Landkreis erläutert Vorgehen bei Corona

Gesundheitsdienste haben bei akutem Fall Kontaktpersonen ermittelt und Quarantäne angeordnet / Umfeldbedrohung eher gering

Bad Gandersheim. Das Auftreten eine neuen Corona-Falles in Bad Gandersheim, der über ein Geschwister auch Auswirkungen in die Schule zeitigte, hat Diskussionen zum Verfahren ausgelöst, mit dem die Gesundheitsdienste des Landkreises im Moment der Feststellung einer aktiven Infektion reagieren. Unverständnis gab es dabei unter anderem zur Frage, warum selbst eine Schwester als Kontaktperson ersten Grades nicht automatisch auf eine eventuell vorliegende Infektion getestet wurde. Dies hatte auch bei Eltern der Präsenzgruppe, in der die Schwester der Erkrankten zur Schule geht, zu Verunsicherung geführt.

Der Landkreis Northeim hatte auf Nachfrage des GK in unserer gestrigen Ausgabe bereits bestätigt, dass die Gesundheitsdienste wie bei einer nachgewiesenen Infektion vorgesehen, die Kontaktpersonen ermittelt und soweit nach bestimmten Kriterien erforderlich in Quarantäne geschickt hatte. Nicht konkreter ausgeführt wurde dabei, ob sich dies nur auf das unmittelbare Familienumfeld beschränkte, oder auch andere Kontaktpersonen betroffen waren. Der Pressedienst des Landkreises verwies zudem auf die geltenden Richtlinien des Robert-Koch-Institutes (RKI), die dabei zur Anwendung gelangten.

Ziel ist bekanntlich, eine Ausbreitung von SARS-CoV-2 in Deutschland so weit wie möglich zu verlangsamen und neue Krankheitsfälle zu verhindern. Hierfür ist es notwendig, die Kontaktpersonen von labordiagnostisch bestätigten Infektionsfällen zu identifizieren und – je nach individuellem Infektionsrisiko – ihren Gesundheitszustand für die maximale Dauer der Inkubationszeit (14 Tage) zu beobachten, enge Kontaktpersonen müssen in häusliche Quarantäne.

Das RKI empfiehlt konkret: Asymptomatische, enge Kontaktpersonen sollten zur frühzeitigen Erkennung prä- oder asymptomatischer Infektionen getestet werden. Die Tests sollten so früh wie möglich an Tag eins der Ermittlung erfolgen, um mögliche Kontakte der positiven asymptomatischen Kontaktpersonen rechtzeitig zu quarantänisieren.

Außerdem sollte zusätzlich fünf bis sieben Tage nach der Erstexposition getestet werden, da dann ein Erregernachweis am wahrscheinlichsten ist. Ein negatives Testergebnis ersetzt jedoch nicht die (Selbst-)Beobachtung auf Symptome, auch die Quarantänezeit wird durch ein negatives Testergebnis nicht verkürzt.

Die bisweilen sehr zeitaufwändige Ermittlung und Beobachtung der Kontaktpersonen ist Aufgabe des zuständigen Gesundheitsamts. Das Gesundheitsamt legt im Einzelfall auch das konkrete Vorgehen für Kontaktpersonen fest. Die Empfehlungen des RKI können durch das zuständige Gesundheitsamt unter Berücksichtigung der angestrebten Schutzziele an die Situation vor Ort angepasst werden.

Um Gesundheitsämter bei der Kontaktenachverfolgung zu unterstützen hat das Robert Koch-Institut im Frühjahr 2020 rund 500 so genannte Containment Scouts ausgebildet. Das sind in der Regel Studierende der Medizin oder anderer Gesundheitswissenschaften, die – nach erfolgreicher Bewerbung – zunächst durch RKI-Materialien geschult werden (unter anderem Einführung in die Infektionsepidemiologie und Ausbruchsuntersuchung, Umgang mit Meldesystem und Datenbanken), dann vor Ort in den Gesundheitsämtern arbeiten und insbesondere dabei helfen sollen, Kontaktpersonen schneller und effektiver nachzuverfolgen. Die konkrete Aufgabenverteilung obliegt jedoch den Gesundheitsämtern.

Im April 2020 haben die ersten Scouts ihren Dienst vor Ort angetreten. Bis Ende Mai 2020 waren fast alle der rund 500 Scouts im Einsatz. Sie sind nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt worden, ihr Einsatz ist zunächst für sechs Monate geplant. Zusätzlich zu diesen lokalen Containment Scouts wurden noch 30 mobile Scouts ausgebildet, die – bei Bedarf und unter Koordination des RKI – bundesweit überlastete Gesundheitsämter für jeweils zwei bis drei Wochen unterstützen können. Die mobilen Scouts sind sowohl alleine als auch im Team unterwegs.

Zur genaueren Abgrenzung des Begriffes „Kontaktperson“ heißt es beim RKI weiter: Wer Kontakt zu einer Person in der Familie, im Freundes- oder Bekanntenkreis hatte, die wiederum Kontakt zu einem im Labor bestätigten COVID-19-Patienten hatte, aber völlig gesund ist, muss nicht in Quarantäne. In diesem Fall ist man keine Kontaktperson, hat kein erhöhtes Risiko für eine COVID-19-Erkrankung und kann auch niemanden anstecken.

Auf der Basis dieser Vorgaben haben die Gesundheitsdienste des Landkreises in Abstimmung mit der Schule auch entschieden, dass die betroffenen Präsenzgruppe einer Klasse des Roswitha-Gymnasiums nicht wieder zurück ins Homeschooling geschickt werden muss. Sie bleibt natürlich dennoch unter Beobachtung, ob gegebenenfalls doch bei jemandem Erkrankungsanzeichen auftreten, die weiteres Handeln erforderlich machen könnten. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei aber eher klein, solange die zur Zeit vorgeschriebenen Hygiene- und Abstandsvorgaben vorher wie jetzt eingehalten worden seien. rah