Uneins über den Weg, klar im Ergebnis

Rat verabschiedet Schritte zu Corona-Hilfe auf der Basis eines SPD-Antragspapiers

Bunt durcheinander und mit reichlich Abstand: Die Ratssitzung am Dienstag im Forum der Oberschule. Mundschutz war nur bei Bewegung durch den Raum vorgeschrieben.

Bad Gandersheim. Zentraler Punkt der Tagesordnung der jüngsten – erneut außerhalb der geplanten Terminierung anberaumten – Ratssitzung waren zwei Anträge, die sich damit beschäftigten, von der Corona-Krise in der Stadt Betroffenen Hilfe zu verschaffen. Die Ansätze der beiden Anträge waren dabei recht verschieden.
Bekanntermaßen hatte zuerst die CDU einen Antrag an die Verwaltung gerichtet und öffentlich gemacht, dessen Zielrichtung eine städtische Finanzhilfe für Kleinunternehmen und Selbständige ist. Dazu sollte ein Hilfsfond mit bis zu 500.000 Euro aus städtischen Haushaltsmitteln aufgestellt werden.

Einen anderen Ansatz verfolgte der wenig später eingereichte Antrag der SPD. Sie zielte anstelle von Finanzhilfen im „Gießkannenprinzip“ darauf ab, mit verschiedensten Maßnahmen nicht nur Unternehmen, sondern auch zahlreichen anderen betroffenen Gruppen in der Stadt Unterstützung zu bieten. Beide Anträge waren in der Open-Air-Sitzung in Brunshausen zur gemeinsamen Beratung vertagt worden und sollten nun in einer damals schon beantragten neuen Ratssitzung – eben der vom Dienstag – abgestimmt werden.

Das in Brunshausen formulierte Vorhaben, aus den vorgelegten Vorschlägen ein gemeinsames Konzept zu formen, gelang leider nicht, wie das Ergebnis am Dienstagabend belegte. Das dokumentierte sich einerseits darin, dass es weiterhin Beschlusspunkte zu beiden Anträgen (und nicht einem eventuell daraus entstandenen gemeinsamen) gab und genauso in der Diskussion zu diesen.

Die wurde mit dem Antrag der SPD-Fraktion eröffnet. Fraktionsvorsitzender Niklas Kielhorn erläuterte, der Fraktion sei es mit ihrem Antrag darum gegangen, möglichst vielen Menschen zielgerichtet zu helfen. Durch die Länge des Beratungsverfahrens habe sich manches in der Zwischenzeit bereits erledigt, anderes sei durch die Entwicklungen schon wieder überholt. Was aus dem Antrag sinnvoll verbleibe, habe die Verwaltung in de Beschlussvorlage zusammengefasst.

Die SPD wolle die Menschen nicht vergessen, die in dieser Situation schnell aus dem Blick gerieten. Mit dem Erlass der Kindertagesstättengebühren für die Monate April und Mai würde Familien geholfen, was bei allen Fraktionen schon immer Forderung sei. Der Vorschlag, für den Sommer zusätzliche Betreuungskonzepte zu erstellen, entlaste Eltern, die jetzt schon Teile ihre Jahresurlaubs für Corona-Betreuung opfern mussten.

Dem Einzelhandel sei mit der Aussetzung der Parkgebühren in der Innenstadt Unterstützung zuteil geworden. Die Geschäfte sind seit einiger Zeit bereits wieder offen, die Gebühren werden weiterhin noch nicht wieder erhoben. Allerdings müsse die Stadt inzwischen angesichts des ersten Nachtrags nun auch wieder im Blick haben, Einnahmeausfälle zu begrenzen. Daher werde beabsichtigt, die Gebührenpflicht auf den Innenstadtparkflächen ab dem 1. Juni wieder aufzunehmen.

Gelitten hätten durch Corona auch zahlreiche Vereine und das Ehrenamt. Auch hier sollte es Unterstützung geben, wo sie gebraucht werde. Dabei solle an möglichst alle Betroffenen gedacht werden. Ein pauschaler Geldbetrag könne dem nicht gerecht werden. Statt dessen müsse punktuell wirksam geholfen werden.

