Kurhaus: Reaktionen und Folgen

Erfolgreiche Versteigerung ist nicht gleichbedeutend mit sicherem Eigentümerwechsel

Noch vor dem Termin: Da standen noch mindestens 256.000 Euro zum Gebot...

Bad Gandersheim. Es brauchte schon ein wenig, um das sacken zu lassen, was da am Freitagnachmittag in Köln geschehen war: Das Kurhaus – von allen, die es näher und vor allem seinen aktuellen Zustand sowie die altbekannten Probleme mit der Immobilie kennen – vermutlich schon nicht so hoch taxiert, wie bei der Auktion in Köln das Mindestgebot lag, ging nicht zu diesem oder knapp darüber, sondern fast das Doppelte weg. Zuschag für genau eine halbe Million Euro. Das – wie gesagt – musste man erstmal sacken lassen.

Am schnellsten fand Volkes Stimme die Fassung wieder, nachdem auch hier in den ersten Reaktionen auf die Sofortmeldung des Verkaufs im GK (das zu dem Zeitpunkt im Übrigen allein auf weiter Flur blieb mit dieser Meldung) erst einmal ungläubiges Staunen und Fassungslosigkeit über den Ausgang des Bieterrennens waren.

Was danach folgte, war an sich etwas, das Zugezogene immer wieder als „Gandersheim-typisch“ bezeichnen: Skepsis und Unglaube daran, dass mit dem (möglichen) Besitzerwechsel sich etwas zum Besseren wenden könnte. Natürlich äußerte der eine oder andere Kommentar auf Facebook auch Hoffnung, dass sich mit dem Erwerb ein Investor engagieren werde, der Lage und Ort zusammen mit der kommenden Landesgartenschau als Chance erkannt habe und neben dem Ersteigerungsbetrag auch über genug Hintergrund verfüge, nun das Haus zu modernisieren und wieder in Gang zu bringen.

Doch dergleichen positive Szenarien wurden schnell von den Kommentaren eingeholt und niedergestampft, die nichts mit einer solchen Hoffnung anfangen konnten. Unter Hinweis auf Entwicklungen der Vergangenheit maß man dem Verkauf keine förderliche Wirkung für Bad Gandersheim bei. Meistgeäußerte Vermutung als Kaufgrund: Spekulation. Ein wenig ist diese Haltung angesichts einer Reihe von angekündigten, aber bislang nicht im Ansatz begonnenen Projekten auch nachvollziehbar. Und sie wird im Falle des Kurhauses wohl ebensowenig weichen, solange nicht ein Name, ein klares Konzept und am allerbesten ein Baubeginn vorliegen.

Auch Person oder Hintergrund des Käufers sind zu Wochenbeginn nur dem Auktionshaus bereits bekannt. Weder beim bisherigen Eigentümer noch der Stadt hat er sich schon gemeldet. Eine Kontaktaufahme mit der Stadt wird aber auf jeden Fall noch erforderlich sein. Aus zwei Gründen.

Zum einen hat die Stadt im Falle der Veräußerung dieser Immobilie ein sogenanntes Vorkaufsrecht (siehe unten), auf das sie bislang nicht offiziell verzichtet hat, wie Stadtsprecher Manfred Kielhorn dem GK noch am Freitag versichert hatte. Dies geschieht ansonsten im Wege sogenannte Vorkaufsverzichterklärungen, die notariell bescheinigt werden müssen.

Und zum Zweiten liegt das Kurhaus in einem förmlichen Sanierungsgebiet, womit die Stadt als Sanierungsträger ein zweites Mal ihr Placet zum Verkauf unter dem Gesichtspunkt geben muss, ob dieser und die anschließenden Vorhaben mit der Immobilie mit den Sanierungszielen zusammenpassen.

Aus Vorgesagtem ist leicht abzulesen, dass nach dem spannenden Moment, ob und zu welchem Preis das Kurhaus einen neuen Eigner finden würde, die an sich fast spannendere Phase noch folgt. In den kommenden Tagen, vielleicht auch Wochen wird noch so mancher Schritt zu gehen sein, bis es tatsächlich heißt: Neuer Eigentümer der Imobilie ist:...

Vorkaufsrecht: Wie geht das eigentlich? Instrument, mit dem eine Kommune Einfluss auf innere Entwicklungen behalten kann

Im Zusammenhang mit dem Auktionsverkauf des Gandersheimer Ex-Kurhauses taucht immer wieder der Begriff des kommunalen Vorkaufsrechtes auf, das die Stadt auch im Fall dieser Immobilie hat. Was hat es damit auf sich?

Prinzipiell ist das gemeindlichen Vorkaufsrecht das Recht der Gemeinden, ein Grundstück mit dem Vertragsinhalt zu erwerben, zu dem es an einen Dritten veräußert werden soll. Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde ist das Vorliegen eines Kaufvertrags. Bei einem dem Verkauf wirtschaftlich gleichkommenden Rechtsgeschäft (zum Beispiel Tauschvertrag) wird kein Vorkaufsfall ausgelöst. Dasselbe gilt für eine Schenkung, eine Erbauseinandersetzung, einen Konkurs oder eine Zwangsvollstreckung.

Der Gemeinde steht ein allgemeines Vorkaufsrecht an bebauten und unbebauten Grundstücken in folgenden Bereichen des Gemeindegebiets zu:

• im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Grundstücke handelt, für die eine Nutzung für öffentliche Zwecke (Verkehrs-, Grün-, Gemeinbedarfs-, Versorgungs- und Entsorgungsflächen) festgesetzt ist. Der Bebauungsplan muss rechtsverbindlich sein; ein einfacher Bebauungsplan reicht aus (§ 30 BauGB)

• in einem Umlegungsgebiet (§§ 45 ff. BauGB)

• in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich (§§ 136, 165 ff. BauGB). Dieser Fall ist in Bad Gandersheim auch zutreffend.

