Visionen für die Stadt bis ins Jahr 2030

Studenten der TU Kaiserslautern stellen ihre Sicht auf Problemfälle des „Kurbetons“ vor und machen deutliche Vorschläge

Unter großer Beteiligung wurden die Problemfälle des Kurgebiets einzeln betrachtet.

Bad Gandersheim. „Einen solchen Stadtrundgang haben wir bereits einmal in Magdeburg abgehalten, da sind nicht die Hälfte an Interessierten gekommen“. Dr. Thomas Fischer zeigte sich begeistert über die enorme Resonanz auf die öffentliche Einladung, mit dem Dozenten der TU Kaiserslautern und den Studierenden eines Bachelor-Studienprojektes zu einem kleinen Rundgang durch das Kurgebiet aufzubrechen. Zu diesem hatten sich die Studenten im Rahmen des Projektes Gedanken zu problematischen Objekten – kurz „Kurbeton“ – gemacht und Vorschläge erarbeitet, die nun vorgestellt werden sollten. Rund 50 Mitmarschierende wollten sich das genauer anhören.
Vorweg machte Dr. Fischer deutlich, dass die Vorschläge als Visionen zu verstehen seien. Es sei dies weder eine städtebauliche Planung noch gebe es anschließend gleich die Adresse eines Investors dazu, der die Ideen dann so umsetzen werde. Auch bei der Zeitschiene müsse man sich bewusst sein, dass manches viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauchen könne.

Beginn des Rundganges war am Kurhaus. Wie bei allen betrachteten Objekten gab es Vorschläge für die Zeit bis zur Landesgartenschau (LGS), eine mögliche Verwendung während dieser und die Absichten, was danach mit einem Objekt geschehen sollte. Im Falle des Kurhauses schlugen die Studenten vor, zur LGS eine Nutzung in Betracht zu ziehen. Nach der LGS sei für das in Größe und Bauform nicht mehr zeitgemäße Objekt ein Abriss die sinnvollste Variante. An Stelle des alten könnte ein neues, zeitgemäßeres und kleineres Kurhaus entstehen.

Gleich gegenüber die alte Roswitha-Klinik, zuletzt Hotel garni, war die nächste Station. Auch hier sei eine Nutzung vor und zur LGS die beste Lösung, so der Vorschlag. Ob Zimmer für Bed&Breakfast, Gastronomie im Erdgeschoss oder Galerie, das alles sei im derzeitigen Bauzustand denkbar, wobei eine geeignete Begrünung viel vom sanierungsbedürftigen Zustand überdecken könnte.

Für die Zeit nach der LGS sahen die Studenten eigentlich nur einen Abriss als sinnvolle Lösung an. Die Immobilie an sich sei kaum als marktfähig anzusehen, zudem passe die Struktur nicht ins Stadtbild. Statt dessen solle das Gelände entlang der Hildesheimer Straße zu einer Fortsetzung der Villenreihe genutzt werden, im oberen Bereich könnte eine Erschließung für kleinere Terrassenhäuser und noch höher auch kleine Ferienhäuser erfolgen.

Auch im Falle des früheren Kurmittelhauses und heutigen Vitalparks sahen die Vorschläge ähnlich aus. Bis zur LGS solle die Nutzung aufrecht erhalten werden. Geld sollte vielleicht nur für optische Verbesserungen in die Hand genommen werden, denn nach der LGS sehen die Studenten die Zeit des Baus als abgelaufen: Abriss auch hier die Empfehlung. Die gewonnene Freifläche könnte zum Beispiel für sechs exzellent gelegene, exklusive Grundstücke genutzt werden, von denen es in der Innenstadt ohnehin sonst keine gebe.
Zum ersten Mal nicht um Abriss ging es am Sole-Waldschwimmbad; im Gegenteil. In diesem Objekt sahen Dr. Fischer und seine Studenten den Dreh- und Angelpunkt von Bad Gandersheims Badstrategie. Das Bad lebe und es müsse unbedingt weiterentwickelt werden. Zum Beispiel, in dem an diesem Platz die Ausgabe des Heilmittels Sole angesiedelt werde – was nach Wegfall eines Kurmittelhauses ja irgendwo anders ohnehin nötig wäre.