Den Einzelhandel habe die SPD dabei sehr wohl auch im Blick. Diesem sei langfristig aber nicht mit Geldgeschenken zu helfen. Statt dessen müssten Vorschläge vorangetrieben werden, wie moderne Online-Vertriebssysteme für die Zukunft aufzubauen. Diesen Gedanken habe es auch schon vor Corona gegeben, die Pandemie habe seine Notwendigkeit aber schonungslos offengelegt.

Zu guter Letzt wies Kielhorn auf die Jugend hin. Diese dürfe durch Corona nicht abgehängt werden. Darauf zielten die Vorschläge im Zusammenwirken mit dem Stadtjugendpfleger ab.

Noch vor der Erwiderung durch den Fraktionsvorsitzenden der CDU ergriff Linken-Ratsvertreter Jürgen Otto das Wort. Er beschied der SPD, sie habe sich mit ihrem Antrag große Mühe bei der Ausarbeitung gegeben. Es bleibe aber auch bei diesen Vorschlägen abzuwarten, wie sich das auf den angeschlagenen Etat auswirke. Trotzdem werde er dem Antrag zustimmen.

Timo Dröge erinnerte an seine Worte aus Brunshausen, die CDU sei bereit, auch sinnvolle Vorschläge aus anderen Ratsfraktionen mittragen zu können. Es sei klar, dass es bei Corona-Hilfe nicht ausschließlich um Unternehmen geht oder gehen könne. Die CDU wäre bereit gewesen, mit anderen zusammen „einen großen Schluck aus der Pulle“ zu nehmen. Leider habe die SPD ja am Tage der Ratssitzung durch Medien öffentlich verlauten lassen, dass sie dem CDU-Antrag nicht zustimmen werde.

Unterschiedliche Ansichten machte Dröge an einzelnen Punkten deutlich: Die Aussetzung der Parkgebühren hätte den Einzelhandel noch länger entlasten müssen. Ein Antrag der CDU, die Aussetzung bis Jahresende festzusetzen, sei aber im VA mehrheitlich abgelehnt worden.

Dass am Ende nun aus den beiden Anträgen kein gemeinsames Ergebnis herausgekommen sei, liege am am falschen Weg dorthin. Der CDU-Antrag sei von vornherein als „unmöglich“ erklärt worden. Genauer gesagt, habe man ihn durch die Übergabe zur Prüfung beim Landkreis dafür erklären lassen, wenngleich der Wortlaut der Beurteilung lautete, man sehe den Antrag „äußerst kritisch“. Einen Beschluss habe dies nicht prinzipiell ausgeschlossen.

„Familienförderung nützt nichts, wenn es keine Arbeitsplätze mehr gibt. Deshalb sollten wir zuerst die Wirtschaft stärken und uns dann um den Rest kümmern“, fasste der CDU-Fraktionsvorsitzende seinen Ansatz zusammen. Die CDU hoffe dennoch, dass es ein gemeinsames Arbeiten für die lokale Wirtschaft geben werde.

Auch, wenn sich dies zunächst so anhörte, als werde die CDU nun den SPD-Antrag ablehnen, war das in der Abstimmung dann nicht der Fall. Die Beschlussvorlage wurde mit 19 Stimmen der 20 anwesenden Ratsmitglieder angenommen. Es gab eine Enthaltung.

Beschlossen ist damit dies: Die Verwaltung erhält den Auftrag, zur Sondierung der Bedarfe Gespräche mit verschiedensten Einrichtungen, Vereinen und ähnlichen Organisationen zu führen.

Die Parkgebühren bleiben nur noch bis Ende Mai ausgesetzt und sollen ab 1. Juni wieder erhoben werden.

Der Stadtjugendpfleger erhält den Auftrag, ein Konzept zur Erreichbarkeit von Kindern und Jugendlichen über die elektronischen Medien zu erarbeiten.
Hinzugefügt wurde nach Beschluss im Verwaltungsausschuss der Passus, dass die Verwaltung dem Rat über die geführten Gespräche Bericht erstatten soll.

