Wie eine Freibadrutsche einen ganzen Rat auf Trab hält: Entscheidung naht

Am 29. April außerordentliche Ratssitzung mit diesem Punkt / Seit Donnerstag liegt nun noch ein weiterer Vorschlag auf dem Tisch

Die alte Freibadrutsche – im Übrigen auch lange nicht die erste des Bades – ist Geschichte. Sie wurde vergangene Woche demontiert und das alte Modell wird auf keinen Fall im neuen Bad wieder zum Einsatz kommen. Wie das Nachfolgemodell nun aussehen wird, soll sich bald entscheiden.

Bad Gandersheim. Wer die derzeitige Lokalpolitik beobachtet, könnte meinen, sie kenne im Augenblick nur ein Thema: Hangrutsche. Ja oder nein, oder was anderes? Und wenn ja, wie finanzieren? Seit Wochen wird über das Thema diskutiert. Zuletzt stand es vergangene Woche im Verwaltungsausschuss auf Antrag der Grünen im Mittelpunkt und nach dem Antrag der CDU auf eine außerordentliche Ratssitzung steht nun wohl auch der Tag der Entscheidung fest, denn die Zeit drängt inzwischen doch gewaltig: Am 29. April wird die Rutsche alleiniges Thema einer (Online)Ratssitzung sein.

Ein runderneuertes Freibad ohne Rutsche? Für viele schwer vorstellbar. Daher liegt schon seit Längerem die Forderung auf dem Tisch, bei der Planung auf jeden Fall auch an eine – und dies möglichst attraktive – Rutsche zu denken. Irgendwann kam dabei auch ein innovativer Gedanke auf den Tisch: Warum nicht den anliegenden Steilhang des kleinen Osterberges als „Rampe“ für eine Hangrutsche nutzen? Das wäre doch wahrlich ein Alleinstellungsmerkmal. Seither ist die Hangrutsche als Begriff in der Diskussion.

Von den mit dem Badneubau beauftragten Planern wurde sie allerdings eher beiläufig aufgenommen. Zu viele Probleme im Zusammenhang damit, zu knapp die Zeit. Und vor allem: Zu wenig Geld, um sie in der Neubauplanung gleich mit unterzubringen. Folglich blieb sie in der Vorstellung der Ausführungsplanung nur als „Option“. Und das Freibad damit erst einmal ganz ohne Rutsche, wenn es zur LAGA im April nächsten Jahres fertig vorgestellt wird.

Das fanden weder die Bad-Betriebsgenossenschaft noch die Grünen adäquat. Wenn jetzt umgebaut wird, dann richtig, so gemeinsame Grundauffassung. Und die Rutsche müsse gleich mit umgesetzt werden, wollen es die Grünen und beantragten dies auch konkret so in die Planung einzupflegen.

Eben dies war für den Verwaltungsausschuss (VA) in der vergangenen Woche auch in konkreter Antragsform formuliert und für die dahinter stehende Frage der Finanzierung mit Vorschlägen untermauert worden (GK berichtete ausführlich). Die CDU griff das Thema ebenfalls auf und machte es zum Antrag für eine rasche Entscheidung in außerordentlicher Ratssitzung.

Für Beobachter all dessen bleibt gleichwohl Vieles unklar. Geht das überhaupt mit der Hangrutsche? Und wenn nicht, welche Alternativen gäbe es? Zu guter Letzt fragen sich viele sogar bereits, ob die Hangrutsche wirklich den Zug­effekt für Badegäste des Freibades ausübt, der ihr immer wieder als „Alleinstellungsmerkmal“ zugeschrieben wird. Die Zweifel daran wachsen.

Die Sachlage bei der Hangrutsche

Die Grundidee geht davon aus, dass ihr Startpunkt in den Hang des kleinen Osterbergs platziert wird. Dorthin müssten Nutzer über eine längere Treppenanlage gelangen, die genauso wie die Rutsche selbst über den darunter verlaufenden Spazierweg ins Gelände und das Auslaufbecken neben dem heutigen Schwimmerbecken zurückgeleitet werden müsste. Was per se noch einiges an Überlegungen zum Schutz der darunter laufenden Spaziergänger erfordern würde.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wieviel Aufwand die Umsetzung dieses Projektes verlangen würde. Das drückt sich auch im Preis aus: Nach der Planung, die Polyplan-Kreikenbaum als Badplaner am Donnerstag im VA als jüngsten Stand präsentierte, fallen rund 280.000 Euro netto für den Bau an. Die Summe ist in der derzeit auf rund 2,1 Millionen angewachsene Badsanierung nicht mehr vorhanden und würde deshalb den Kostenrahmen um diese fast 300.000 Euro ausweiten.

Nun gehört der Osterberg als externes Gelände nicht der Stadt, sondern einer Forstinter­essentschaft. Es sei wohl korrekt, bestätigte Bürgermeisterin Franziska Schwarz dem GK auf Nachfrage, dass die Forstinteressentschaft zu einem Tauschgeschäft bereit sei: den Hang des kleinen Osterberges gegen ein Stück Stadtwald. Dabei wohlgemerkt: Nicht nur die Parzelle, die für die Hangrutsche nötig wäre, den ganzen Hang hat die Interessentschaft als Tauschgelände im Sinn!

