LaGa-Verkehrslenkung: Mit neuen Rampen an der B64 ist es nicht getan

Studenten legen in Projektstudie Engpässe bei der Verkehrsabwicklung am „Ostkreuz“ offen

Diese Grafik der Studenten der Ostfalia Hochschule für einen Verkehrslenkungsvorschlag am „Ostkreuz“ der B64 zum Dehneweg (oben im Bild) und den LaGa-Parkflächen zeigt die hohe Komplexität des Themas: Mit verschiedenen Zusatzfahrspuren soll die Verkehrsbelastung gestemmt werden. Die müssen gebaut und zum Teil auch durch Ampeln geregelt werden. Alternativ könnte in der Mitte des Knotens ein Kreisverkehrsplatz angelegt werden.

Bad Gandersheim. Ein umfängliches Projekt zum Thema Verkehrsmanagement haben Studenten der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Salzgitter für Bad Gandersheim und Umfeld in Angriff genommen, daran im Laufe des Jahres 2019 gearbeitet und die Ergebnisse am 9. Dezember in einer halbtägigen Veranstaltung im Gandersheimer Ratssaal vorgestellt (GK berichtete bereits). Insgesamt neun Projektabschnitte wurden dabei dargestellt, die allesamt bestimmte Aspekte eines künftigen Verkehrsmanagements für die Roswithastadt beleuchteten.

Einem Punkt sei daraus an dieser Stelle eine gesonderte Betrachtung gewidmet. Es handelte sich um das Projekt der beiden Studenten Thomas Schuhmacher und Christian Kühn unter dem Thema „Verkehrslenkung mit ortsfesten Elementen“. Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, wie man den Parkplatzsuchverkehr zur Landesgartenschau so lenken und abwickeln könnte, dass die Innenstadt keine Zusatzbelastung erfährt, die Besucher zugleich auf den kürzesten und klarsten Wege ans Ziel geleitet werden.

Die Entlastung der Innenstadt von Bad Gandersheim während der Landesgartenschau ist eines der zentralen Ziele der geplanten Verkehrslenkung und der Knotenpunktumgestaltung am Dehneweg sowie von und zur B64. In diesem Zusammenhang stehen auch die mit dem motorisierten Individualverkehr einhergehenden Lärm- und Abgasemissionen vor denen Anwohner möglichst geschützt werden sollen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vermeidung des Parkplatzsuchverkehrs der mit einer entsprechend geplanten übersichtlichen Beschilderung vermieden werden kann. Besucher kommen dadurch entspannter zum Veranstaltungsgelände und zudem kann die Verkehrsleistung der Parkplatzsuchenden durch die gezielte Verkehrslenkung reduziert werden.

Die Gewährleistung einer hohen Verkehrssicherheit gilt es auch während des Veranstaltungsbetriebes zu garantieren. Hierbei spielt die B 64 eine wichtige Rolle bei der verkehrlichen Erschließung der Stadt Bad Gandersheim. Mit der Anschlussstelle Seesen besteht eine Verknüpfung an die Bundesautobahn 7 mit einem primären Zulaufstrom aus Richtung Norden. Eine weitere Verknüpfung mit der BAB 7 besteht mit der Anschlussstelle Echte, die über die B 445 / B 445n oder über die B 248 / K 602 / K 640 / K 617 erreicht werden kann.

Der Hauptzulaufstrom an der Anschlussstelle Echte kommt aus dem Süden. Zur Sicherstellung der Verkehrssicherheit ist beispielsweise die Vermeidung von Rückstaus an Knotenpunkten zu beachten sowie bei der Verkehrslenkung auf sensible Orte zu achten (zum Beispiel Schulen und Kindergärten).

Die hohe Verkehrsbedeutung der B 64 sollte soweit möglich nicht durch den zusätzlichen Eventverkehr beeinträchtigt werden. Um dies zu gewährleisten wird nach den Erkenntnissen der Studenten teilweise ein Um-/Ausbau von Verkehrsanlagen notwendig werden.

Eine möglichst effiziente Abwicklung des Eventverkehrs ist natürlich in vielerlei Hinsicht erstrebenswert. Zum einen können Lärm- beziehungsweise Abgasemissionen vermieden werden, zum anderen kann ein positiver Gesamteindruck von der Landesgartenschau vermittelt werden. Den ersten und letzten Eindruck erhält der Besucher schließlich durch die An- beziehungsweise Abreise.

