Wenn die Musiklehrerin auf dem Bildschirm erscheint

Der Unterricht der Musischen Werkstatt geht in diesen Tagen meisten via Internet weiter

Sonntägliches Treffen der Theatergruppe: Anstatt direkt in einem Raum finden die Proben nun über eine Videokonferenzsoftware statt. Das ermöglicht Musiklehrerin Ursel Schardinel wenigstens, einen Teil ihrer Arbeit auf diesem Wege fortzusetzen.

Bad Gandersheim. Am Montag endete für so manchen Geschäftsinhaber eine Durststrecke. Mehrere Wochen erzwungene Geschäftsschließung haben Spuren hinterlassen, und so sehr viel länger hätten es der eine oder andere auch kaum noch ausgehalten, ohne Möglichkeit, selbst wieder Einnahmen zu generieren. Das kommt nun so langsam wieder in Gang.

Nach wie vor aber gibt es Bereiche, in denen es auch jetzt noch keine Chance gibt, vorherige Einnahmen wie gehabt zu erlangen. Das trifft vollumfänglich zum Beispiel für die Musiklehrkräfte zu, die wie in der Musischen Werkstatt in Bad Gandersheim davon leben, Individual- oder Gruppenunterricht zu geben. All das war von heute auf morgen so nicht mehr möglich.

Mindestens nicht im bisher geübten Sinne, so Ursel Schardinel als eine der Betroffenen. Was nach Absehbarkeit des Unterrichtsverbotes in der Grundschule sofort eingesetzt habe, sei die Auseinandersetzung mit den technischen Möglichkeiten gewesen. Das Internet entwickelte sich umgehend zum Mittler zwischen Schülern und Lehrern.

In Ursel Schardinels Schülerkreisen zogen fast alle mit und organisierten die Möglichkeit, die Unterrichtseinheiten künftig via Skype oder anderer Videokonferenzsoftware abhalten zu können. Auch das oftmals so gescholtene Netz spielte in den meisten Fällen gut mit.

Problemfall Musikgruppen

Problematischer war das natürlich, so Schardinel, im Falle der Gruppen der Musischen Werkstatt. Die Theatergruppe hatte bereits ein Stück in Arbeit, das bald schon in einer Gandersheimer Klinik aufgeführt hätte werden sollen. Was sich im Moment natürlich auf weitere Sicht erst einmal erledigt hat.
Sinnvoll wären – um dran zu bleiben – nun trotzdem Proben. Doch wie durchführen, ohne direkt zusammenzukommen? Via „Zoom“, einer in diesen Tagen immer wieder auftauchenden Videokonferenzsoftware, wurde dies versucht und funktionierte in der Tat. Mit Einschränkungen natürlich, dieser Weg kann das unmittelbare miteinander Agieren natürlich nicht ersetzen. Wenn die Proben erst einmal wieder möglich sein sollten, würden die jetzt ausgefallenen Stunden nachgeholt, so Ursel Schardinel.

Für den Kinderchor ließ sich das gemeinsame Üben nicht so ohne weiteres umsetzen. Er sei zur Zeit praktisch inaktiv, so Schardinel. Gleichwohl hat sie versucht, allen Beteiligten immer wieder individuelles Unterrichtsmaterial zukommen zu lassen, „um am Ball zu bleiben“. Die Sorge ist nämlich auch, dass einige, die jetzt den Kontakt zur Musischen Werkstatt und dem Üben abreißen lassen, dem Musikunterricht später vielleicht ganz verloren gehen.
Für den Chor wurde durch ein großzügiges Angebot der Eltern die Lösung gefunden, dass jetzt die monatlichen Zahlungen ohne Unterricht fortgeführt werden. Die weggefallene Zeit wird dann, sobald dies wieder ist, mit wöchentlich längeren Proben wieder ausgeglichen.

Noch heftiger ist der Einschnitt für das Miniorchester, weil dessen Ziel ist, Anfänger von Beginn an in einer Gruppe zusammenspielen zu lassen. Das geht auch mit den besten Möglichkeiten des Internets so gut wie nicht. Auch hier hat die Musiklehrerin den Beteiligten Dateien als Angebote übersandt, weiterzumachen. Das klappe aber in der Regel nur dort ganz gut, wo es Unterstützung durch die Eltern gebe.

Grundsätzlich zwei Wege

Mit denen hatte die Musikpädagogin natürlich auch Kontakt, wie es denn nun generell weitergehen könne. Zwei Strategien stehen dabei zur Wahl: Der Unterricht wird über das Internet weitergepflegt, die Schüler bekommen Unterrichtsaufgaben und bleiben über die wöchentlichen Einheiten mit der Musiklehrerin in Kontakt. In diesem Falle laufen dann auch die Kurseinnahmen über die Musische Werkstatt weiter.

Die Alternative wäre, den Ausfall des Unterrichtes bis September zu akzeptieren, das hieße dann aber für die Musiklehrer auch den Totalausfall der Einnahmen. Da auch etliche Eltern finanzielle Einbußen durch das Coronavirus zu verzeichnen haben, sind einige nachvollziehbarerweise durchaus an einem Pausieren bis September interessiert. Andere Eltern haben signalisiert, das Unterrichtsentgelt als Spende weiterlaufen zu lassen. Bislang haben sich die meisten Betroffenen für irgendeine Form der Fortsetzung der musikalischen Betreuung ausgesprochen.

Im Moment versuchten die Musiklehrer auf jeden Fall, zu retten, was zu retten ist. Dabei habe sich eine erstaunliche Kreativität in der Suche und Findung von Lösungen gezeigt. Auch die Eltern hätten ihre Unterstützung signalisiert, was beflügelnd wirke. Inzwischen zeichnet sich ab, dass die Früherziehungskurse und auch das Mini-Orchester bis September entgeltfrei pausieren werden, in der Hoffnung, dass es dann wieder normal weitergehen kann. Sie selbst, so Schardinel, habe in dieser spannenden und emotionalen Zeit der letzten Wochen viel intensiveren Kontakt zu Schülern und Eltern gehabt, und irgendwie habe die Krise doch alle auch mehr zusammenrücken lassen.

Auch noch anders betroffen

In einem anderen Feld außerhalb der Musischen Werkstatt sind die Musiktreibenden zusätzlich betroffen: Vielen von ihnen sind Einnahmen weggebrochen, die sie durch öffentliche Auftritte generieren konnten. Beispiel: das „Trio Insolito“, dem Schardinel auch angehört. Dort sei man auf einem guten Wege gewesen, die Musik zu einem Standbein des Lebenserwerbes zu machen. Hier sei nun Totalausfall zu verzeichnen – und das nach derzeitigem Stand noch mindestens bis zu den Sommerferien.rah