Wahleinspruch von Timo Dröge soll im Rat zurückgewiesen werden

Wahlleiterin Claudia Bastian prüfte den Einspruch und erläutert warum er unbegründet ist / Entscheidung folgt kommende Woche

Timo Dröge legte als wahlberechtigte Person Einspruch ein.

Bad Gandersheim. Nach Beendigung der vergangenen Bürgermeisterwahl und dem Wahlsieg von Franziska Schwarz legte Timo Dröge als wahlberechtigte Person am 1. Oktober Einspruch ein (GK berichtete). Daran anschließend übermittelte Dröge zwei weitere Begründungen, die seinen Einspruch bekräftigen sollten. Wahlleiterin Claudia Bastian überprüfte und bewertete den Einspruch. Nach der Vorlage zur kommenden Ratssitzung am 4. November soll der Einspruch zurückgewiesen werden.

Nach Feststellung von Timo Dröge galt zu prüfen, ob sich Bürgermeisterin Franziska Schwarz der Verletzung ihrer Neutralitätspflicht schuldig gemacht hat. Laut Begründung des Einsprucherhebers habe Schwarz während des Wahlkampfes und besonders in der „heißen Wahlkampfphase“ Veranstaltungen durchgeführt, bei denen sich der dienstliche mit dem wahlkämpferischen Aspekt untrennbar vermischt habe. Zudem habe Schwarz Ressourcen beispielsweise der Stadtverwaltung genutzt, die den anderen Kandidaten nicht zur Verfügung standen.

Zum Einspruch Dröges stellte Bastian zu Beginn der Begründung zur Zurückweisung fest: „Gegen die Gültigkeit der Wahl hat Timo Dröge mit Schreiben vom 1. Oktober 2021 Wahleinspruch sowohl gegen die erste Wahl als auch gegen die Stichwahl erhoben“. Zu den ergänzenden E-Mails heißt es weiter: „Darüber hinaus hat er mit E-Mail vom 6. Oktober 2021 seinen Einspruch um den Hinweis ergänzt, dass auch auf der Facebook-Seite der Stadt Bad Gandersheim diverse Artikel über den ‘Wahlkampf der Bürgermeisterin‘ zu finden seien.

Zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung verwies er auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und der Verwaltungsgerichts Stuttgart. Mit einer weiteren E-Mail vom 12. Oktober 2021 verwies Dröge auf die Tatsache, dass Bürgermeisterin Schwarz ihren Urlaub bewusst so gelegt habe, dass sie in der ‘heißen Wahlkampfphase’ im Dienst gewesen sei“.
Dabei festzustellen ist, dass Timo Dröge den Einspruch nicht als Ratsherr der CDU vorgenommen hat, sondern als wahlberechtigte Person. Da er die erforderliche Frist von zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses, und die erforderliche Form eingehalten hat, ist der Wahleinspruch zulässig.

Bürgermeisterin habe ihre Neutralitätspflicht nicht verletzt

Bastian legt den Beschlussvorschlag vor: „Der Wahleinspruch des Herrn Timo Dröge vom 1. Oktober gegen die Wahl von Frau Franziska Schwarz zur Bürgermeisterin der Stadt Bad Gandersheim wird zurückgewiesen“. Dies wird damit erklärt, dass der Wahleinspruch von Dröge unbegründet sei. In der Erläuterung dazu heißt es: „Gemäß Paragraf (§) 46 Absatz 1 Satz 2 Niedersächsisches Kommunalwahlgesetzt (NKWG) kann ein Wahleinspruch nur damit begründet werden, dass die Wahl nicht den Vorschriften des NKWG oder der Niedersächsischen Kommunalwahlordnung entsprechend vorbereitet oder durchgeführt oder in unzulässiger Weise in ihrem Ergebnis beeinflusst worden ist. Herr Dröge ist der Ansicht, dass Bürgermeisterin Schwarz im Vorfeld der Wahl ihre Neutralitätspflicht verletzt habe und daher das Ergebnis der Wahl in unzulässiger Weise beeinflusst wurde. Bürgermeisterin Franziska Schwarz hat ihre Neutralitätspflicht allerdings nicht verletzt. Ihre Wahl zur Bürgermeisterin der Stadt Bad Gandersheim am 26. September 2021 ist gültig“.

