Plötzlicher „Gegenwind“ für das Projekt Windpark „Hohe Heide“

Bürger vor allem über Gefährdung der Sicherheit auf dem Skulpturenweg besorgt / Einwendungsfrist läuft noch

Informations-Sprechstunde in Gehrenrode: Es formiert sich Widerstand gegen die Pläne zu einem Windpark mit vier Anlagen im Kern der Heberbörde.

Gehrenrode. Das Verfahren ist fortgeschritten, aber die Zeit noch nicht abgelaufen, um selbst noch Einfluss darauf zu nehmen. Das ist die Essenz der Bürgersprechstunde, die von der SPD in der Frage des geplanten Windparks Hohe Heide am Dienstag im Gehrenröder Bürgerhaus abgehalten wurde. Mehr noch: Im Ergebnis will der Abend dazu beitragen, dass mindestens eine weitere Veranstaltung in Altgandersheim noch folgen soll, und eine Mobilisierung von Einwendungen ist ebenfalls angestoßen.

Zuerst aber gab es eine grundlegende Information für die etwa 25 Anwesenden durch Trude Poser. Sie zeigte die Auslegungsunterlagen in den wesentlichen Teilen, hier vor allem die Berechnungen zu Auswirkungen der vier in der Hohen Heide – also zwischen Dankelsheim, Gehrenrode und Altgandersheim in die Tallage eingebetteten – Windanlagenstandorte.

Mehrere Umstände lösen dabei sogenannte Betroffenheiten aus, die über den reinen Grundbesitz, auf dem die Windräder gebaut werden sollen, hinausgehen. Ein solcher Umstand ist das von Windenergieanlagen (WEA) ausgehende Betriebsgeräusch. Die Kartierung der Lärmimmissionen legt nahe, dass die nächstliegenden Dörfer – zu allen ist ein Abstand von mindestens 1.000 Metern zur nächsten Bebauung eingehalten – in einem Bereich der zumutbaren Lärmwerte liegen. In diesem Fall maximal 45 Dezibel während der als lärmärmste Zeit zugrunde gelegten Nacht.

Dabei, so Trude Poser, sind diese 45 Dezibel der Maximalwert für Mischgebiete, als solches wird die Heberbörde eingeordnet. Bei einem reinen Wohngebiet wären nur maximal 35 Dezibel zulässig gewesen.

Bedeutsamer und auch Grenzwerte überschreitend ist die Beeinträchtigung durch Schattenwurf. Hier weist das Gutachten der Planungsauslegung nach, dass in Ohlenrode und vor allem Dankelsheim die theoretischen Grenzwerte von bis zu 30 Stunden im Jahr, in denen Schlagschatten der sich drehenden WEA zumutbar sind, überschritten werden. In Altgandersheim stellenweise bis fast zum Doppelten in den westlichen Dorfbereichen.

Abhilfe muss der Anlagenbetreiber schaffen. Die Unterlagen fordern, eine Genehmigung nur beim Nachweis einer Abschalteinrichtung möglichst zuzüglich eines Sonnenscheinsensors zu erteilen, um diese Grenzwertüberschreitungen ausschließen zu können. Gegebenenfalls müssten die Windräder dann angehalten werden.

Beide Beeinträchtigungen würden damit im legalen Rahmen verbleiben und kaum als Grund herhalten, die laufende Planung noch aufhalten zu können, so Trude Posers Schluss. Es gibt aber noch einen Umstand, der bislang nicht groß aufgefallen ist und möglicherweise gravierende Folgen haben könnte.

Nach den Plänen der Auslegung würde das nördlichste der vier Windräder einen Standplatz haben, der gerade einmal 100 Meter westlich des Skulpturenweges liegt. Angesichts einer Höhe der neuen Anlagen von rund 240 Metern ist das sehr nah an einer vielgenutzten Naherholungsader und überregional bedeutsamen Radwegeverbindung.