Die Studenten sondierten zunächst den Status quo, also zum Beispiel die Verkehrsbelastungen, wie sie heute auf den künftigen Zufahrtsstrecken liegen. Von allen drei Seiten (Westen, Süden und Osten) kommen danach pro Tag etwa jeweils 4700 bis 4900 Fahrzeuge in die Stadt. Nur von Norden sind es mit rund 900 Fahrzeugen deutlich weniger. Zur Zeit liegt also die Gesamtbelastung bei rund 13.700 Fahrzeugen am Tag.

Im Blick auf ein Event wie die Domfestspiele wird ein Gesamt-Zusatzaufkommen von rund 24.000 Fahrzeugen gerechnet. Das entspräche etwa 423 Pkw am Tag bei einer durchschnittlichen Auslastung von knapp zwei Personen pro Pkw.

Für das Halbjahr der Landesgartenschau in 2022 gingen die Studenten von drei Szenarien aus: Der Tagesdurchschnittsbesuch errechnet sich aus der Gesamtbesuchszahl von 450.000 auf 2500. Kommen 75 Prozent davon zu zweit im Pkw wären das knapp 1000 Fahrzeuge pro Tag zusätzlich. Bei einem Szenario mit 60 Prozent immer noch knapp 800 Fahrzeuge, und im schlechtesten Falle bei 90 Prozent sogar knapp 1200 Fahrzeuge.

Sie alle haben ein Ziel: Die Großparkfächen am Dehneweg. Diese sollten die Besucher so direkt wie möglich und unter weitestgehender Schonung der Innenstadt erreichen und wieder verlassen können. Es liegt nach Sichtung bestehender und im LaGa-Jahr zur Verfügung stehender Verkehrsanbindungen auf der Hand, dass der B64 die zentrale Rolle dabei zukommt. Sie soll den von Westen anrollenden Verkehr bis in den Osten der Stadt führen.

Dort besteht nach den aktuellen Planungen dann mit den neuen Rampen an der B64 die Möglichkeit, nunmehr auch von Westen direkt abzufahren, umgekehrt als Abreiseverkehr auch nach Westen wieder auf die B64 aufzufahren. Unkomplizierter ist dies ohnehin von Osten, da bestehen ja bereits Auf- und Abfahrt. Auch der von der A7 bei Echte abfahrende und über die B445 zur LaGa geführte Verkehr soll in der Northeimer Straße auf die B64 und zum neuen „Ostkreuz“ geführt werden, damit kein LaGa-Parksuchverkehr die Innenstadtstraßen belastet.

Soweit alles leicht nachvollziehbar. Doch das Interessante an der Studie der Studenten offenbarte sich im Detail, nämlich der Untersuchung des „Ostkreuzes“ auf Leistungsfähigkeit bei der Verkehrsabwicklung. Und dabei ergaben sich Aspekte, die bislang so nirgendwo angesprochen wurden.

Es liegt auf der Hand, dass die Anreisen zur Gartenschau Stoßzeiten erleben werden. In diesen benutzen dann deutlich mehr Fahrzeuge gleichzeitig die Anreisestrecken als zu anderen. Zum Beispiel morgen und vormittags, umgekehrt während der Abreise am späten Nachmittag und Abend. Anreisende von Westen werden bis ans Ostkreuz geführt, wo sie die neue Rampe südlich der B64 zur Abfahrt nutzen können. Diese hat nach den Planungen eine Fahrbahnlänge bis zum Schnittpunkt mit der bereits bestehenden Unterführung zur Auffahrt in Richtung Osten, die Platz für etwa 25 wartende Pkw bietet, errechneten die Studenten.

Das lege nahe, es könne zu Stoßzeiten zu Rückstaus kommen, die bis in die Fahrspur der B64 zurückreichen könnten und damit zum Verkehrssicherheitsrisiko werden können. Der Blick müsse also darauf gerichtet werden, wie man dem zu erwartenden Hauptverkehrsstrom die Möglichkeit einräumen kann, bevorrechtigt und bestmöglich abgewickelt zu werden. Es wird vermutlich während der Anreise nicht reichen, dafür dem abfahrenden Verkehr den Vorrang vor den in Richtung Osten auffahrenden Fahrzeugen zu geben, denn der nächste Kreuzungspunkt wartet bereits an der Schnittstelle zwischen Ostabfahrt und dem Dehneweg. Zudem müssen sich in der derzeitigen Situation die Anreiseströme von Westen wie Osten nur eine Zufahrtsspur am Dehneweg teilen. Damit kann man dem Anspruch einer leistungsfähigen Verkehrsbewältigung nach Ansicht der Studenten nicht gerecht werden.

