Mit offenen Armen empfangen

Erste ukrainische Schüler am Roswitha-Gymnasium ins Schulleben integriert

Szene aus dem Flashmob von Ende vergangener Woche: „Alltag anhalten“ angesichts der Kriegsverbrechen war das Motto, das in einem berührenden Video umgesetzt wurde.

Bad Gandersheim. Schon von weitem ist die Solidarität des Roswitha-Gymnasiums zu sehen: Bunte Peace-Zeichen schmücken die Fenster des Hauptgebäudes, Friedenstauben aus Papier steigen in den Fenstern von Gebäude 6 auf und auch ein Großteil der von außen sichtbaren Dekoration ist in den Farben Blau und Gelb gehalten. Dies alles macht deutlich, dass sich die Schule für Frieden in der Ukraine stark macht.

Dass der Alltag auch hier in Deutschland angesichts des Krieges nicht einfach normal weiterlaufen sollte, veranschaulichten die Schüler am letzten Freitag mit ihrem Flashmob, der auf Initiative der Schülervertretung geschah. Während der John- Lennon-Song „Imagine“ erklang, verharrten die Kinder und Jugendlichen auf dem Pausenhof in Stille und Regungslosigkeit und setzten damit ein Zeichen gegen den Krieg. Neben diesen symbolischen Maßnahmen hilft die Schule aber auch ganz praktisch. Sowohl im Lehrerzimmer als auch in der Cafeteria wurden Spendendosen aufgestellt, in denen die Schüler beispielsweise ihr Wechselgeld spenden können.

Seit einigen Tagen ist die Hilfe der Schulgemeinschaft nun noch unmittelbarer gefragt, denn vier Jungen und ein Mädchen, die mit ihren Familien aus der Ukraine flüchten mussten, besuchen nun das Gymnasium. Eine lange Vorbereitungszeit hatten Schulleitung, Lehrer und Schüler nicht, da erst am Montag klar wurde, dass die neuen Mitschüler bereits am Dienstag ihren ersten Schultag haben würden. Dennoch war an diesem Morgen alles für einen herzlichen Empfang bereit.

Einige der neuen Klassenkameraden aus der 5a hatten am Vortag zuhause Plakate gebastelt, auf denen die Jungen in ihrer Muttersprache begrüßt wurden. Anastasia Carstens und Velina Barneva, die die Klasse als Paten betreuen, boten einen Rundgang durch die Schule an, bevor im Unterricht die ersten Kontakte mit der neuen Klasse geknüpft werden konnten. Klassenlehrerin Kathrin Leunig zeigte sich gerührt über die Hilfsbereitschaft und Zugewandtheit, mit der die Jungen und Mädchen die neuen Mitschüler bei sich aufnahmen. „Ich bin sehr stolz auf meine Schüler. Es war wirklich schön zu sehen, wie aufgeregt meine Klasse über die Neuzugänge war und wie offen die Kinder aufeinander zugegangen sind. An der Tischtennisplatte wurden gleich die ersten Freundschaften geknüpft. Auch die Eltern tragen dies sehr gut mit und haben als kleinen Willkommensgruß Stifte besorgt.

Ich freue mich sehr, wie gut alle Hand in Hand arbeiten“. Problematisch ist, dass momentan noch keine umfassenden Konzepte des Kultusministeriums existieren, wie mit der neuen Situation im Unterricht umgegangen werden soll. Es fehlt an geeigneten Lernmaterialien. Auch hier bemüht sich das Gymnasium aber um schnelle und praktische Lösungen. So bekommen die fünf ukrainischen Kinder zweimal die Woche zusätzlichen Deutschunterricht von der Klassenlehrerin.

Ansonsten geht es in der Klasse erst einmal um ein Kennenlernen, bei dem auch die deutschen Kinder einiges dazulernen, wie zum Beispiel, dass man sich in der Ukraine mit „Pryvit!“ begrüßt. „Auf unsere Schule werden noch einige Herausforderungen zukommen“, erklärt Schulleiter Kilian Müller, betont aber gleichzeitig, dass die Art und Weise, in der Lehrer, Schüler und Eltern mit den ukrainischen Gastschülern umgehen, ihn positiv stimmt, dass die Schulgemeinschaft des Roswitha-Gymnasiums diesen Herausforderungen durchaus gewachsen ist.jag