Was uns das Gedenken heute bringt

Stefan Manzeck: Aus dem Rückblick eine unbeugsame, friedfertige Haltung gewinnen

Vor der Klosterkirche und mit Begleitung durch den Posaunenchor der Stiftskirchengemeinde fand am Sonntag das Gedenken für die Opfer des KZ-Außenlagers Brunshausen statt.

Brunshausen. Der Gedenktag an die Opfer des KZ-Außenlagers Brunshausen ist an sich bekanntlich eigentlich der heutige 4. April. Der Tag, an dem 40 nicht mehr gehfähige Inhaftierte vor 77 Jahren unter falschen Angaben in den Cluswald geführt und dort erschossen wurden. Die anderen Insassen des Außenlagers wurden auf den Todesmarsch nach Dachau geschickt, die meisten erreichten es nie.

Zwei Jahre lang hatte das Gedenken auf andere Weise hochgehalten werden müssen, die Coronapandemie ließ eine Feierstunde wie bis 2019 nicht zu. In diesem Jahr war das wieder möglich. Da an einem Montag aber mit deutlich weniger Beteiligung zu rechnen gewesen wäre, wich man auf den Tag vorher aus. Die Resonanz gab dem durchaus Recht, hätte aber – gerade angesichts der aktuellen Umstände eines grausamen Krieges auf europäischem Boden – durchaus auch deutlich größer sein dürfen.

Womit die Veranstaltung zeigte, dass es weiter großer Anstrengungen bedarf, das Gedenken hochzuhalten. Warum das wichtig ist, machte Stefan Manzeck in seiner Rede deutlich, die er nach der Erinnerung an das Geschehen von Anfang April hielt, die Marlene Brandt auch mit Schicksalen Betroffener dargelegt hatte. Manzeck stellte an den Anfang die Frage, was das Geschehen damals mit uns heute zu tun habe. Eine erste Antwort darauf gab ein Gedicht von Erich Fried: „Zurückblickend“. Wieder gebe es auf europäischem Boden aktuell einen Angriffskrieg, so Manzeck weiter. Es regiere brutale Gewalt, gegen die der Pazifismus so ohnmächtig erscheine.

Wie solle man damit umgehen? Was bewirke der Rückblick? Vor allem solle er dazu beitragen, eine Haltung zu entwickeln, die Manzeck als „unbeugsam friedfertig“ beschrieb. Unabhängig von irgendwelchen nationalen oder kulturellen Prägungen. Nicht alle seien schließlich pauschal schuld, gut oder böse. Hinter einem solchen Krieg stehe immer Machtapparate, Vernichtungssysteme. Die Strukturen des Bösen seien es, die Menschen einfingen und instrumentalisierten. Solchen Systemen gelte es, unbeugsam und friedfertig zu widerstehen. Und dies sei auch nur gemeinsam möglich. Der Blick zurück auf unsere Geschichte könne uns dabei immer wieder vor Augen führen, was momentan gerade auf dem Spiel stehe. Eingebunden in die Gedenkfeier war auch wieder die Oberschule, wie deren Rektorin Petra Dröge erläuterte.

Vorab hatten sich die Schü - lerInnen mit dem Thema befasst. In einem Projekt war vor allem das Augenmerk auf die sogenannte „Kinderpflegestation“ gerichtet worden. Die Namen der dort umgekommenen Kinder sind auf Tonziegeln gebrannt worden und werden in einem gesonderten zweiten Gedenkteil am 21. April vorgestellt. Außerdem wird an dem Tage auf dem Salzbergfriedhof eine weitere Gedenktafel enthüllt, die ebenfalls an der Oberschule erarbeitet wurde. Die Schülerinnen Lisa Schmidt und Nadja Frömke gaben dazu kurze Erläuterungen und nahmen dann die Kranzniederlegungen an der Gedenkplatte für die Außenstelle sowie eine weitere für die „Kinderpflegestation“ vor. Die Gedenkfeier – organisiert durch das Friedensbündnis, den AWO-Ortsverein, die Oberschule Bad Gandersheim sowie den Verein Treibhaus e.V. Bad Gandersheim – fand auch wieder Unterstützung durch den Posaunenchor der Ev. Stiftskirchengemeinde, der mehrere Lieder vor der Klosterkirche spielte.

Die meisten Teilnehmer de Gedenkgemeinde machten sich dann auch noch auf den Weg zur Erschießungsstelle im Cluswald, an der bekanntlich ein Holzkreuz an die Opfer erinnert, deren Namen dort wie üblich verlesen wurden. Das Gedenken an die Geschichte ist – wie beschrieben – ein Weg zur Haltung. Ausdruck findet diese heute ganz pragmatisch in der großen Hilfsbereitschaft, die den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine wie den dort zurück geblieben entgegen tritt. Ganz im Sinne der ungeugsamen Friedfertigkeit, die Manzeck ansprach.rah