Rathaus: Abschluss der Sanierung an West- und Nordfassade steht bevor

Gesamte Maßnahme hat rund 780.000 Euro gekostet / Stadtanteil liegt bei rund 180.000 Euro

In der kommenden Woche wird das Gerüst am Rathaus abgebaut.

Bad Gandersheim. Es ist so gut wie vollbracht: Seit Kurzem ist die Nordfassade des Rathauses wieder zu sehen, und in der kommenden Woche wird auch das Gerüst entfernt, dann wird der neue Anblick ganz und ungestört zu begutachten sein. Mehr als ein halbes Jahr intensiver Bauarbeit stehen dahinter. Und das ist alles seither geschehen:

Nachdem die Farbschichten der Nordfassade durch Sandstrahlverfahren entfernt, der nicht materialkonforme Zementputz am östlichen Gebäudeflügel abgenommen und die defekten Fugen des Mauerwerks ausgeräumt wurden, erfolgte in zahlreichen Bereichen der Austausch von Natursteinpfosten und -fensterbänken, die Ausbesserung von ausgebrochenen Stellen und letztlich der teilweise Ersatz von Steinen durch sogenannte Vierungen (Vorsatzelemente aus passendem Natursteinmaterial), so wie dies vor zwei Jahren auch an der Westfassade des Rathauses geschehen war. Schließlich wurden die Fugen wieder geschlossen und der Ostflügel mit einem natursteingerechten Kalkputz versehen.

Die Fenster in beiden Fassaden wurden denkmalgerecht erneuert beziehungsweise aufgearbeitet und in der durch restauratorische Befunde überlieferten Farbfassung des 19. Jahrhunderts gestrichen. Gleiches gilt für sämtliche Türen innerhalb der Nordfassade.

In Absprache mit der Denkmalspflege erfolgte zuletzt der Anstrich in den Farben der Grisaille-Technik, einer Farbgebung, in der neben dem weißen Grundton ausschließlich abgestufte Grautöne verwendet werden. Die Grisaille-Technik ist typisch für die Zeit, in der das Rathaus unter Einbeziehung der mittelalterlichen Marktkirche errichtet wurde, der Renaissance. Durch den starken Kontrast zu den dunkelbraun gehaltenen Fensterrahmen entstand ein wertig und zugleich ruhig wirkendes Erscheinungsbild des Gebäudes. Eine etwas belebtere Wirkung entfalten nur die Erker an der Nordseite, die damit besonders betont und herausgehoben werden.

Die zunächst im Bereich des Westflügels des Gebäudes in Betracht gezogene Steinsichtigkeit (Verzicht auf eine Oberflächenbehandlung der Wände) wurde im Hinblick auf die beim Bau des Rathauses verwendeten, farblich sehr unterschiedlich wirkenden Steine verworfen. Die nach Vollendung des 1. Bauabschnittes (Westgiebelwand) aufgetretenen Verfärbungen wurden chemisch untersucht und konnten auf Eisenoxidablagerungen in dem Naturstein zurückgeführt werden. Da die Farbfassung des Gebäudes nicht mit absperrenden Farben, sondern im Hinblick auf die Diffusionsfähigkeit mit Lasuren erfolgte, war zuvor nach zahlreichen Beschichtungsversuchen eine Grundierung gewählt worden, die nach bisherigen Erkenntnissen geeignet ist, die Verfärbungen zu unterbinden, gleichzeitig aber die Atmungsfähigkeit zu gewährleisten.

Ein bislang nicht gelöstes Problem besteht in den im Gebäudesockel sowie den unteren Mauerwerksschichten vorhandenen Salzablagerungen aus der langjährigen Streusalzbelastung. Diese Salze, die nun aufgrund der Entfernung der absperrenden Farbschichten nach außen diffundieren können, schädigen derzeit noch den Farbauftrag in den unteren Mauerschichten und sind als Ausblühungen auch am ungestrichenen Sockel erkennbar. Ein regelmäßiges Abbürsten des Sockels und häufigeres Nachstreichen, bis sich der Salzgehalt nachhaltig reduziert hat, ist unabdingbar.

Das Rathaus steht in einem Bereich mit hohem Grundwasserstand. Durch eine vertikal vor die Gründung eingebrachte Abdichtung aus einer Tonpackung wird die Feuchtebelastung reduziert, nicht jedoch vollständig unterbunden. Auf das Einbringen einer horizontalen Abdichtung in dem unteren Mauerwerk wurde zu Gunsten der Konstruktion des herausragenden Denkmals verzichtet. Es wurden durch die Verwendung nicht-sperrender Materialien im und am Mauerwerk Maßnahmen ergriffen, die das Abtrocken des Mauerwerkes erleichtern und somit die Umgebungsbedingungen für die historische Gebäudesubstanz nachhaltig verbessern.

In der 21. Kalenderwoche wird nun das Gerüst abgebaut und das sanierte Gebäude erstmals wieder in Gänze zu betrachten sein. Damit sind aber die Arbeiten im Rahmen dieses Bauabschnittes noch nicht ganz erledigt. In der Folge werden noch gestalterisch angepasste Informationskästen der Stadt sowie der Museumsfreunde installiert und die Pflasterung des Marktplatzes endgültig wieder hergestellt. Pünktlich zum Beginn der diesjährigen Domfestspiele wird der Marktplatz dann wieder ohne Baustelleneinrichtung nutzbar und erlebbar sein.

Geplant ist, nach der Festspielsaison 2019 unmittelbar mit der Sanierung des 3. Bauabschnittes, der Ostgiebelfassade zu beginnen. Die Finanzierung dieses Abschnittes steht kurz vor ihrem Abschluss, die Vorarbeiten für die erforderlichen Vergabeverfahren laufen bereits.

Der mit einer Gesamtbausumme von rund 780.000 Euro abschließende 2. Bauabschnitt wurde zu einem ganz überwiegenden Teil mit öffentlichen Zuschüssen aus dem Städtebauförderungsprogramm „Städtebaulicher Denkmalschutz“ sowie Mitteln des Kommunalinvestitionsförderungsfonds finanziert.

Die aus einer Rückstellung im städtischen Haushalt aufgewendeten Mittel der Stadt betragen nur etwa 180.000 Euro. Zwar mussten auch bei den genannten Förderprogrammen Eigenanteile in Höhe von rund 33 beziehungsweise acht Prozent aufgebracht werden. Insgesamt ist aber festzustellen, dass die erhebliche Aufwertung des Gebäudes ohne die Hilfen von Bund und Land aus eigener Kraft nicht hätte erreicht werden können.

Im Resümee ist festzustellen, dass das Gebäude nachhaltig saniert und ein wichtiger Schritt zur langfristigen Erhaltung getan wurde. Zudem entspricht die jetzige Gestaltung der stadträumlichen Umgebung des Gebäudes und trägt zu einer erheblichen Aufwertung der städtebaulichen Situation des Marktplatzes bei.rah