Re-Start für den Freiluftsport: Wenn’s denn mal so einfach wäre...

Stadtverwaltung hat bislang weder Verordnung noch Ausführungshilfen / Fachverbände legen Latte für Trainingsbetrieb sehr hoch

Seit Wochen hat das Rudolf-Cahn-von-Seelen-Stadion keine Sportler gesehen: Der betreibende Verein Grün-Weiß hat die Anlage komplett gesperrt, selbst Individualtraining ist verboten. Nun winkt in Niedersachsen ab Mittwoch eine „Lockerung“, die sich aber bei genauer Betrachtung als durchaus kompliziertes Unterfangen entpuppt.

Bad Gandersheim. Die Meldung kam vor dem Wochenende dann doch für die meisten überraschend. Niedersachsen geht in seinen Lockerungen ein Stück weiter als die Beschlüsse aus Berlin vom Donnerstag letzter Woche. Und zwar in der Frage, auf Freiluft-Sportanlagen wieder einen Sportbetrieb zu erlauben. Vordergründig hat dies sicher bei vielen Ausgesperrten Jubel ausgelöst – der aber schnell verhallt, wenn man sich einmal intensiver mit der Sachlage befasst hat.

So sieht ein Internet-Blogger am Sonntag reichlich unbedarft schon ab Mittwoch wieder Fußballer im von der SVG betriebenen Rudolf-Cahn-von-Seelen-Stadion trainieren. Genau das aber ist im Moment noch am unwahrscheinlichsten. Vor Mannschaftssportarten haben Individualsportarten die deutlich besseren Aussichten, die geforderten Umstände zur Wiederaufnahme eines Trainingsbetriebes zu erfüllen. Und da sind eine Latte von Vorschriften zu beachten.
Im Falle der SVG Grün-Weiß und des Kernstadtstadions haben sich die Leichtathleten schon konkret mit der Frage einer Wiederaufnahme des Trainingsbetriebes in dieser Woche befasst. Leitfaden dafür konnte eine Handreichung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes sein, in der genau beschrieben wird, unter welchen Umständen dies passieren kann.

Erste wichtige Voraussetzung: Individuelles Training, also „Alleinsport“, wird es vorerst auch weiter auf den Anlagen nicht geben! Zugelassen werden nur Trainingsgruppen unter Anleitung eines lizensierten Betreuers und Übungsleiters. Heißt konkret: Die Türen im Rudolf-Cahn-von-Seelen-Stadion werden nur für – zudem zahlenmäßig eher kleine – Trainingsgruppen aufgeschlossen. Trainingsgäste, Sportabzeichen und andere Aktivitäten bleiben weiter ausgesperrt.

Bevor das Training aufgenommen werden kann müssen neben anderem:

  • ein Hygiene- und Desinfektionsplan für die genutzten Räume und Geräte angelegt werden;
  • die Trainingszeiten und Teilnehmer wochenweise der Vereinskoordination bekannt gegeben werden;
  • ist vor Beginn des Trainings eine Einweisung in die geltenden Hygiene- und Infektionsschutzvorschriften durch den Trainer vorzunehmen;
  • muss ein Fragebogen für jeden Trainingsteilnehmer ausgefüllt werden, um Risikofaktoren auszuschalten;
  • sind Desinfektionsmittel, gegebenenfalls Masken und Handschuhe vorzuhalten. Das alles ist zudem zu protokollieren.

Die Trainingseinheiten sind unter Einhaltung der Mindestabstände durchzuführen. Körperkontakt kann und soll es nicht geben – was insbesondere für eine Mannschaftssportart wie den Fußball ein klares Problem ist, wenn große Teile des üblichen Trainingsprogrammes nicht durchführbar sind. Selbst ein einfaches Lauftraining unterliegt wegen der erhöhten Aerosol-Ausstöße bei körperlicher Betätigung besonderen Regeln zum Schutze der Trainingsteilnehmer.
Ganz klar ist auch, dass die Umkleiden und Duschen des Stadions nicht zur Verfügung stehen. Ebensowenig vermutlich die Toiletten, die zwar geöffnet werden könnten, aber dann die Liste der Vorsichtsmaßnahmen und Desinfektionsbedarfe weiter verlängern würden.

Die Spielvereinigung Grün-Weiß ist am Thema, seit es Ende vergangener Woche bekannt gegeben wurde. Die Leichtathletikabteilung hatte sich vorab schon auf eine solchen Fall vorbereitet, muss aber nun noch den erweiterten Anforderungskatalog bewältigen. Am Montagabend traf sich der geschäftsführende Vorstand der SVG in kleiner Runde, um die notwendigen Schritte zu einer Rückkehr in den Sportbetrieb zu besprechen und wo nötig in die Wege zu leiten.

Noch völlig ungeklärt ist, wie mit Sportplätzen verfahren wird, die nicht eingezäunt sind und sich damit einer Kontrollierbarkeit der Einhaltung der strengen Auflagen entziehen könnten. Grundsätzlich ist zurzeit dort Sportbetrieb wie überall noch verboten. Die Stadt Bad Gandersheim verfügte nach Aussagen von Ordnungsamtsleiter Frank Biener am Montagmorgen noch über keinerlei aktualisierte Verordnungen und Ausführungshinweise zum Thema.
Solange dies Sachstand ist, bleiben die ursprünglichen Sportverbote grundlegend aufrecht erhalten. Man rechne aber praktisch täglich mit neuen Verordnungen und Hinweisen, die der Landkreis in der Regel zur praktischen Umsetzung dazugebe. Es bleibt alles in Bewegung.rah