Montags-„Blackout“: Was passiert, wenn der Strom mal länger wegbleibt

Manche Bereiche der Stadt mussten rund acht Stunden ohne Strom auskommen / Zahlreiche Probleme zu lösen / Wehren im Einsatz

Schaltschränke im Umspannwerk, rechts erkennbar beschädigt.

Bad Gandersheim. Mit einem satten „Plopp“ verabschiedete sich am gestrigen Montag gegen 16.15 Uhr der Computer völlig überraschend und ungeplant. Der Blick in der Runde zeigte schnell: Stromausfall. Auch das Telefon war tot, die elektrische Uhr hatte keine Anzeige mehr. Die Nachsuche machte binnen Minuten deutlich, dass hier ein Problem im Stromnetz vorliegen musste, denn rasch tauschten sich Nachbarn aus, bei denen der Strom ebenfalls ausgefallen waren.

Wie flächendeckend der Ausfall war, ließ sich zunächst schwer ermitteln, denn das normale Telefon funktionierte nicht, immerhin gab es noch  Handy­netz.

Doch auch damit ließ sich zu anderen Telefonen in der Innenstadt kein Kontakt herstellen. Der dadurch genährte Verdacht, dass die ganze Stadt womöglich stromlos sei, bestätigte sich schnell, mehr noch, ein Kontakt mit dem Avacon Bereitschaftsdienst offenbarte, dass praktisch ganz Bad Gandersheim stromlos war – von Heckenbeck bis Harriehausen und Kernstadt bis Gehrenrode.

Ein Ausfall, wie es ihn so lange nicht gegeben hatte. Laut Avacon-Sprecherin war ein Aussetzer im Umspannwerk Bad Gandersheim, das am Fasanenweg bei Brunshausen steht, dafür verantwortlich. An der Behebung werde gearbeitet. Tatsächlich kam nach 20 Minuten der Strom in Harriehausen – wie auch der Kernstadt  – nach zehn Minuten gab es dann einen weiteren Blackout.

Große Sorgen löste dies unter anderem auch bei den Kunden in den Einkaufsmärkten aus. Im E-Center gab es nach Recherchen des GK zwei Stromausfälle von zirka acht und 15 Minuten. Das bedeutete nach Angaben aus dem Markt keine Gefahr für die Kühlbereiche. Auch die Kassen liefen weiter, dank einer Notstromversorgung. Lediglich das Band für die Einkaufsgüter stand still und ein weiteres Problem ergab sich bei der Bezahlung. Da Kartenzahlungen nicht möglich waren, kam das gute alte Bargeld zum Einsatz. Kunden, die ihre Waren nicht mit Bargeld bezahlen konnten, mussten den Einkauf abbrechen und verschieben.

Gleiches galt für zahlreiche weitere Geschäfte. In der Regel gab es für Kassensysteme und Kühlungen Notvorrichtungen, so dass bis auf die elektronische Bezahlung alles einigermaßen weiterlaufen konnte. In unmittelbare Warenprobleme kamen aber die Eisverkäufer. So musste das Eiscafé Mucilli an der Hildesheimer Straße zur Rettung des Eises an einem Punkt entscheiden, es nach Kreiensen zu bringen, der Verkauf in Bad Gandersheim endete damit an diesem heißen Tag leider damit sehr verfrüht.

Inzwischen musste bereits die Feuerwehr auch auf den Plan gerufen werden: Durch den Stromausfall drohte Tieren in einem Wolperöder Schweinezuchtbetrieb Ungemach. Die Hitze und Sonneneinstrahlung würde die Temperatur ohne die jetzt nicht mehr laufende Lüftung schnell ansteigen und bald lebensbedrohlich werden. Mit Lüftern vor den geöffneten Türen sorgte die Wehr erst einmal für Luftbewegung und dadurch Kühlung, bevor mit Stromaggregaten eine übergangsweise Betriebsfähigkeit der Stalllüftung wiederhergestellt werden sollte. Auch eine daneben stehende Biogasanlage sollte so davor bewahrt werden, dass der Gärprozess ungeregelt aus dem Ruder laufen konnte.

Im landwirtschaftlichen Bereich waren besonders Milchviehbetriebe vom Stromausfall betroffen. Der Ausfall fiel in die Melkzeit.

Beim Melken gelangt die Milch in einen Tank, der gekühlt wird. Voraussetzung für die Kühlung ist natürlich Strom. Da die Heberbörde auch bis weit in den Abend hinein vom Stromausfall betroffen war, kam es  unter anderem bei einem Milchviehbetrieb in Gehrenrode zu eben diesem Problem.

