Spannende Abfolge von unterschiedlichen Bereichen in einer Formensprache

Geschäftsführer Thomas Hellingrath zu gestalterischen Plänen für die LaGa 2022 und Perspektiven für Bad Gandersheim

LaGa-Geschäftsführer Thomas Hellingrath zeigt vor der Kulisse des ersten Osterbergsees den Entwurf des Hannoveraner Planungsbüros NSP Christoph Schonhoff.

Bad Gandersheim. Erster sichtbarer Schritt auf dem Weg hin zur Landesgartenschau ist Ende vergangener Woche das Ablassen des zweiten Osterbergsees gewesen, um die Teichanlage ökologisch und optisch aufwerten zu können. Viele weitere Schritte werden folgen, bis das Ereignis am 14. April 2022 offiziell eröffnet wird. Zuständig für den gärtnerischen und gestalterischen Part und die baufachliche Durchführung ist Thomas Hellingrath, der gemeinsam mit Lena Guth das Geschäftsführertandem der Durchführungsgesellschaft bildet. „Ich finde die Herausforderung sehr interessant, sehr spannend“, sagt der 53-Jährige nach den ersten rund 70 Tagen im Amt.

Außer der Weiterentwicklung der Planung, die er in enger Zusammenarbeit mit dem in Hannover ansässigen Büro NSP Christoph Schonhoff Landschaftsarchitekten Stadtplaner und der Naturschutzbehörde in Northeim begleitet, gehöre ganz viel Netzwerkarbeit zu seinen ersten Aufgaben. Das heißt: Termine abmachen, Menschen kennenlernen und Gespräche führen mit Privatpersonen, Gruppen, Firmen und Institutionen. Das Vernetzen in Fachverbänden zählt ebenso zu seinem Pensum wie die Teilnahme an Veranstaltungen, in denen er über die Vorbereitungen für die Landesgartenschau 2022 berichtet.

Entstehen werde ein „moderner Landschaftspark, der die vorhandenen Strukturen mit einbindet, eine visuell ablesbar zusammenhängende Freifläche vom Campingplatz bis Kloster Brunshausen mit einer spannenden Abfolge von unterschiedlichen Bereichen, die auch unterschiedliche Stärken, aber eine Formensprache haben“, so Hellingrath, der von einer konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Büro NSP berichtet. Es könne „in einer gewachsenen Struktur eine Verbesserung durchgeführt werden, um das Ganze in die Moderne zu heben“.

Chancen biete der Bereich „durch die Wasserflächen und deren Abfolgen“ in der besonderen Kulisse einer Tallage. Dass es alten Baumbestand gibt, findet der Landschaftsarchitekt „eine ganz tolle Sache“. Die Nähe zur Innenstadt erwähnt Hellingrath ebenso als Pluspunkt wie die Tatsache, dass mit Brunshausen ein „ganz wichtiger historischer Punkt tangiert wird“.

Starker Bezug zu den Themen Garten und Natur

Der starke Bezug zu den Themen Garten und Natur war dem Rheinländer quasi in die Wiege gelegt: Sowohl seine Eltern als auch seine Großeltern besaßen große Gärten. Geboren in Hilden und aufgewachsen in Langenfeld legte Hellingrath im Jahre 1985 das Abitur in Opladen ab. Nach dem Zivildienst begann er in Leverkusen eine Ausbildung zum Gärtner, Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau, die er aufgrund seiner guten Leistungen um ein Jahr verkürzen konnte.

„Ich wollte Landschaftsarchitekt werden und hatte es für sinnvoll erachtet, vorher die Praxis zu erlernen“, begründet der LaGa-Geschäftsführer seine Entscheidung für die Ausbildung. Das sieben Semester dauernde Studium der Landespflege, wohinter sich aber faktisch Landschaftsarchitektur verbirgt, absolvierte er in Osnabrück mit dem Abschluss Diplom-Ingenieur.

Seine erste Stelle trat er 1993 in einem Büro für Landschaftsarchitektur und Freiraumplanung in Erftstadt an, es folgten 17 Jahre in einem Büro mit gleicher Aufgabenstellung in Köln. Der Berufszweig sei sehr umfassend, sein besonderes Interesse habe der Bepflanzungsplanung gegolten. 2011 wurde Hellingrath gefragt, ob er in der Durchführungsgesellschaft für die drei Jahre später in seinem Wohnort Zülpich ausgerichteten Landesgartenschau mitwirken und eine Stelle für Planen und Bauen übernehmen wolle. Das Interesse an dem Projekt und die Herausforderung habe ihn gereizt, so dass er seine unbefristete Stelle verließ und eine Art Abteilungsleitung übernahm.