„Im Wahlkampf kann und darf sich die Bürgermeisterin nicht auf die Ausfüllung ihrer Zuständigkeiten beschränken“

Zu den von Dröge aufgeführten Verletzungen erklärt Bastian ausführlich, warum es sich nicht um Verstöße handelt: „Gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetzt (NkomVG) obliegt der Hauptverwaltungsbeamtin die repräsentative Vertretung der Kommune. Diese Aufgabe ist auch während der Phase des Kommunalwahlkampfes wahrzunehmen. Im Wahlkampf kann und darf sich die Bürgermeisterin nicht auf die Ausfüllung ihrer Zuständigkeiten nach § 85 NKomVG beschränken. Dies würde bedeuten, dass sie sich sozusagen ‘in das Rathaus zurückziehen müsste’ und nicht in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten dürfte. Das kann von der Kommunalverfassung nicht gewollt sein. Es darf der Bürgermeisterin im Gegenteil nicht – und auch nicht in der Kommunalwahlkampfphase – verwehrt werden, mit den Einwohnerinnen und Einwohnern ihrer Stadt in Kontakt zu treten.

Die ‘Gespräche über den Gartenzaun’ hatten den Sinn, in der Begegnung mit den Menschen in der Stadt zu erfahren, was sie bewegt, welche Sorgen und Nöte sie haben und was sie gut finden. Es stand und steht allen politischen Vertreterinnen und Vertretern der Stadt frei, solche Gespräche mit den Einwohnerinnen und Einwohnern zu führen. Die Gespräche fanden in der gleichen Form bereits 2020 statt. Den direkten Kontakt mit den Menschen wieder aufzunehmen, war gerade aufgrund der Corona-Krise und der damit verbundenen Kontaktbeschränkungen wichtig. Gespräche mit den Einwohnerinnen und Einwohnern gehören zum Verwaltungshandeln einer Hauptverwaltungsbeamtin“.

Im Einspruch von Dröge bemängelt er weiterhin, dass Berichte der Bürgermeisterin und Termine auf der Homepage der Stadt Bad Gandersheim zu sehen waren. Bastian dazu: „Dass die Termine auf der Homepage der Stadt veröffentlicht waren, zeigt gerade, dass die Bürgermeisterin mit ihnen transparent umgegangen ist. Dasselbe gilt auch für die Veröffentlichung der Berichte auf der Homepage der Stadt und für die Pressemitteilungen an das Gandersheimer Kreisblatt, die diese veröffentlicht hat.

Die Mitbewerberin (Grit Arndt) und der Mitbewerber (Peik Gottschalk) um das Amt der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters und die übrige Ratspolitik waren aufgrund der Veröffentlichung in die Lage versetzt, sich politisch, gegebenenfalls kritisch damit auseinanderzusetzen. Insoweit waren die Mitteilungen, wie jede Äußerung einer Hauptverwaltungsbeamtin oder eines Hauptverwaltungsbeamten, ein Beitrag zur politischen Willensbildung in der Stadt, den die Mitbewerberin oder der Mitbewerber oder die Politik aufgreifen konnten. Es handelte sich insoweit um eine zulässige Form von Öffentlichkeitsarbeit. Die Pressemitteilungen waren darüber hinaus nicht in der Weise gehalten, dass die Leserinnen und Leser einseitig informiert wurden. Die Presse, die die Artikel veröffentlichte, war nicht beeinflusst worden. Die Leserschaft war ebenso wie die Politik in der Lage, sich über die Arbeit der Verwaltung und der das Amt innehabenden Bürgermeisterin ein Bild zu machen“.

Eine weitere Verletzung der Neutralitätspflicht sah Dröge in der Teilnahme der Ortsvorsteher an den Rundgängen in den Dörfern. Zudem sei die „Häufung überregionaler Politiker“, wie der SPD-Mitglieder Frauke Heiligenstadt oder Janne Modder, insbesondere in der heißen Wahlkampfphase gezielt eingesetzt worden und widerspricht ebenfalls dem Neutralitätsgedanken, so Dröge. Dazu wird erklärt: „Ferner stellt die Teilnahme von Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern an den Terminen in den Ortschaften keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht dar. Es ist selbstverständlich, dass sie an den Terminen in ‘ihren’ Ortschaften teilnehmen. Insofern von einem ‘Zugriff’ der Bürgermeisterin zu sprechen, ist verfehlt. Es entspräche im Gegenteil nicht der guten Ordnung, die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher außen vor zu lassen. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befanden sich zudem nicht nur Mitglieder der Partei, der die Bürgermeisterin angehört. Auch bezüglich der Besuche in den Ortschaften gilt, dass es der Bürgermeisterin unbenommen bleiben muss, sich persönlich vor Ort über die Themen, die die Ortschaften bewegen und für die Verwaltung wichtig sind, zu informieren“.

