Warum Bad Gandersheim schon länger ein neues Freibad brauchte

Festhalten an der alten Anlage war schon vor Jahren keine Option mehr / Neue Anlage bietet enorm viele Vorteile

Bagger im großen Schwimmerbecken: Die Randfliesen sind bereits ab, das Becken als solches bleibt erhalten und wird Grundlage des neuen, später mit einer blauen Folie ausgekleideten Beckens.

Bad Gandersheim. Buchstäbliche Krokodilstränen weinten vor Kurzem manche Kommentatoren in den sozialen Netzwerken, als die Bilder vom Abriss der Grundbauten des alten Freibades im Sole-Waldschwimmbad durch die Landesgartenschau die Runde machten. Natürlich gab es Reaktionen wie „Das war meine Jugend“ oder „Wie kann man ein so schönes Bad zerstören?“ oder andere mehr. „Menschlich nachvollziehbar und soweit verständlich, aber die idealisierende Romantisierung, die darin Ausdruck findet ist in der Realität leider durch nichts zu begründen“, sagt dazu Hardy Ehrhardt, Vorstandsmitglied der Betriebsgenossenschaft, die seit 2010 die Aufgabe stemmt, das Bad – viele Jahre einschließlich Freibad – zu betreiben.

Aus der Innensicht ist die Perspektive auf das Freibad eine völlig andere, gänzlich unromantische, sondern vor allem durch zahlreiche Probleme und Unzulänglichkeiten geprägte. Auch Bürger, die ins Bad kommen (dort ist ja über den Mietbetrieb auch aktuell Schwimmen im Hallenbad möglich), fragen, warum das Freibad abgerissen werden müsse, und warum das neue denn ein Naturbad werde.

Die Betriebsgenossenschaft hat das zum Anlass genommen, ein Dokument zu erstellen, das diese Gründe zusammenfasst. Wer es liest, kann eigentlich nie mehr zu dem Schluss kommen, dass ein „Weiter mit dem Alten“ überhaupt irgendeinen Sinn gehabt hätte.

Die Gründe, warum ein neues Bad unabdingbar war

In der Aufstellung heißt es: Die Antwort auf all diese Fragen ist relativ simpel (obwohl der Prozess sich über fünf Jahre hingezogen hatte) – und wird einigen sicher auch etwas weh tun: Zum ersten war das alte Bad in seinen Grundanlagen komplett marode geworden. Alle Leitungen, alle Pumpen, alle Filteranlagen und anderes mehr (das meiste noch aus den Baujahren 1976) haben schon vor 2016 (Hochwasser) nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert.

Die Solequelle lieferte vor allem in den letzten Jahren nicht mehr ausreichend Wasser (Klimawandel? Zu wenig Regen in den Wintermonaten? Oder marode Brunnenanlage?). Es gab und gibt noch viele ungelöste Fragen im Zusammenhang mit der Solequelle, so dass es zuletzt neben dem Hallenbadbetrieb nicht möglich war, alle vier Becken im Freibad schnell genug und komplett mit Sole zu füllen.

Minus bei den Besucherzahlen

Zum Zweiten war ein halbwegs wirtschaftlicher Betrieb eines klassischen Freibads in der heutigen Zeit und in einer kleinen Stadt wie Bad Gandersheim bereits in den Jahren 2010 bis 2017 an sich nicht mehr möglich.

Die Besucherzahlen schwankten schon in den letzten zehn Jahren vor der Übernahme noch unter städtischer Regie sehr stark mit einer Spitze von gut 54.000 Besuchern im Jahr 2003 und einem Tief von gut 21.000 Besuchern im Jahr 2005. Ab 2007 wurde das Freibad nicht mehr betrieben und lag bis 2010 still, als es durch die Betriebsgenossenschaft wieder „hochgefahren“ wurde.

Die Besucherzahlen blieben aber über Erwartungen, die an Vorjahrzehnte geknüpft waren, deutlich zurück – bei gleichem Angebot wie zuvor! Das beste Jahr schaffte 2015 in einem tollen Sommer gerade einmal 31.000 Besucher, das schlechteste endete 2017 bei 13.500 Besuchern. Im Schnitt der Jahre waren es etwa 23.700 Besucher. Viel zu wenig, um halbwegs rentabel zu sein. Bereits im 2. Betriebsjahr 2011 gab es aufgrund des schlechten Sommers einen Besuchereinbruch mit nur 14.000 Gästen, was die Betriebsgenossenschaft fast in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht hätte.