Im Gegensatz zu den niedersächsischen Landesgartenschauen werden die Schauen in Nordrhein-Westfalen nach dem Ende des rund halbjährigen Ereignisses mit entsprechendem Marketing- und Veranstaltungsprogramm eintrittspflichtig weiterbewirtschaftet. Hellingrath wurde Prokurist der Nachfolgegesellschaft Seepark GmbH, die vom Elektropop-Festival bis zum Familienfest und von Oldtimerveranstaltungen bis zu Konzerten zahlreiche Veranstaltungen ausrichtete, das vom ihm ins Leben gerufene Drachenfest hatte kürzlich 6.300 Besucher an einem Tag.

Roswithastadt besitzt hohes Potenzial

Nachdem er auf die Stelle in Bad Gandersheim aufmerksam gemacht worden war, habe er sich mit dem Thema Geschäftsführung einer Landesgartenschau, der Machbarkeitsstudie und der Stadt Bad Gandersheim auseinandergesetzt und dann entschlossen, sich zu bewerben. Sein erster Eindruck von der Roswithastadt sei gewesen, dass sie hohes Potenzial habe. Hellingrath nennt die historische Altstadt, die Geschichte, den Gesundheitsstandort und den Tourismus als Beispiele, wobei die Heilquellen und die Sole aus seiner Sicht noch besser touristisch genutzt werden könnten. Auch die Landschaft sei „sehr schön“.
Wenn man von außen komme, habe man allerdings relativ schnell den Eindruck, die Stadt verkaufe sich unter Wert. Auch ein gewisses Maß an Resignation sei zu spüren. „Ich bin überzeugt, dass eine Landesgartenschau einen Anschub geben kann, diese zwei, drei Jahrzehnte, wo es gefühlt kontinuierlich ein bisschen bergab ging, wieder umzukehren.“ Hellingrath: „Das ist eine Chance für die Stadt und die Region und ich kann nur an alle appellieren, diese Chance zu nutzen.“

Die Verbesserung der Freiraumqualität unter anderem durch einen neu gestalteten Kurpark, Grünverbindungen von den Parkanlagen in die Stadt und andere Veränderungen, die nachhaltig und sichtbar bleiben, zählten zu den Bereichen, die von der Durchführungsgesellschaft geleistet werden. Während der Veranstaltung sei es Ziel, „viele Besucher in die Stadt zu bekommen und die Aufmerksamkeit auf die Stadt zu lenken, in der Region, überregional und medial“. Der Radius werde sich bis in die Randbereiche der anderen Bundesländer erstrecken.

Die Multiplikatoren, die man durch die LaGa hierher bekommt, müssten dazu gewonnen werden, wiederzukommen und von Bad Gandersheim zu erzählen. Dann könne man Menschen zum Beispiel auch dazu bewegen, ein langes Wochenende in Bad Gandersheim zu verbringen und Attraktionen rundherum von Harzhorn über den PS-Speicher in Einbeck bis zur Northeimer Seenplatte zu besuchen.

Dies gelinge allerdings nur, wenn es auch außerhalb der Landesgartenschau attraktiv ist – und wenn es vernünftige Übernachtungsmöglichkeiten gibt. Dabei denkt der Geschäftsführer nicht nur an entsprechende Kapazitäten in Hotels, sondern auch Ferienwohnungen, Formate wie bed & breakfast oder bed & bike.

Potenzial biete der Wander- und Fahrradtourismus. Positiv sei die Lage der Roswithastadt und die schnelle Erreichbarkeit von Zielen wie Quedlinburg, Wernigerode, dem Weserbergland, Hannover und Göttingen, nennt Hellingrath einige Beispiele. „Als Rheinländer sind das so Bereiche gewesen, wo man nie hingefahren ist, weil es so weit weg ist", erklärt der Geschäftsführer.

Eine völlig neue Erfahrung sei für ihn, dass es Wohnungsleerstand in Bad Gandersheim gibt. „Das kenne ich nicht. Bei uns kann man froh sein, wenn überhaupt irgendwo eine Wohnung zu finden ist“, sagt der Geschäftsführer, der hofft, dass „durch die LaGa Kräfte gebündelt werden in jeglicher Hinsicht und man gemeinsam die Stadt nach vorne bringt“.

Nächster sichtbarer Schritt auf dem Weg zur Landesgartenschau werde im Winter „das Freimachen von Baufeldern sein“, kündigt Hellingrath an. Dabei werde sehr sensibel vorgegangen, bei großen Bäumen soll die Baumstruktur erhalten bleiben. Geschaffen werden neue Sicht- und Wegebeziehungen und Freiräume für neue Bepflanzungen.

Einwohnerversammlung zur LaGa am Mittwoch

Der Sachstand zur Vorbereitung der Landesgartenschau 2022 mit der Präsentation der aktuellen Pläne des Planungsbüros NSP aus Hannover sowie die Organisation des Bürgerengagements sind Themen einer Einwohnerversammlung, die am Mittwoch, 23. Oktober, 19 Uhr, im Forum des Roswitha-Gymnasiums, Bismarckstraße 16, beginnt. Der gegründete Förderverein wird sich in diesem Zusammenhang vorstellen. Es sind alle interessierten Einwohnerinnen und Einwohner sowie interessierte Gäste aus dem Umland eingeladen.art