, der in Bad Gandersheim lebt, ist Vorsitzender des Verbandes der Kunst- und Antiquitätenhändler Niedersachsen und als öffentlich vereidigter und bestellter Sachverständiger für Europäische Möbel bis 1850 tätig.

Der Trend gehe weg von alter Kunst, für welche die Preise ins Bodenlose gefallen seien, hin zur Moderne, so Brunnarius. Der Hype um Kunst habe in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts begonnen und bis etwa zur Jahrtausendwende angehalten. Der damit einhergegangene Preisanstieg erwies sich als Blase, berichtet der Verbandsvorsitzende, der im Jahre 2000 nach Bad Gandersheim kam und seit dem 23. Lebensjahr bereits viele Erfahrungen im Handel mit Kunst gesammelt hatte.

1950 in Hannover geboren, war er in Lehrte und Burgdorf zur Schule gegangen, um diese mit dem Realschulabschluss zu verlassen. Sein Vater, ein Kupferschmiedemeister, habe ihm geraten, erst einmal etwas zu machen, von dem er sich notfalls ernähren könne. Daraufhin entschied sich der Sohn für die Laufbahn als Tischler, weil Holz ein „angenehmer Werkstoff“ ist. „Nach zweieinviertel Jahren habe ich in Lehrte meinen Gesellen gemacht und die Begabtensonderprüfung bei der Evangelischen Kirche, um zum Hochschulstudium zugelassen zu werden“, berichtet er.

In Hermannsburg begann er bei einem Bildungsträger der Kirche das Studium der Theologie. Dort lernte er seine erste Frau kennen, deren Studiengang nach einem Jahr aufgelöst wurde. Da Brunnarius kein großes Interesse an der Fortsetzung seines Studiums gehabt habe, sei das Paar weggezogen nach Schleswig. Durch seinen Schwiegervater, der als Chemiker gearbeitet hatte und begeisterter Kunstsammler war, wurde bei ihm das Interesse für seinen späteren Erwerbszweig geweckt.

„Zuerst habe ich Möbel gekauft, die ein bisschen ramponiert waren und die ich selbst restauriert und wieder verkauft habe“, erklärt Brunnarius. Die Möbel stammten unter anderem von Auktionen, bei denen Nachlässe versteigert werden. Sein erstes Objekt war eine Biedermeierkommode, die er bei einem Trödler erworben hatte und die unter anderem abgebeizt und mit Schellack poliert werden musste.

Nach 15 Jahren in einem Bauernhaus bei Hännigsen erwarb er 1988 in einem Ortsteil von Bodenwerder ein klassizistisches Herrenhaus aus dem Jahre 1798 und großen Nebengebäuden. „Wir haben an allen großen deutschen Kunstmessen teilgenommen, was dann so richtig den geschäftlichen Schub brachte“, erläutert Brunnarius rückblickend.

Da seine damalige Frau eine Schwester hatte, die in Kanada lebte, flog das Paar häufiger in das nordamerikanische Land, in dem es an der Ostküste Hausbesitzer wurde. Wenige Wochen nach der Rückkehr starb seine Frau an einer Grippe. Brunnarius verkaufte den Bestand an Möbeln und Silber des Klassizismus sowie hochwertigem Glas und das Herrenhaus.

Aus steuerlichen Gründen erwarb er im Jahre 2000 zusammen mit einem Freund das Anfang des vergangenen Jahrhunderts gebaute Haus Moritzstraße 39 in Bad Gandersheim, später übernahm er den Anteil des Geschäftspartners. „Ich habe ein Faible für alte Häuser“, so der Sachverständige, nach dessen Worten in der Roswithastadt damals „alles belebt“ gewesen ist. Impulse könnte es bringen, wenn leerstehende Läden in Parterrewohnungen für ältere Leute umgebaut würden, lautet die Einschätzung von Brunnarius, dessen zweite Frau eine Praxis in dem Gebäude betreibt.

Sein Interesse am Kunsthandel konzentrierte sich nach dem Umzug in die Domstadt auf Objekte der nordamerikanischen Indianer und dann auf Kunst der Eskimos. Gestaltet wurde diese unter anderem mit dem „maritimen Elfenbein“ wie Walzähnen und den „Riesenhauern“ von Walrossen. Die Werke spiegelten wider, dass die Kunst der Eskimos sehr stark von Geistern und Schamanen beeinflusst wird, „weil sie sich viele Dinge, die für uns ganz natürlich sind, nicht erklären können“. Mittlerweile hat Brunnarius sein Gewerbe abgemeldet und ist nur noch als Sachverständiger tätig.

Häufig würden Möbel gekauft, bei denen die Alterszuschreibung nicht stimme, schilderte er eine Erfahrung aus seiner beruflichen Tätigkeit. Bei Möbeln, bei denen während der Restauration etwas schiefgegangen sei, müssten Wertverluste festgestellt werden. Seine Aufgabe als Landesvorsitzender sieht er im wesentlichen in Lobbyarbeit. Stünden im gesetzgeberischen Sinne Maßnahmen an, dann müsse versucht werden, diese in eine Richtung zu bewegen, „die nachher auch praktikabel ist". Wichtig sei es, immer zu wissen, „wo liegt was bei wem auf dem Schreibtisch, um dann manchmal auch die Dinge auf einen Schreibtisch zu befördern, wo man glaubt, dass es dann besser läuft“.art