Warum Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung ab 18 Sinn machen

Tag des Betreuungsrechtes am Amtsgericht wollte für ein gern verdrängtes Thema sensibilisieren

Zu den Vorträgen im Foyer des Amtsgerichtes Bad Gandersheim hatten sich zahlreiche Interessierte eingefunden.

Bad Gandersheim. Es sind Themen, um die man sich gerne drückt – auch im fortgeschrittenen Alter oft noch, obwohl das Alter an sich bei Fragen von Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht eigentlich gar keine Rolle spielt, denn etwas passieren, das die Sinnhaftigkeit dieser beiden Vorsorgeinstrumente eintreten lässt, kann jederzeit. Auch in jungen Jahren.

Das Niedersächsische Justizministerium hatte daher die Initiative ergriffen und einen „Tag des Betreuungsrechtes“ ins Leben gerufen. Unter diesem Motto waren die Amtsgerichte aufgerufen, lokal aktiv zu werden, was in Bad Gandersheim auch mit einem entsprechenden Programm geschah. Dazu war in den großen Vorraum vor dem Sitzungssaal eingeladen.

Dort begrüßten Richterin Ines Löning und ihre Seesener Kollege Markus Michaelis eine interessierte Schar an Zuhörern zu einem Vortragsprogramm, das Ines Lönig als Betreuungsrichterin dann auch gleich mit einigen Erläuterungen zur Abgrenzung von Vorsorgevollmacht zu Betreuung eröffnete.

Immer noch, so Löning, unterlägen viele Ehepaare dem Irrglauben, dass automatisch der Ehepartner im Betreuungsfall eintrete. Ohne eine Vorsorgevollmacht sei dies aber nicht der Fall, sie ist unabdingbar auch dann, wenn man den Ehepartner als Betreuer haben wolle.

Für solche Vorsorgevollmachten gibt es – vor allem in Internet – an vielen Stellen Vordrucke. Löning riet ausdrücklich dazu, die Vordrucke der Ministerien zu verwenden, die auch den persönlichen und administrativen Bereich berücksichtigen. Mit zahlreichen anderen Vordrucken gebe es im Ernstfall immer wieder Probleme, die man gerade durch eine solche Vorsorgevollmacht habe vermeiden wollen.

Die Vordrucke sollten sorgfältig ausgefüllt und danach auffindbar gelagert werden. Auch gebe es den Weg, einen Notar mit der Abfassung zu beauftragen, das koste dann Honorar, dafür ist die Vollmacht aber hinterlegt. Die Einschaltung eines Notars empfehle sich dann, so Löning, wenn Grundbesitz mit im Spiel sei, denn alles damit im Zusammenhang müsse ohnehin durch einen Notar geregelt werden.

Sinnvoll sei weiter besonders bei älteren Menschen und vor allem im Krankheitsfalle, sich zur Vollmacht ein Attest des Hausarztes über den Vollbesitz der geistigen Kräfte ausstellen zu lassen.

Die Vorsorgevollmacht kann auch dem Hausarzt zur Kenntnis gegeben werden, der allerbeste Weg sei aber, sie in das zentrale Vorsorgeregister eintragen zu lassen. Dort fragen die Amtsgerichte im Ernstfall nach, wenn keine anderen Verfügungen zu finden sind.

Klar unterschieden werde müsse Vorsorgevollmacht von Patientenverfügung. Letztere regelt, was der Vollmachtnehmer gegenüber den Ärzten im Sinne des Vollmachtgeber regeln darf und soll.

Mit der Ausstellung einer Vorsorgevollmacht sollte niemand warten. Prinzipiell kann sie jede rechtsfähige Person ab 18 Jahren ausfüllen. Und sie sollte bei Bestehen auch immer wieder einmal angeschaut und gegebenenfalls aktualisiert werden. Falls es aber trotzdem zu spät ist, werde das Betreuungsgericht aktiv und sucht nach einem Vertreter zur Betreuung. In der Regel prüfe der Landkreis den Fall und schlage einen Betreuer vor. Im Rahmen der Vorsorgevollmacht könne der Vollmachtgeber auch Ersatzbetreuer benennen, falls die primär für die Betreuung angedachte Person selbst nicht zum Zuge kommen könne.

Den zweiten wichtigen Aspekt, die Patientenverfügung, betrachtete Dr. med Randall Thomas von der Asklepios-Klinik in Seesen. Die Verfügung wird wirksam, wenn beim Betroffenen praktisch „nichts mehr geht“. Über die Patientenverfügung könne man Dinge mitbestimmen, wenn man sie selbst nicht mehr regeln könne. Prinzipiell geht es darum, was mit dem Patienten gemacht werden dürfe, und was nicht. Das zieht natürlich noch nicht im Notfalleinsatz vor Ort, da fragt kein Notarzt nach einer Patientenverfügung. Sie komme in der Regel erst bei Behandlungsmaßnahmen im Krankenhaus zum Tragen.

Grundsätzlich gilt: Eine Patientenverfügung muss schriftlich verfasst sein, mit Datum und Unterschrift versehen werden. Sinnvoll ist es, eine Kopie dem Hausarzt an die Hand zu geben, zum Beispiel als Anhang einer Vorsorgevollmacht. Ansonsten aber mindestens daheim für Angehörige gut auffindbar oder an bekanntem Ort zu lagern. Auch beim zuständigen Betreuungsgericht kann sie hinterlegt werden.

Wie bei den Vordrucken für die Vorsorgevollmacht wies auch Dr. Thomas darauf hin, dass bestimmte Textbausteine verwendet werden, damit rechtswirksame Formulierungen in der Verfügung stünden. Leider käme es durch die realitätsfernen Anforderungen aus einem Bundesgerichtshofurteil zu sehr vielen individuellen Möglichkeiten, die entsprechend genau beschrieben werden müssten. Dazu biete das Internet aber entsprechende Formulierungshilfen.

Aus Sicht eines praktizierenden Arztes riet Thomas weiter, bei einem Stations- oder gar Krankenhauswechsel sehr darauf zu achten, dass die Patientenverfügung mit wechsele und beim Patienten bleibe. Falls die Patientenverfügung schon vor 2016 verfasst worden sei, legte Thomas eine Übearbeitung nach den Kriterien des BGH-Urteil nahe. Nach den beiden Impuls-Vorträgen gab es zu den beiden Themen auch eine Diskussion und verschiedene Nachfragen sowie Hinweise. Darüber hinaus wurde das Vortragsprogramm noch weiter fortgesetzt durch Pastorin Claudia Falkenreck-Wünsche und Pastoralreferent Andreas Manzeck mit seelsorgerisch-ethischen Perspektiven auf dem letzten Weg und mit Berufsbetreuer Andreas Schümmer, der aus dem Aufgabenfeld eines Berufsbetreuers berichtete.

Zudem standen Kevin Achilles von der Betreuungsstelle des Landkreises Goslar sowie Betreuungsrechtspflegerinnen der beiden Amtsgerichte Seesen und Bad Gandersheim an „Marktständen“ mit weiteren Informationen während des Tags des Betreuungsrechtes im Amtsgericht zur Verfügung. Von der Möglichkeit zu Individuellen Gesprächen wurde gern Gebrauch gemacht.rah

Bad Gandersheim

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