Argument sei nicht zutreffend

Und weiter: „Die angeführten, von der Bürgermeisterin wahrgenommenen Termine waren sämtlich keine ‘geschlossenen Gesellschaften’. Es waren keine Wahlkampfveranstaltungen. Jedermann hätte an ihnen teilnehmen dürfen. Der Vorwurf, Bürgermeisterin Schwarz habe Termine wahrgenommen, bei denen ‘in der Regel’ SPD-Vertreterinnen und Vertreter anwesend gewesen seien, trifft nicht zu. Dasselbe gilt für das Argument, es habe sich eine Teilnahme ‘überregionaler’ Politikerinnen und Politiker der SPD gehäuft. Davon kann nicht die Rede sein.“ Dabei verweist Bastian auf vier repräsentative Termine die seit Mitte des Jahres vorgenommen wurden, an denen Politiker teilgenommen haben, die nicht der SPD angehören.

Zu der Veröffentlichung der Leistungsbilanz schrieb Dröge, dass die Verbreitung in eine unzulässige Wahlbeeinflussung umschlagen könne, wenn die Bilanz in der heißen Wahlkampfphase ohne sachbezogenen Anlass erfolgt. Dazu erwähnt Dröge den Fünf-Punkte Katalog von Franziska Schwarz. Bastian erklärt: „Schließlich hat die Bürgermeisterin durch die Veröffentlichung einer Leistungsbilanz und des sogenannten ‘Fünf-Punkte-Katalogs’ nicht gegen die Neutralitätspflicht verstoßen. Die Leistungsbilanz und der Fünf-Punkte-Katalog fanden sich in einer persönlichen privaten Anzeige. Diese hat Franziska Schwarz ausdrücklich mit ihrem Namen und ohne Zufügung ihrer Amtsbezeichnung unterschrieben.“

Werbung auf Homepage ebenfalls kein Verstoß

Weiterhin bemängelte Dröge in seinem ersten Schreiben, dass die Bürgermeisterin auf der Homepage der Stadt Bad Gandersheim mit ihrer SPD-Mitgliedschaft geworben und einen Link zur SPD-Homepage gesetzt habe. Andere Parteien hatten auf der Homepage keine Verlinkung. Hierzu wird folgendes festgestellt:

„Soweit der Wahleinspruchsführer darauf abstellt, dass die Bürgermeisterin auf der Homepage der Stadt Bad Gandersheim Werbung mit ihrer Mitgliedschaft in der SPD gemacht habe, belegt er ebenfalls keinen Verstoß gegen die Neutralitätspflicht der Bürgermeisterin. Die Information war schon lange vor der Wahlkampfphase auf der Homepage und wurde inzwischen gelöscht. Darüber hinaus handelt es sich um eine Tatsache, die politisch interessierten Menschen in Bad Gandersheim bekannt ist“.

Abschließend fasst Bastian zusammen: „Insgesamt liegt daher kein Verstoß der Bürgermeisterin gegen die Neutralitätspflicht vor. Bürgermeisterin Schwarz hat die ihr durch das Kommunalverfassungs- und Kommunalwahlrecht gesteckten Grenzen nicht überschritten. Die Begegnung mit den Menschen war zulässiges Verwaltungshandeln, die Berichterstattung darüber zulässige Öffentlichkeitsarbeit“. Und weiter: „Schließlich kann die Urlaubsgestaltung von Frau Bürgermeisterin Schwarz nicht in dem Sinne gegen sie verwendet werden, dass daraus eine unzulässige Verquickung von Amtstätigkeit und Wahlkampf abgeleitet wird. Der Urlaubszeitraum im Jahre 2021 entsprach dem der Vorjahre“.

In der kommenden Ratssitzung der Stadt Bad Gandersheim wird der Wahleinspruch verhandelt und beschlossen. In der Verhandlung sind die Beteiligten auf Antrag zu hören. Dies wären die Wahlleitung Claudia Bastian, Timo Dröge, der den Wahleinspruch erhoben hat, und die Person, gegen deren Wahl der Wahleinspruch unmittelbar gerichtet ist, also Bürgermeisterin Franziska Schwarz. Die Beteiligten dürfen an der Beschlussfassung nicht teilnehmen. Die Wahlprüfungsentscheidung ist den Beteiligten, der Kommunalaufsicht und der Landeswahlleiterin innerhalb von zwei Wochen nach der Beschlussfassung mit Begründung und Rechtsbehelfbelehrung zuzustellen. Die Beteiligten und die genannten Behörden können gegen die Wahlprüfungsentscheidung innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage zum Verwaltungsgericht ergeben.hei