Behandlung des CDU-Antrags

Nach dem SPD-Antrag stand der Antrag der CDU auf der Tagesordnung. Wie üblich hielt der Antragsteller die Begründungsgrede, in diesem Fall CDU-Fraktionschef Timo Dröge.

Auch die CDU habe sich mit ihrem Antrag Mühe gegeben. Die ablehnend verfasste Beschlussvorlage der Stadt verweise nun aber zum Beispiel auf Hilfsprogramme des Landes. Das sei sachlich falsch, die gebe es noch gar nicht, das Land leite nur Bundesmittel weiter.
Dröge nahm weiter zu einzelnen Begründungsaspekten für die Ablehnung Stellung. Den Verweis auf den Zukunftsvertrag kommentierte er damit, dieser enthalte auch eine Passage, dass außergewöhnliche Ereignisse keine Berücksichtigung fänden. Was anders als ein außergewöhnliches Ereignis sei denn die Pandemie? Ohne Zweifel könne sich die Stadt also darauf berufen, wenn es durch Corona zu Haushaltsüberschreitungen käme. Verschuldung sei in Krisenzeiten etwas Normales, so gelte es ja nun auch für den Bund.

Die Hinweise auf die Haushaltslage griff Dröge mit dem Verweis auf den Umstand auf, das nun entstehende Defizit sei ausschließlich Corona-bedingt. Die Summe ergebe sich allein schon aus den Steuerausfällen.

Noch einmal auf die angesprochenen und in der Vorlage ausführlich aufgelisteten rund 20 Hilfsprogramme eingehend sagte Dröge, nur ein einziges davon habe diesen Namen eigentlich verdient, weil es sich nicht um Kredite handele. Die Antragsstellung für dieses Programm sei aber so komplex und beinhalte zahlreiche Fallstricke, dass viele es gar nicht erst versuchen würden, über das Programm an Geld zu kommen, und zahlreiche Antragsteller vermutlich leer ausgingen.

SPD-Fraktionschef Niklas Kielhorn beantwortete die Dröge-Ausführungen mit dem Hinweis, vieles von dem sei sicher richtig. Andererseits sei Bad Gandersheim im Landkreis Northeim die einzige Kommune, in der ein solcher Antrag einem Rat vorgelegt worden sei. Die Finanzlage der Stadt sei grenzwertig und einen solchen Fonds über eine halbe Million draufzulegen, hätte ihn stark belastet, aber nur begrenzt geholfen. Zudem verursache das alles einen riesigen Verwaltungsaufwand für Anträge und Überprüfung. Ungeklärt sei außerdem, ob Unternehmen, die von der Stadt Geld bekommen würden, dann nicht andererseits bei Programmen von Land und Bund leer ausgingen. Letztere seien die Ebenen, von denen die Hilfe kommen müsse. Nicht von den Kommunen.
Den Hinweis Dröges, der Rat habe von der Aufsichtsbehörde Landkreis mit dem Hinweis, man sehe den CDU-Antrag „äußerst kritisch“ kein Beschlussverbot bekommen, konterte Kielhorn mit der Aussage, dass der Landkreis aber sehr wohl einen solchen Beschluss des Rates anschließend wieder hätte kassieren können, wenn er nicht genehmigungskonform für den Etat sei.

CDU-Ratsherr Hendrik Geske unterstellte der SPD, sie habe den Antrag der CDU nur aus Eigennutzinteressen abgelehnt.

Timo Dröge beantragte abschließend, die Originalvorlage des CDU-Antrages abzustimmen. Dem verweigerte der Rat bei zwölf Gegenstimmen und einer Enthaltung die Zustimmung. Abgestimmt wurde also die Verwaltungsvorlage, die lautete: „Aufgrund der aktuellen Haushaltslage sowie unter Berücksichtigung des Zukunftsvertrages der Stadt Bad Gandersheim mit dem Land Niedersachsen wird seitens der Stadt Bad Gandersheim kein zusätzliches Hilfsprogramm neben dem des Landes Niedersachsen und des Bundes aufgelegt.“ Dafür gab es 13 Zustimmungen und sieben Gegenstimmen, womit der CDU-Antrag abgelehnt war.rah