Bereits unmittelbar nach dem generellen Stromausfall in Bad Gandersheim wurden viele Feuerwehren im Stadtgebiet aktiv. So auch die Stützpunktwehr in Altgandersheim. Die brachte unter anderem auf dem Gehrenroder Hof ihr Stromaggregat zum Einsatz und schloss den Milchtank an, um damit die Kühlung zu gewährleisten.

Rohmilch ist unverzüglich nach dem Melken auf höchstens acht Grad zu kühlen, um ihren Keimgehalt auf ein unbedenkliches Maß zu halten.

Neben Einsatzorten im Bereich der Landwirtschaft in der Heberbörde wurde die Wehr dann vor allem am direkten Ort der Auslösung des Problems eingesetzt, am Brunshäuser Umspannwerk. Dort warteten die Techniker der Avacon vor geöffneten Türen des Mittelspannungshauses darauf, die Räume gefahrlos betreten zu können. Das ging lange Zeit wegen einer erheblichen gesundheitsgefährdenden Verqualmung nicht. Die musste erst einmal mit mehreren Lüftern aus dem Gebäude gepustet werden. Noch während dieser Arbeiten „knallte“ es noch zweimal in Schaltschränken und führte zu erkennbaren Ausfällen.

Zur Belüftung kamen auch Gerätschaften der nahen Auer-Lighting-Werke zum Einsatz. Mitarbeiter der Produktion wie Führungsetage bis hin zu Leiter Dr. Simon waren direkt vor Ort, um sich über die Lage zu informieren. Die Produktion musste während der Zeit des Stromausfalles eingestellt werden. Mit einem besonders leistungsfähigen Notstromaggregat konnte die Glasschmelze in der Wanne derweil zwar flüssig gehalten werden. Bei einem längeren Ausfall, wie er sich abzeichnete, war erste Maßnahme aber, für das Aggregat Dieselnachschub sicherzustellen, denn es benötigt allein rund 200-Liter-Treibstoff pro Stunde!

Am Dienstag lagen noch keine weiteren Informationen darüber vor, wie lange der Produktionsausfall bei Auer dauerte. Mehr als drei Stunden sind es aber sicher gewesen, was eine durchaus stattliche Ausfallsumme gekostet haben dürfte.

Nachdem die Avacon-Mitarbeiter dann endlich die Räume betreten konnten, wurden die inzwischen stromlos geschalteten Schränke aus ihren Positionen herausgekurbelt und ganz herausgezogen. Bei einigen war durch die Verrußung sofort zu sehen, dass hier Schadereignisse stattgefunden hatten. Die Anlagen mussten nun nacheinander geprüft, gereinigt und soweit in Ordnung wieder in Betrieb genommen werden.

Das nahm natürlich Zeit in Anspruch, und so gab es Bereiche, wie vor allem fast die gesamte Heberbörde, die erst nach 22 Uhr wieder Elektrizität in den Leitungen hatte. Solange mussten sich die Bewohner anders behelfen, soweit nicht die Feuerwehr dies tun konnte.

Die kämpfte im Übrigen mit ganz eigenen Problemen: So war zum Beispiel eine flächendeckende Alarmierung durch Sirenenalarm nicht möglich, weil die ohne Strom nun mal nicht anlaufen. Zum anderen konnten Bürger die Wehr nicht telefonisch erreichen, so nicht spezielle Handy­nummern bekannt waren, denn das normale Telefonnetz funktionierte ja nicht. Im Notfall, bat die Feuerwehr, sollte das ortseigene Feuerwehrhaus angelaufen werden, alle im Gebiet des Stromausfalles waren sofort besetzt worden. Die Funkverbindungen der Feuerwehren untereinander waren vom Ausfall nicht betroffen.

Das Ereignis hat aber vor allem auch deutlich gemacht, wie einschneidend wir von Strom abhängig sind. Ob es das elektrische Garagentor war, das nicht mehr zu öffnen war, die fehlende Telefon- oder Internetverbindung (die zeitweilig auch via Mobilnetz nicht verfügbar war), die ausgefallene Kühltruhe, kein Fernsehen, das Leben lief am Montag bei vielen, besonders wenn sie lange ohne Strom auskommen mussten, doch deutlich anders als sonst ab.

Die Avacon konnte am Dienstag die genaue Ursache noch nicht benennen. Es habe aber einen Brand in der Mittelspannungsstation des Umspannwerkes gegeben, der die Stromausfälle in Kettenreaktion auslöste. Die Wiederherstellung der Versorgung dauerte zwischen etwa 20 Minuten im schnellsten Falle, die letzten Kunden hatten gegen Mitternacht wieder Strom.rah/ic

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