„The Box“ wird zum Gedenkort

Erinnerung 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg: Namen der Gefallenen aus beiden Orten aufgelistet

Reges Interesse fand die Einweihung der von Byford überarbeiteten Telefonzelle.

Bad Gandersheim. Über Kunst lässt sich trefflich streiten. Das war im Vorfeld der Eröffnung der jüngsten Überarbeitung der aus Skegness als Kunstobjekt gespendeten und an der Stiftsfreiheit aufgestellten Telefonzelle aus England deutlich zu spüren. Kaum hatte Künstler John Byford als Initiator und Mentor des Projektes, das unter dem Titel „Two voices – zwei Stimmen“ steht, den Pinsel angesetzt, um das Gelb der Telefonzelle in ein Weiß zu verwandeln, setzten in manchen Kreisen die Diskussionen ein.

Vor allem darüber, warum man nicht alles so gelassen habe, man habe sich doch schon so an das Rot gewöhnt! Nein, kein Schreibfehler, es gab Einwürfe, die deutlich machten, dass den Diskutanten die tatsächliche Farbe der Zelle – ein knalliges Gelb – offenbar weniger bewusst war, als ihre einstig tatsächliche in England. Für John Byford ein weiterer Beweis dafür, dass es höchste Zeit war, etwas Neues mit dem Objekt anzufangen – nur dann sei die Aufmerksamkeit wieder zu wecken, die sich offenbar im Laufe der ersten drei Jahre, die die Zelle nun an der Stiftsfreiheit steht, doch ordentlich schlummern gelegt hatte.

Frischer Wind – pardon: frische Farbe also. Aber die sollte, so machte Byford bereits in einem exklusiven Interview mit dem GK deutlich und wiederholte dies bei der Einweihung, als Farbe des Friedens  nur symbolisch mit der Neuausrichtung im Inneren harmonieren. Dort geht es ab jetzt ein Jahr lang um das Gedenken an ein schreckliches Jubiläum: Vor 100 Jahren endete der Erste Weltkrieg und hinterließ ein Millionenheer Gefallener. Darunter auch Menschen aus Bad Gandersheim und Skegness, die sich in den Gräben der Westfront gegenüberlagen.

„Niemand von ihnen wollte dort sein, niemand wollte sterben oder töten müssen, aber es gab keinen Ausweg“, so John Byford bei der Einweihung der Gedenkzelle. Kunst könne durchaus auch dem Zweck der Erinnerung an dieses Schreckensereignis dienen, so Byford weiter. Mit Unterstützung aus Bad Gandersheim war es ihm gelungen, die Namen der Gefallenen aus beiden Orten zusammenzutragen. Sie wurden alphabetisch auf einer Tafel zusammengefasst, die nun im Inneren der „Box“ – wie die Zelle ja auch genannt wird – aufgehängt ist.

Man kann eintreten, muss es aber nicht, um sie zu lesen.  „Und dann findet man dort Wilhelms neben Williams bunt durcheinander, bei manchen Namen ist nicht einmal deutlich, ob es ein Gandersheimer oder Skegnesser war. Im Grunde waren sie alle gleich, egal auf welcher Seite sie starben, und das ist eine wichtige Erkenntnis“, so Byford weiter.
Der Künstler hatte sich vorab intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Auch aus seiner Familie war ein Vorfahr im Feld geblieben, zudem mit deutschen Wurzeln. Byford hat die Schlachtfelder der Westfront gesucht und noch runde 100 Jahre nach den mörderischen Grabenkämpfen die Erschütterung gespürt, die jeden angesichts des Massensterbens ergreifen müsse. Noch heute spüre er bei jeder Erinnerung an die Besuche dieses Gefühl, bekannte er in Bad Gandersheim.

Rund 25 Menschen wohnten in der vergangenen Woche der Einweihung des erneuerten Kunstwerkes bei. Darunter auch einige Besucher aus Skegness, die schon vor dem Altstadtfest angereist waren. Für sie gab es zudem am Montagmorgen einen besonderen Vortrag im Stadtmuseum, das sich bekanntlich in den vier Kriegsjahren jeweils 100 Jahre später mit den Ereignissen beschäftigt und weithin gelobte Sonderausstellungen organisiert hat. Die am Montagmorgen zudem mit englischem Dolmetscher aus Bad Gandersheim: Robert Leaman.

Eine weitere Veranstaltung ist im November rund um den Volkstrauertag bereits ins Auge gefasst, dann auch mit dem Bürgermeister aus Skegness als Gast, der zur Einweihung nicht kommen konnte. Die Telefonzelle als Gedenkstätte soll nun ein Jahr als Erinnerungsort fungieren. Im kommenden Spätsommer steht dann eine erneute Umarbeitung an. Mit neuer Farbe! Man darf weiter gespannt bleiben.rah