Die Stadt musste mit einer Vorschusszahlung eingreifen. Selbst im guten Sommer 2015 waren die Besucherzahlen weit von den Jahren 2001 bis 2003 entfernt. Ein klassisches Freibad mit Chlorwasser und Heizung benötigt in heutiger Zeit nicht nur Unmengen von Energie (CO2) sondern erzeugt darüber hinaus beträchtliche Personalkosten sowie Abwasserprodukte, deren Entsorgung mit immer höheren Kosten verbunden ist. Zusätzlich kommt der Klimafaktor dazu: Oftmals gab es bereits im März oder April sehr gutes und warmes Sommerwetter und zum Saisonstart Mitte/Ende Mai einen Kälteeinbruch und es dauerte oft Wochen, manchmal Monate, bis der Sommer dann wirklich da war.

Hinzu kommt das zunehmend veränderte Besucherverhalten: In Sommern mit schnellen Wetterwechseln – zwei Tage gut, dann wieder Wolken, also wie 2021 und damit ein typischer mitteleuropäischer „Schaukelsommer“ – fassen die Besucher kaum „Vertrauen“ zu längeren Freibadbesuchen. Solche waren meistens erst bei längeren Schönwetterphasen zu beobachten, dann stiegen die Tagesbesucherzahlen plötzlich mal stark an, wenn „Kaiserwetter“ länger blieb. Die sinkenden Gesamtbesucherzahlen – die im Übrigen alle anderen Freibäder parallel genauso verzeichnet haben – geben dieses Grundverhalten deutlich wieder.

Folgerungen der Betriebsgenossenschaft

Zu wenige Besucherinnen und Besucher verbunden mit extrem hohen und stetig steigenden Energie-, Personalund Entsorgungs-/Umweltkosten sind ohne sehr hohe dauerhafte Zuschüsse der Kommune nicht finanzierbar.

Ob eine kleine Kommune wie Bad Gandersheim überhaupt willig und in der Lage ist, dauerhaft viel Geld in Zuschüsse für ein Freibad zu investieren, das nicht gut besucht ist, halten wir als mittlerweile erfahrener Betreiber für sehr fraglich. Konsequenz deshalb: Lieber ein kleineres neues Freibad mit sehr geringen Betriebskosten als gar kein Freibad. Das Modell eines Naturbades ist dabei im Übrigen nicht einmal eine neue Idee. Schon vor der Übernahme als Betriebsgenossenschaft prüften die damaligen „Hallenbadretter“ für den Freibadbetrieb alternative Betriebsmodelle.

Zu der Zeit fast „visionär“, unvergessen bleibt aber der eindrucksvolle Besuch im auch heute noch so existierenden Naturbad Grone, das ein Modell darstellte, wie es viele schon damals favorisiert hätten. Dass es jetzt erst kommt, lag an dem in der Zwischenzeit nicht vorhandenen Geld für die notwendigen Investitionen, die sich – wie wir inzwischen wissen – auf gut zwei Millionen Euro belaufen.

Die Vorteile des Naturbad-Modells

Für die Betriebsgenossenschaft hat das neue Bad-Modell eine ganze Reihe von Vorteilen, die einen fruchtbringende, effizienten Betrieb erwarten lassen. Im Einzelnen:

• Das neugestaltete Freibad ermöglicht einen Ganzjahresbetrieb und externe Veranstaltungen / Feste (Vermietungen). Dies sogar in den Wintermonaten! Bei einem frühen Sommerstart stehen die Wasserflächen bereits früh im Jahr schon zur Verfügung. Und bei einem heißen Herbst sind die Wasserflächen immer noch so lange wie es sinnvoll erscheint nutzbar.

• Im Winter 2022/2023 soll im Freibadbereich die erste Saunasaison starten. Dazu werden zwei Fass-Saunen am Freibadbecken platziert.

• Bahnenschwimmen ist auf 25 Metern weiterhin möglich. • Die Zuheizung ist über die bereits vorhandene Solarthermie gewährleistet (bis auf die Frostmonate im Winter).

• Es ist kein Einsatz von Chemie mehr nötig. • Es gibt keine Überlastung der Solequelle mehr, wie in den letzten Jahren beim Versuch, das Freibad auch mit Sole zu befüllen. • Die Freibadanlage hat viel weniger Energieverbrauch und wesentliche geringere Betriebskosten. Zudem ist ein Naturbad mit Sole – mindestens in weitem Umkreise – ein Alleinstellungsmerkmal, und die bisherigen Freunde der Sole müssen so auch in Zukunft nicht auf diese verzichten.rah

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