Wo einst ein „Schäferhof“ stand...

Stromkästen erzählen Geschichte(n): Marienstraße, das Kino „Gandeon“

Bad Gandersheim. Ein neuer Stromkasten in der Kernstadt vermittelt ein Stück verschwundener Geschichte: In der Marienstraße am Gandeon erinnert er an den „Schäferhof“, ein großes landwirtschaftliches Anwesen mitten in der Stadt, das später dem Bau des „V-Marktes“ weichen musste. Der „Schäferhof“ prägt das Luftbild auf dem Stromkasten Marienstraße.

Das helle, langgestreckte Gebäude gleich rechts oberhalb des „Schäferhofes“ auf dem Luftbild von 1938 war bis 1910 Ziegen- oder Schafstall der Stiftsdomäne Gandersheim. Nachdem dieses Gebäude nicht mehr als Stall benötigt wurde, beherbergte es ein Kino.

Bereits 1910 wurde es zu einem Kinoraum umgebaut, in welchem zunächst „Kinematographische Vorführungen“ durch ein Wanderkino stattfanden. 1914 erwarb H. Schlüter das Gebäude von der Stadt und es wurde als „Lichtspiele Gandersheim“ bis heute zu einem festen Bestandteil des kulturellen Lebens. Unter dem neuen Besitzer H. Hoffmann aus Düsseldorf erhielt es 1919 den lange prägenden Namen „Residenztheater“.

Ab 1920 wechselten die Betreiber des Kinos, von 1998 bis 2002 war es auf Grund mangelnden Interesses geschlossen, bis 2003 Peter Genersch, ein Kinoenthusiast, als letzte Privatperson in Eigenregie das Haus erneut öffnete. Finanzielle und bauliche Probleme verhinderten eine Weiterführung des Betriebes.

Um dieses Stück Kulturgut für die Stadt zu erhalten und vor dem Untergang zu retten, gründete am 1. Dezember 2004 eine Gruppe interessierter Kineasten den Gandersheimer Kinoverein e.V. Die Neueröffnung erfolgte im Juli 2005 unter dem neuen Namen „Kino Gandeon“.

Seitdem schreibt das Kino Erfolgsgeschichte und ist ein fester Bestandteil im kulturellen Leben Gandersheims geworden und inzwischen auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Mit viel Engagement haben die Mitglieder des Vereins (alle ehrenamtlich) das Kino zu einem gemütlichen und erlebnisreichen Veranstaltungsraum gemacht, der auch über Filmvorführungen hinaus genutzt wird.

Erst vor kurzem innen und außen aus Mitteln der Denkmalförderung Niedersachsen und sehr vielen Eigenmitteln und Eigenleistungen renoviert, präsentiert sich jetzt ein ansehnliches Haus, das neben neuer Bestuhlung, Komfort auch mit neuester Technik ausgestattet ist. Heute werden 170 Sitzplätze angeboten, in den 50er Jahren waren es einmal unbequeme 400 (!) in dem recht kleinen Baukörper.

Dr. Trude Poser als Vorsitzende des Kinovereins hat diesen Stromkasten gesponsert, der KVV bedankt sich herzlich.red