Schon hierbei sei zu bedenken, ob dies für die Stadt ein guter Tausch sei. Der Hang selbst ist wirtschaftlich nicht so effizient und zudem schwer zu bewirtschaften. Anstelle dessen käme die Interessentschaft in den Besitz deutlich wertvolleren Stadtwaldes. Wie und ob der Handel so laufen würde, ist zur Zeit aber noch völlig ungewiss, da in keiner Weise konkret verhandelt.

Womit der Zeitfaktor ins Spiel kommt: Zur LAGA ist eine Umsetzung der Hangrutsche – wie auch anderer Rutschenvorhaben, zu denen gleich noch mehr zu sagen ist – nicht mehr möglich. Geländetausch, planungsrechtliche Vorbereitungen und letztlich Auftrag und Ausführung seien binnen eines knappen Jahren schlicht unumsetzbar, so die Polyplan. Käme es also am 29. zu einem Beschluss, der die Rutsche festschreibt, bliebe es bei einer vorbereitenden Bauausführung für die Option der Nachrüstung.

Finanzierungsvorschläge

Zu lösen dafür weiterhin das Thema Finanzierung. Sie kann eigentlich nur noch auf dem Wege der Kompensation erfolgen. Dafür hatten die Grünen in ihrem Antrag für den VA bereits Möglichkeiten aufgezeigt. Denkbar war für sie, zum Beispiel die Summe einzusetzen, die durch den Verkauf von Gelände an den neuen Campingplatzpächter eingenommen wurde. Gleiches Ansinnen galt für Verkaufseinnahmen von Grundflächen auf dem Flugplatz.
Darüber hinaus aber nahmen sich die Grünen auch die parallel laufende Sanierung des Hallenbades vor. Hier könnten eventuelle Zuschüsse umgewidmet werden oder dort eingeplanten Eigenanteile ins Freibad umgeleitet werden. Auch ein Aufschub der Arbeiten im Hallenbad war für die Grünen kein Tabu.
Das wiederum sah die Bürgermeisterin sehr kritisch, zumal es bereits noch weitergehende Tendenzen gebe, die dem Hallenbad gar ganz die Notwendigkeit absprechen wollten. Dem wiederum würde die Betriebsgenossenschaft ohne Frage entschlossen widersprechen, denn das Hallenbad war und bleibt Rückgrat eines Ganzjahresbetriebes – ohne den es umgekehrt auch kein Freibad geben könnte.

Es gibt zudem Alternativen

Die Lage ist, wie an diesen Konstellationen zu sehen ist, vertrackt. Und wird nicht einfacher dadurch, dass zur Hangrutsche nun auch noch Alternativen bestehen. Bekannt war schon die einer sogenannten Wellenrutsche. Damit gemeint ist eine breite Edelstahlrutsche, die in Wellen ins Becken führt. Mehrere Personen können hier gleichzeitig rutschen, dafür ist das Rutschvergnügen nicht besonders lang.

Polyplan hat am Donnerstag einen Planungsvorschlag für eine solche Breit-Wellenrutsche unterbreitet. Sie könnte danach an der Gandeseite des Schwimmerbeckens Platz finden – womit sie allerdings auch dort den Durchgang erschweren oder gar unmöglich machen könnte. Zudem ist die Genossenschaft weder mit der Platzierung noch dem Modell wirklich glücklich. Die Einleitung in den Durchgangsbereich zwischen Nichtschwimmer und Schwimmerteil des Beckens sei ein eher schlechter Kompromiss.

„Günstig“ würde auch diese Variante im Übrigen nicht. Die Wellenrutsche würde zwar „nur“ 60.000 Euro kosten, zuzüglich einer Vorbereitung von rund 13.000 Euro, die in diesem Jahr mit eingebaut werden müsste. Die Rutsche indes wäre ebenfalls zur LAGA noch nicht eingebaut. Und die Finanzierung ist über die aktuelle Planung genauso wenig abgedeckt wie für alle anderen Modelle.

Neuer Vorschlag auf dem Tisch

Derer gibt es nunmehr auch noch ein drittes Modell als Alternativvorschlag. Die Planer haben versucht, den Wunsch nach einer möglichst langen Rutsche mit Alleinstellungswert in der Region umzusetzen und sind auf eine weitere Möglichkeit gestoßen: Sie schlagen eine lange Serpentinenrutsche vor, die ausschließlich auf Freibadgelände errichtet werden könnte. Startpunkt ist der bereits vorhandene Sprungturm in fünf Metern Höhe. Von dort ginge die Rutsche zuerst Richtung Eterna, dreht dann zurück Richtung Becken und landet in dem Auslauf, den auch die Hangrutsche benötigen würde.

Vorteile dieses Vorschlags gegenüber der Hangrutsche: Der Startpunkt in der Höhe wäre schon vorhanden, der Verlauf der Rutsche – aus der ja hin und wieder auch mal Wasser spritzt – bliebe ausschließlich über den Bioklärfelder des Freibadgeländes, wodurch niemand gestört würde. Tauschhandel und rechtliche Prüfungen sind überflüssig.

Wermutstropfen: Deutlich billiger als eine Hangrutsche würde dieses Unterfangen auch nicht. Geschätzte Kosten: rund 260.000 Euro. Wie vorher schon gesagt, wäre aber auch diese Variante bis zur LAGA nicht aufgestellt. Die Planung indes sollte, ja müsste die nötigen Vorbereitungen bereits jetzt beinhalten, weshalb auch ein endgültiger Beschluss, wohin die „Rutschen-Reise“ des Freibades denn nun gehen soll, am 29. April sinnvoll und notwendig ist.rah