Zum anderen sollte die Konzentration des Badens im Solebad auch soweit getrieben werden, dass selbst die nahe gelegenen Kliniken über Kooperationen davon Gebrauch machen und gar keine eigenen Bäder mehr betreiben müssten. Ausbau um eine Saunalandschaft und ein Umbau des Freibades samt Umgestaltung des Außengeländes gehören ebenso dazu, hier ein modernes, den Zeitansprüchen in jeder Hinsicht genügendes Bad vorweisen zu können. Die LGS eröffne dazu bereits beste Chancen.

Weiter ging es zum Hotel Bartels, das die Stadt jüngst erworben hat. Die Studenten sahen darin eine klotzige, dreiteilige Baustruktur, die überdimensioniert ist und so nicht ins Stadtbild gehöre. Ihre Empfehlungen: Vor der LGS sollten nur noch notwendige Instandsetzungen erfolgen, vielleicht eine Fassenbegrünung oder künstlerische Gestaltung. Während der LGS wäre eine Mischnutzung für Gastronomie, Ateliers und einfache Übernachtungsmöglichkeiten am besten.

Danach: Abriss! An dieser Stelle sehen die Studenten gute Möglichkeiten, eine zeitgemäße Jugendherberge mit Spezialausrichtung Rad- und Wandertourismus zu errichten. Deutlich kleiner und flacher sowie mit entsprechender Ausstattung für den Spezialzweck, wie einer großen Fahrradgarage.

Letzter Besichtigungspunkt war das Hotel am See. Ein Objekt in bester Lage, das ja aufgrund der Pläne der Eigentümer an sich schon auf einem guten Weg sei, so die Analyse. Als Vorschlag hatten die Studenten, den Parkplatz mit einer Überdachung zu versehen, die auf der Oberseite begrünt werden könnte.

Das würde den Ausblick, den die Studenten vom Skulpturenweg in beide Richtungen, also sowohl auf das künftige LGS-Gelände um die Osterbergseen als auch in Richtung Stadt mit Plattformen und entsprechenden Sichtschneisen darstellen möchten, deutlich grüner ausfallen als die derzeitige Betonfläche des Parkplatzes.

Bei mehreren der besichtigten Objekte sind natürlich Privateigentümer betroffen. Aus der Zuhörerschaft war schon vor Ort die Frage gekommen, inwieweit Dr. Fischer und seine Studenten mit den Eigentümern Kontakt hatten. Der, so Dr. Fischer, sei in allen Fällen natürlich gesucht, aber unterschiedlich angenommen und genutzt worden. Der Eigentümer des Kurhauses zum Beispiel habe sich nicht zurückgemeldet, bei anderen habe es wenigstens informelle Kontakte gegeben.

Eine Abstimmung der Ideen und Vorschläge mit den Eigentümern sei aber nicht Ansatz und Ansinnen des Projektes gewesen, sondern allein eine städtebauliche Herangehensweise mit dem Ziel, Vorschläge zu unterbreiten, bei denen nicht nur das jeweilige Einzelobjekt, sondern auch das Ganze im Blick behalten werden sollten. Und in der Tat machten die
Vorschläge in ihrer Gesamtheit als Zukunftsvision für die Kurstadt für die meisten Zuhörer sehr viel Sinn.

Vertieft wurde das alles dann am Ende des Rundganges noch bei der Abschlussveranstaltung im Forum des Schulzentrums. Hier waren die Pläne, die vor Ort bereits gezeigt und erläutert worden waren, noch einmal alle ausgehängt. Nach allgemeinen Erläuterungen zu Vorgehen und Vorschlägen ergaben sich an den einzelnen Objekten und vor deren Plänen teilweise intensive Gespräche.

Unter anderem machte Dr. Fischer dabei deutlich, dass Bad Gandersheim mit der LGS einen Glücksfall habe, der den Kurbereich umkrempeln könne. Im Blick behalten müsse die Stadt aber umso mehr die Entwicklung der alteingesessenen Quartiere im Kernstadtbereich, und hier seien die Problemlagen ungleich größer.

Weite Teile der Altstadt seien ungesund verdichtet und bedürften der Entkrampfung, zum Beispiel durch Entfernung von Anbauten und lichtere Innenhöfe oder Gärten. Zudem seien Zusammenlegungen sinnvoll, um Objekte auch in Zukunft noch verkaufbar sein zu lassen. Hier sei die Stadt gefordert, baldmöglichst entsprechende Programme anzufahren. Bedauerlich fand er in diesem Zusammenhang auch die Absicht, den alten V-Markt-Platz mit einem großen Objekt bebauen zu lassen. Aus städtebaulicher Sicht hätte diese Fläche eigentlich nur Verwendung für Wohnbau finden dürfen.rah

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