Bei der Abreise ergeben sich ähnliche Probleme in anderer Reihenfolge. Zudem kritisierten die Studenten die geplante Auffahrtssituation an der B64 in Richtung Westen, die bislang keine Einfädelungsspur vorsieht, womit kein flüssiger Verkehrsablauf zu erwarten sei.

Die Aufgabe bestand nun darin, Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Derer gab es gleich mehrere. Im ersten Ansatz ist ein deutlich umfänglicher Ausbau des Knotenpunktes „Ostkreuz“ vorgesehen. Für die Abfahrer aus Richtung Osten wird vor dem Dehneweg bereits eine eigene Rechtsabbiegespur und Fahrspur im Dehneweg geschaffen.

Damit besteht keine sofortige Notwendigkeit, sich am Knotenpunkt mit dem von Westen einfahrenden Verkehr zu mischen, das geschieht praktisch erst kurz vor den Parkplatzzufahrten. Der von Westen ankommende Verkehr verlässt bevorrechtigt die B64 und bekommt eine eigene Zufahrtsspur in den Dehneweg. Eine separate Linksabbiegerspur erlaubt das Abbiegen in die Innenstadt.

Aus dem Dehneweg heraus gibt es schließlich als westlichste noch eine dritte Spur für den Abreiseverkehr. Verkehrslenkend würden an einigen Schnittstellen Ampeln zum Einsatz kommen, die bedarfsoptimiert arbeiten.
Die Lösung sorgt für eine effiziente Verkehrsabwicklung, benötigt aber sehr viel Raum für die zahlreichen zusätzlichen Fahrspuren. Auf die Ampeln könnte nach der LaGa später wieder verzichtet, der Knoten zu Teilen auch wieder zurückgebaut werden. Anstelle einer Ampellösung könnte an der Schnittstelle zwischen den Parkplatzzu- und Rampenabfahrten auch ein Kreisverkehr gebaut werden. Das wäre zweifellos eine Stufe teurer als der erste Lösungsvorschlag, hätte aber auch nach der LaGa eine geschwindigkeitsbremsende Wirkung bei der Einfahrt in den Stadtbereich.

Schließlich beleuchteten die Studenten noch eine weitere Variante. Sie geht nicht von den neuen Rampen an der B64 als Lösungsansatz aus, sondern sieht eine Verkehrslenkung bis zu einem neu anzulegenden Kreisverkehrsplatz an der Zufahrt zum Campingplatz vor. Dorthin würde der Parksuchverkehr aus allen Richtungen geführt, die Zufahrt zu den Parkplätzen der LaGa dann über eine verbreiterte Zufahrt im Campingplatzbereich angelegt, die Wege dann als Einbahn-Kreisverkehr zu und um die Parkflächen herum wieder bis zur Ausfahrt am Kreisel zurückgeführt (siehe Bild oben).

Vorteil einer solchen Lösung wäre, dass der An- und Abreiseverkehr vor der Stadt zu und von den Parkflächen geleitet wird. Andererseits macht das umfangreiche Umbauarbeiten am Kreisel und vor allem die Anlage langer Zufahrtswege zu den Parkflächen erforderlich. Da bei dieser Lösung auf den Bau der neuen Rampen an der B64 verzichtet werden könnte, würde damit auch der spätere Vorteil der Erschließung der Zu- und Abfahrt zur Innenstadt entfallen.

Die Vorschläge der Studenten wurden mit großer Aufmerksamkeit aufgenommen. Sie lieferten ohne Zweifel sehr triftige Betrachtungen des LaGa-An- und Abreiseverkehrs und der dafür notwendigen Maßnahmen. Ein Vertreter des Landkreises bestätigte in der Veranstaltung dann auch die prinzipielle Richtigkeit wie theoretische Umsetzbarkeit der von den Studenten vorgeschlagenen Lösungen. Auch die Zeit würde wohl noch reichen, um alle notwendigen Schritte für solche Planungen zu durchlaufen.

Wohin der Weg tatsächlich geht, blieb in der Veranstaltung natürlich offen. Favoriten sind vermutlich aufgrund der bereits fortgeschrittenen Planungen für den Bau der zusätzlichen Auf- und Abfahrrampen von der B64 am „Ostkreuz“ die Lösungsansätze mit diesen am Dehneweg. Welche weiteren Schritte jetzt baldmöglichst vom wem in die Wege geleitet werden müssen, um das bis 2022 umgesetzt zu bekommen, konnte noch nicht beantwortet werden. Das Thema aber liegt ohne Zweifel bei der Stadt ganz oben auf dem Stapel.rah