Stiftskirche: Amtszeit endet

Mitte März wird der neue Kirchenvorstand gewählt / Vorher zieht der scheidende Bilanz

Zu den großen Restaurierungsherausforderungen der nächsten Jahre in der Stiftskirche zählt auch das sogenannte Mecklenburgische Grabmal, vor dem Pfarrer Thomas Ehgart (links) und Kirchenvorstandsvorsitzender Thomas Gelück hier stehen.

Bad Gandersheim. Die Amtszeit des aktuellen Kirchenvorstandes der Stiftskirchengemeinde neigt sich dem Ende entgegen: Am 11. März werden die neuen Kirchenvorstände gewählt, seit wenigen Tagen stehen auch die Kandidaten für die Wahl fest. Und mit diesen, so Pfarrer Thomas Ehgart, ist abzusehen, dass es eine deutliche Verjüngung des Kirchenvorstandes geben wird. Schon deswegen, weil eine Reihe aktueller Vorstandsmitglieder ausscheidet und nicht wieder kandidiert.
Das Ende der Amtsperiode ist zugleich ein guter Anlass, um zurückzuschauen auf die letzten sechs Jahre. In denen, so konnte Kirchenvorstandsvorsitzender Thomas Gelück bilanzieren, hat sich in der Kirche viel getan. Dies sowohl auf bauliche wie organisatorische Umstände bezogen.

Die „weichen“, menschenbezogenen Entwicklungen liegen der Kirche dabei naturgemäß näher. Schließlich, so beide GK-Gesprächspartner übereinstimmend, mache das Kirche bedeutend mehr aus, als einen schönen Kirchenraum stellen zu können. Das komme immer an zweiter Stelle.

So sind es denn auch die Veranstaltungen und Angebote der Kirche für Gemeindemitglieder, Interessierte und Gäste der Stadt, die beim Blick zurück vorn stehen. Zum Beispiel die Taizé-Andachten. Die sind nach einigen Jahren nun ein Selbstläufer. Sie beginnen seit einiger Zeit sogar schon um 18 Uhr mit einer vorgeschalteten Stunde Gesang in der Stiftskirche.

Auch beim, von der Stiftskirche mitinitiierten und -getragenen, Jugendzentrum „Phoenix“ könnte man glauben, es sei ein „Selbstläufer“, doch dazu wird von zu vielen zu viel Arbeit eingebracht, um diesen Begriff benutzen zu können. Etabliert ist das „Phoenix“ aber ohne Zweifel und der neue, agile Vorstand hat viel angeschoben und 2018 nicht weniger noch vor.

Mit dem Gottesdienst und Alternativen hat sich die Gemeinde in den letzten sechs Jahren auch befasst. Neue Formen sind ausprobiert und eingeführt worden: Abendgottesdienste oder thematische, in denen die Liturgie in den Hintergrund tritt, sprechen andere als die durchschnittlichen Kirchenbesucher an. Genau da möchte Kirche aber auch hin, so Pfarrer Ehgart.

Ein weiteres Beispiel solcher Wege war der Pfingstgottesdienst im Grünen in Brunshausen. Die gute Resonanz beweise, dass es ein richtiger Weg sei, der weiter beschritten werden soll, wobei die Kirchengemeinden rundherum mitziehen.

„Rundherum“ führt auch zu den Reformen, die in der Propstei bis in die Kirchengemeinden hinunter auch die Stiftskirchengemeinde gefordert haben. Gestaltungsräume war das eine Thema, die Fusion mit der kleinen Kirchengemeinde Seboldshausen eine faktische Auswirkung. „Dabei ist wichtig, dass Seboldshausen die Stiftskirchgemeinde gebeten hat, aufgenommen zu werden“, macht Thomas Ehgart deutlich, es gehe keineswegs um das „Schlucken“ kleinerer Gemeinden.

Die Veranstaltungen im Rahmen des Reformationsjahres, so Thomas Gelück, hätten gezeigt, dass es in Zusammenarbeit verschiedener Gliederungen und mit anderen Vereinen möglich sei, Größeres auf die Beine zu stellen.

Groß und bedeutsam für die Stiftskirche ist, dass sie von der Landeskirche zur Profilkirche erhoben wurde. Das zeigt zum einen, welche Ausstrahlung man der Stiftskirche in Braunschweig beimesse, zum anderen sei es sehr hilfreich, wenn es darum geht, auch größere Kraftakte stemmen zu müssen. Womit der Baubereich ins Spiel kommt.

Der macht der Stiftskirche immer Sorgen. 20 Jahre nach der letzten große Sanierung sind bereits wieder Dinge aufgelaufen, die erneuert werden müssten. Blätternder Putz oder Farbe sind nur äußeres Zeichen dafür. Aber auch für die Veränderungen, mit denen die Kirche im Ganzen zu kämpfen hat.

Klimawandel hin oder her: Fest steht, dass Kirche feuchter wird. Das hat mit mehr Regen zu tun, häufigeren Stark­regenereignissen, höheren Grundwasserspiegeln und mehr Luftfeuchtigkeit. Letztere vor allem sorgt in der Kirche für Probleme, denn wo es feucht ist, schimmelt es schnell auch. Davon ist sogar die Orgel nicht verschont!

Die Herausforderung in diesem Bereich ist eine große, und hier kann der aktuelle Kirchenvorstand daher auch nur die nötigen Schritte einleiten. Durchführen muss das alles der neue Kirchenvorstand. Im Kern geht es um ein Klimagutachten und den daraus erwachsenden Maßnahmen, das Klima in der Kirche in den Griff zu bekommen. Zum Erhalt der Bausubstanz ebenso wie zum Erhalt der Kirchenschätze bis hin zu denen des mitbetroffenen Portals zur Geschichte. Das wird, darin sind sich Gelück und Ehgart sicher, zu umfänglichen, vermutlich elektronisch gesteuerten Klimamaßnahmen in der Kirche führen. Ein Programm für die nächsten Jahre und mit sechs- bis siebenstelligen Kosten.

Unter der Ägide des scheidenden Kirchenvorstandes hat es schon bedeutende Veränderungen gegeben. Die neue Audioanlage, das seit einiger Zeit einsetzbare Lichtkonzept – in Kürze auch mit Möglichkeit der stufenlosen Helligkeitsanpassung – Baumaßnahmen wie Reparaturen an der Nordwand, Verbesserung der Regenwasserableitung, um das unmittelbare Wandumfeld nicht noch stärker zu durchnässen und anderes mehr können als erledigt abgehakt werden.

Dieses Jahr noch wird der Bau des barrierefreien Zugangs über den Südeingang erfolgen, im Inneren schützt dann ein moderner Windfang die Kirche zusätzlich vor zuviel Lufteintrag von außen – siehe Klimaschutz für das Gebäude. Perspektivisch ist außerdem Interesse und konkrete Mitwirkung an der LGS signalisiert worden: Der Innenhof des Martin-Luther-Hauses soll in die Gartenschau integriert und neu gestaltet werden.

Und gleichzeitig ist es dem Kirchenvorstand bei all dem auch noch gelungen, seine Gestaltungsspielräume im Budget deutlich zu verbessern. Ein Drittel an Energiekosten und ein Drittel an Personalkosten sind eingespart worden. Beste Startbedingungen für die, die im neuen Kirchenvorstand den Staffelstab übernehmen sollen und das weiter- und zu Ende führen müssen, was jetzt angeschoben wurde.rah