Neue Qualität der Erinnerungskultur

Ausstellung über die jüdischen Familien Bendix und Rosenbaum im Museum Portal zur Geschichte eröffnet

Thomas Gelück und Marlene Brandt in der Ausstellung im Portal zur Geschichte.

Bad Gandersheim. Mit der Verlegung der Stolpersteine wird der jüdischen Menschen gedacht, die in der Roswithastadt gelebt und gearbeitet haben. Über ihr Leiden und ihr Leben informiert die Initiativgruppe Stolpersteine Bad Gandersheim in der Ausstellung „...und sie waren Nachbarn. Die jüdischen Familien Bendix und Rosenbaum in Bad Gandersheim“. Die Ausstellung im Museum Portal zur Geschichte versucht eine Antwort zu geben auf die Frage, was von 1933 bis 1945 mit den jüdischen Frauen und Männern aus Bad Gandersheim geschehen ist.

„Die schreckliche Zeit gehört eben auch zu Bad Gandersheim und ich glaube es ist lange genug gewesen, dass vieles davon in dieser Stadt verdrängt wurde. Erst in den 80er-Jahren sind Teile davon aufgearbeitet worden“, sagte Bürgermeisterin Franziska Schwarz, nachdem Thomas Gelück für die Initiativgruppe Stolpersteine Bad Gandersheim die Besucher im Rosencafé Brunshausen begrüßt hatte. Mit dem Verlegen der Stolpersteine und der Eröffnung der Ausstellung werde erst jetzt an die Menschen erinnert, „die während der Nazizeit hier gelebt haben und weggegangen sind, weggehen mussten, vertrieben wurden“, betonte die Bürgermeisterin, nach deren Worten der Termin der Erinnerung „überfällig“ sei. Schwarz: „Wir in Bad Gandersheim wollen nicht die Augen vor der Vergangenheit verschließen, sondern uns unserer Vergangenheit in der Gegenwart stellen.“ Unter lautem Beifall würdigte sie das Engagement der Initiativgruppe.

Durch die Stolpersteine bekomme die Erinnerungskultur eine „ganz andere Qualität“, erklärte Joachim Stünkel von der Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises Northeim. Die Stiftung habe das Projekt gerne unterstützt, weil es der jungen Generation aufzeige, „dass es die dunklen Schatten in dieser Welt auch mal in Deutschland gegeben hat und die müssen immer wieder in Erinnerung gerufen werden.“

„Stolpern bedeutet nicht fallen, sondern regt zum aufmerksameren Gehen an“, erklärte Elfriede Knotte, Pröpstin der Propstei Gandersheim-Seesen, im Namen der evangelisch-lutherischen Landeskirche und der Stiftskirchengemeinde. Die jüdische Identität, Davids Sohn, gehöre unabdingbar zur Identität des Jesus als Christus. Wer jüdische Wurzeln abschneiden wolle oder gut heiße oder Verständnis aufbringe, dass jüdische Menschen auch heute bedroht werden, „muss seine Krippe im Schrank lassen und kann sein christliches Bekenntnis vergessen“, so Knotte.

Thomas Gelück für die Initiativgruppe Stolpersteine Bad Gandersheim beantwortete die Frage, warum es zusätzlich zur Verlegung der Stolpersteine noch die Präsentation im Museum Portal zur Geschichte gibt. „Um möglichst viele Menschen zu erreichen und mitzunehmen haben wir uns entschieden eine Ausstellung zu erarbeiten und die Ausstellungsinhalte zu dokumentieren.“

Ein zentrales Ziel sei, zu erklären, was die beiden Familien Bendix und Rosenbaum erlebten und wie sie unter der NS-Herrschaft gelitten haben. Das konkrete Beispiel dieser Familien spiegele das menschenverachtende System der Nationalsozialisten wider. „Wir sind erschrocken, welche wachsende Aktualität die Ausstellung angesichts des wachsenden Rechtsextremismus’ in Deutschland erhalten hat“, sagte Gelück, bevor Initiatorin Marlene Brandt über die umfangreichen Recherchen im Vorfeld der Stolpersteinverlegung und der Ausstellung informierte. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Duo Seraphim, das die Eröffnung musikalisch begleitete.

Geöffnet ist die Ausstellung bis zum 29. Februar 2020 dienstags bis sonntags von 12 bis 16 Uhr und vom 1. bis 29. März 2020 dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr. Öffentliche Führungen durch die Ausstellung gibt es an jedem zweiten und vierten Sonntag um 12 Uhr.art