Morsbach als Literaturpreisträgerin ausgezeichnet

Preisverleihung im ehrwürdigen Kaisersaal / Preisträgerin bekennt: „Auszeichnung für mich ein Wendepunkt“

Petra Morsbach (links) und der Literaturpreis, der auch mit einem Geldpreis in Höhe von 5000 Euro verbunden ist.

Bad Gandersheim. Seit 1973 wird er vergeben, der Roswitha-Literaturpreis, wie Bürgermeisterin Franziska Schwarz am Sonntag im Gandersheimer Kaisersaal in Erinnerung rief, auf eine Anregung des Bundespräsidenten Gustav Heinemann einst ins Leben gerufen. Viele bekannte Literatinnen konnten ihn entgegennehmen, wobei in so manchem Fall sich der Roswithapreis in eine Reihe mit zahlreichen anderen Ehrungen stellte.

Anders im Falle der Preisträgerin des Jahres 2017, Petra Morsbach, die in ihrer Erwiderung auf die Laudatio am Sonntagmorgen im Kaisersaal offen gestand, dass der Roswitha- Literaturpreis so etwa wie einen Wendepunkt in ihrem schriftstellerischen Leben markiert habe. Nach einem bereits unglücklichen Einstand 22 Jahre zuvor in Klagenfurt sah sie sich in der Folge am Katzentisch und habe sich bereits mit dem Auslaufen ihrer schriftstellerischen Karriere abgefunden. Da sei der Anruf aus Bad Gandersheim gekommen, dass man sie zur Preisträgerin des Roswitha- Literaturpreises auserkoren habe. Und damit nicht genug, wenig später folgte der Wilhelm-Raabe-Preis, den sie erst kürzlich in Braunschweig entgegen nehmen konnte.

Ein später Erfolg also für die freie Schrifstellerin mit Geburtsort Zürich und einem heutigen Lebensmittelpunkt am Starnberger See. Die Wende ist natürlich verbunden mit einem Werk, ihrem jüngsten, das besonderes Lob erhält – und sich auch noch gut verkaufe, wie die Preisträgerin lächelnd hinzufügte: „Der Justizpalast“. Der Roman stand dann auch im Mittelpunkt der Laudatio von Prof. Dr. Martin Lüdke.

Der Titel schon sei doppelsinnig. Der Roman spielt mit der Kluft zwischen täglicher Rechtssprechung und hehrem Anspruch. Es geht um Recht und Ermessenspielraum, den Richter haben, und in dem sich Titelheldin Thirza Zorniger bewegt. Diesen Kampf breite Morsbach auf vielen Seiten aus, zum Schluss gehe das Buch gar an die Nieren und es sei bei ihm Wehmut aufgekommen, als das Ende abzusehen gewesen sei, gestand Lüdke ein.

Gerechtigkeit gibt’s im Jenseits, auf Erden haben wir das Recht; dieses Leitmotiv gibt den Rahmen für die Figuren, die Mosbach sehr gut kenne. Nicht umsonst habe sie zehn Jahre für diese Buch gebraucht, sich intensiv in die juristische Szene eingelassen, juristische Sprache und Denken adaptiert. Dabei schaffe sie es sogar, dem Leser selbst unsympathische Figuren noch nahe zu bringen.

Der Roman lese sich wie eine Dokumentation und sei doch keine. Authentizität ist hier nicht der Ausgangspunkt, sondern das Ergebnis der Erzählung. Und er nutzt auch wieder das sogenannte additive Prinzip, das sich schon in anderen Romanen der Autorin gefunden habe. Sieben sind es insgesamt.

Den „Justizpalast“ zeichne aus, dass eine Frau ganz allein die Titelrolle beanspruchen darf. Auch das mag ein Detail gewesen sein, das neben der Schreibform und anderem mehr die Jury – erstmals bis auf eine Ausnahme bei der Verleihung ebenfalls zugegen – überzeugt hatte, in Petra Morsbach die richtige Preisträgerin gefunden zu haben. Was einstimmig geschah.

Und die Preisträgerin selbst sagte dazu: „Vermutlich wäre Roswitha bei dem Gedanken, dass eines Tages einem Buch mit einer solchen Heldin ihr Preis zugesprochen wird, vor Freude gehüpft.“

Die Verleihung des Jahres 2017 fand zum ersten Mal im Gandersheimer Kaisersaal statt. Ein überaus würdiger Rahmen, wie nicht nur Laudator Martin Lüdke befand, und nur mit dem kleinen Nachteil versehen, dass der Raum nicht über eine Gästekapazität von 100 Personen genutzt werden kann. Auch ein NDR-Fernsehteam hatte am Sonntag den Weg zur Verleihung gefunden, daneben zahlreiche Ehrengäste aus Politik von Bund bis Kreis, öffentlichem Leben und natürlich dem Kreis der Sponsoren, denn nur die Spenden von Gandersheimer Volksbank, Avacon und Paracelsus machen es möglich, diesen Preis zu verleihen.

Einen Gruß hatte auch die Niedersächsische Landesregierung parat, die durch Ministerin Cornelia Rundt vertreten wurde. Roswitha sei eine starke, kämpferische Frau gewesen, erinnerte sie, die für ihre Zeit ungewöhnliche Texte niederschrieb. Besonders, weil sie der Auffassung gewesen sei, wer auf der Seite der Moral stehe, müsse auch die Gegenseite aufzeigen.

Der Literatin ist auch mit dem FrauenOrt eine Erinnerung gesetzt, derer es inzwischen 34 in Niedersachsen gibt. „Frauen prägen heute deutlich mehr das kulturelle Bild mit, wenngleich sie dabei immer noch weniger Beachtung finden als die männlichen Kollegen“, so Rundt. An Petra Morsbach gefalle ihr die klare Sprache, die genaue Beobachtung und die poetische Maßarbeit. Worte wie sie auch die Jury für die Preisträgerin 2017 gefunden hatte.

Einen würdigen musikalischen Rahmen gab der Veranstaltung das „Trio insolitio“. Zum Festakt gehörte auch der Eintrag der Preisträgerin ins Goldene Buch der Stadt.rah