• im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung (§ 172 BauGB).
Über das allgemeine Vorkaufsrecht hinaus kann die Gemeinde durch Satzung ein besonderes Vorkaufsrecht begründen:

• für Grundstücke in Gebieten, in denen sie städtebauliche Maßnahmen, etwa die Aufstellung eines Bebauungsplans oder die Ausweisung eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs, in Betracht zieht.

Die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch die Gemeinde bedeutet, dass sie als Käuferin in den bestehenden Kaufvertrag zu denselben Bedingungen eintritt, und damit grundsätzlich auch in die Verpflichtung, den Kaufpreis zu bezahlen. Die Kommune hat das Wahlrecht, lediglich zum Verkehrswert zu erwerben, dann aber mit der Folge, dass (nur) der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten kann.

Heißt im Klartext für Bad Gandersheim: Zieht die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht, müsste sie den Kaufvertrag zum Preis von 500.000 Euro übernehmen. Will sie diesen Preis nicht bezahlen, muss sie den Wert anbieten, der nach Verkehrswertgutachten festgelegt wurde. In dem Fall (der deutlich niedriger als der Auktionspreis liegen dürfte) hat aber der aktuelle Eigentümer die Möglichkeit, auszuschlagen.

Das Vorkaufsrecht darf nur dann ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt (§ 24 Abs. 3 BauGB). Es muss also ein öffentliches Interesse vorliegen, das das Vorkaufsrecht erforderlich macht. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde; abzuwägen sind die öffentlichen Belange an der Nutzung des Grundstücks für öffentliche Zwecke mit den privaten Belangen der Vertragsparteien. Dies bedeutet eine grundsätzliche Einschränkung für die Ausübung des Vorkaufsrechts; das erworbene Grundstücke muss also ihrem Zweck zugeführt werden. Bei Wohnbaugrundstücken hat sie diese an Bauwillige zu veräußern.

Ein Vorkaufsrecht besteht nicht bei einer Schenkung, bei einem Tausch, bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen und bei Erb- oder Vermögensauseinandersetzungen.

Es besteht gemäß § 27a BauGB auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde das ihr zustehende Vorkaufsrecht zugunsten Dritter ausübt. Voraussetzung ist allerdings, dass dieser die Wohnbaugrundstücke dem sozialen Wohnungsbau oder dem Wohnbedarf eines besonderen Personenkreises zuführt. Somit ist die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Gemeinde auch zugunsten eines Bauträgers zulässig, der entsprechende Verpflichtungen eingeht. Darüber hinaus kann das Vorkaufsrecht auch zugunsten eines Bedarfs-, Entwicklungs- oder Sanierungsträgers ausgeübt werden.

Das Vorkaufsrecht wird durch Bescheid gegenüber dem Grundstückseigentümer ausgeübt. Mit Zustellung des Bescheids wird der Kaufvorgang zwischen Gemeinde und Verkäufer wirksam; ein mit einem anderen Käufer abgeschlossener Kaufvertrag wird somit unwirksam.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist seitens der Gemeinde zu begründen. Es darf nur innerhalb von zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertragsabschlusses an die Gemeinde ausgeübt werden. Zur Mitteilung des Abschlusses ist der Notar verpflichtet.

Käufer kann Vorkaufsrecht auch abwenden

Der Käufer kann die Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 27 BauGB abwenden, wenn die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist, der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist dementsprechend zu nutzen, und er sich vor Ablauf der Frist (zwei Monate) hierzu verpflichtet. Weist eine auf dem Grundstück befindliche bauliche Anlage Missstände oder Mängel auf, kann der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts abwenden, wenn er diese Missstände oder Mängel binnen angemessener Frist beseitigen kann und er sich vor Ablauf der Frist zur Beseitigung verpflichtet.
Diese Frist kann auf Antrag des Käufers um weitere zwei Monate verlängert werden.

Die Ausübung des Vorkaufsrechtes ist im Einzelfall für den Erwerber bedauerlich, für den Verkäufer finanziell aber ohne Nachteil, weil mit der Ausübung des Vorkaufsrechtes die Kommune in den bereits abgeschlossenen Kaufvertrag eintritt. Sie hat deshalb alle die Verpflichtungen zu erfüllen, die Käufer und Verkäufer dieses Kaufvertrages ausgehandelt haben. Dies gilt in allererster Linie für den Kaufpreis. § 28 BauGB bestimmt mit Hinweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, dass die Gemeinde mit ihrem Eintritt in den Kaufvertrag grundsätzlich auch den ausgehandelten Kaufpreis bezahlen muss.
Nach § 28 BauGB (Baugesetzbuch) hat die Gemeinde ein Wahlrecht: überschreitet der zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert in erkennbarer Weise deutlich, braucht die Gemeinde nur den Verkehrswert zu bezahlen. In diesem Fall hat nur der Verkäufer das Recht, den Kaufvertrag rückgängig zu machen.

Besteht an einem Grundstück kein Vorkaufsrecht oder übt die Gemeinde das ihr zustehende Vorkaufsrecht nicht aus, ist dem Verkäufer ein Negativzeugnis über das Nichtbestehen oder die Nichtausübung des Vorkaufsrechts auszustellen (§ 28 Abs. 1 BauGB). Die Auflassung im Grundbuch darf dann erst erfolgen, wenn das Negativzeugnis (Vorkaufsverzichterklärung) vorliegt.uk

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