Die zu diesem Umstand gehörende Beeinträchtigung nennt sich „Bedrängung“. Gemeint ist damit, dass die gigantischen Anlagen auf den einen oder anderen durchaus beängstigend wirken können. Sollte man künftig eine solche Mega-WEA bei der Fahrt auf dem Skulpturenweg geradezu „unterfahren“ müssen, könne dies schon unangenehm beklemmende Gefühle auslösen.

Deutlich verschlimmernd kommt ein weiterer Umstand hinzu: Von Windanlagen geht im Winterhalbjahr das Risiko des sogenannten Eiswurfes aus. Eisteile, die sich von Rotoren oder dem Betriebsgehäuse an der Spitze lösen, fallen nicht senkrecht zu Boden, sondern werden vom Wind teils sehr weit abgetrieben. Darum wird um jedes Windrad herum ein Sicherheitsbereich definiert, der sich für die neue Anlage auf 385 Meter berechnet.

Oder anders gesagt: Der Skulpturenweg läge mitten in einem Gebiet, das fortan Risikobereich wäre. Zwar würden dann Schilder Durchfahrende oder Spaziergänger davor warnen, dass sie nun auf eigenes Risiko weiterfahren oder -gehen, doch hieße dies damit auch, der Bau der WEA macht einen bislang sicheren Bereich mit nicht unerheblicher Publikumsfrequenz zu einem Gefahrenbereich.

Im allgemeinen Verständnis ist der Skulpturenweg in Bedeutung wie Frequentierung dabei sicher anders gewertet als die normale Feldmark. Leider, so Trude Poser, wird er aber im Landkreis-Raumordnungsprogramm nicht als Bereich mit besonderem Erholungswert (Erholungsvorsorgefläche) geführt, was einen Bau einer WEA direkt neben dem Weg schon so gut wie ausgeschlossen hätte.

Diese Bedeutung müsse sich der Weg nun erst mit der Unterstützung der vielen Nutzer vielleicht im Verfahren erkämpfen, hieß es in der anschließenden Diskussion zu den vorgetragenen Fakten. Jeder Skulpturwegnutzer werde durch die Umstände des geplanten Bau zum Betroffenen und damit einwendungsberechtigt. Das gleiche gilt für alle Einwohner, die von Lärm oder Schlagschatten betroffen sind oder solche, die den Umstand der Bedrängnis geltend machen können.

Das Einwendungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen, die Frist endet beim Landkreis Northeim am 22. November. Bis dahin können Einwendungen gegen das geplante Vorhaben beim Landkreis, aber auch unter anderem bei Bauamt der Stadt Bad Gandersheim zur Weiterleitung abgegeben werden. Eine Einwendung müsse (leserlich) deutlich machen, wer der Einwender ist und aus welchem Grunde eine Einwendung erhoben wird.
Über die Einwendungen entscheidet der Landkreis Northeim, wie sie zu würdigen sind und ob sie gegebenenfalls Auswirkungen auf die tatsächliche Genehmigungsfähigkeit haben. Dass eine Gnehmigung grundsätzlich kaum aufzuhalten sei, darüber hatten weder Trude Poser noch die anwesenden Vertreter der SPD-Ratsfraktion Zweifel. Es bestehe aber sehr wohl die Chance, zum Beispiel mindestens auf die Position des Windrades direkt neben dem Skulpturenweg Einfluss zu nehmen und es auf mehr Abstand zu diesem zu bekommen.

Das Ganze wird außerdem noch öffentlich verhandelt. Wie schon einmal im Falle der Hähnchenmastanlage erlebt wird es zu einem öffentlichen Erörterungstermin kommen, der für den Mittwoch, 11. Dezember, geplant ist, dann ab 10 Uhr im Forum des Roswitha-Gymnasiums. Teilnehmen kann daran jeder Interessierte, redeberechtigt sind aber nur Einwender.

Noch deutlich vor dem 22. November will die SPD aber der Bitte folgen, auch in Altgandersheim noch einmal einen Informationstermin anzubieten. Hier sind etwa zwei Dutzend Häuser direkt Betroffene durch den Schlagschattenwurf. Termin und Ort sollen schnellstmöglich nachgetragen werden, so die SPD.rah